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Der Infekt

Der Infekt

Titel: Der Infekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe A. O. Heinlein
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er dem Australier nach. Diese Wissenschaftler sind ja manchmal richtige Trottel, dachte er amüsiert. Dann drückte er auf den Knopf, mit dem er das Piepen der elektronischen Torkontrolle abstellen konnte. Das ging allerdings nur, wenn er gleichzeitig das aktuelle Kennwort in den Computer tippte. Bruchteile von Sekunden später verstummte das Piepen.
    Lundquist registrierte die nun eintretende Stille mit einem tiefen Atemzug. Bis jetzt lief es gut. Aber der entscheidende Moment kam noch, und zwar in wenigen Minuten. Um 19 Uhr wechselte nämlich die Wache am Tor, und darin lag seine Chance. Wenn alles gutging, vergaß der Wachhabende, der sicher schon den Feierabend herbeisehnte, seiner Ablösung mitzuteilen, daß sich noch ein Mitarbeiter im Gebäude aufhielt, von dessen Anwesenheit der Computer aufgrund der kleinen Show am Tor nichts wußte.
    Mit Hilfe seiner Magnetkarte öffnete Stan die Stahltür zum Laborbereich. Das Lesegerät an der inneren Tür speicherte glücklicherweise keine exakten Informationen, sondern überprüfte lediglich das Vorhandensein eines korrekten Ausweises. Lundquist ging in sein Büro und spähte vorsichtig aus dem dicken Doppelglasfenster. Seine Geduld würde noch sechs Minuten lang auf die Probe gestellt werden. Dann kam die Ablösung.
    Plötzlich nahm er am Wachhaus eine Bewegung wahr. Ah, der Abgelöste ging nach Hause. In zwei Minuten würde man wissen, ob der Trick funktionierte. Lundquist sah auf die Uhr. 19.04 Uhr.
    Um 19.07 Uhr griff er zum Telefon und wählte die Nummer des Apparats im Wachhaus.
    »Ja?« antwortete der neue Wachhabende.
    »Hier Dr. Bellows«, nuschelte Lundquist. »Ist Dr. Lundquist noch im Haus?«
    »Moment, bitte, ich sehe nach.« Der Wachmann tippte einen kurzen Befehl in den Computer und wartete. Dann meldete er sich wieder. »Dr. Lundquist hat vor knapp fünfzehn Minuten das Gelände verlassen.«
    »Ah, schade!« erwiderte Lundquist undeutlich. »Na ja, dann kann ich eben erst morgen früh mit ihm reden. Ende!«
    »Ende!« erwiderte der Wachmann.
    Lundquist frohlockte. Es hatte geklappt! Er war drin, und keiner wußte es! Aber für den Besuch in Blunstones Büro war es noch viel zu früh. Er streckte sich in seinem Sessel aus und schloß die Augen. Er hatte Zeit. Die stündlichen Rundgänge der Wache begannen erst um 22 Uhr.
    Gegen 21.30 Uhr begann Stan mit der Überprüfung seiner Hilfsmittel. Er steckte die kleine Handlampe in die Hosentasche und warf einen Blick in die ausgewählte Kollektion bewährter Dietriche, die er in einer unscheinbaren Ledermappe bei sich trug. Anschließend hob er den falschen Boden seines Aktenkoffers heraus, um eine Mikrofilmkamera und eine Nachschlüsselfeile herauszunehmen. Zusätzlich wählte er noch eine kleine Schachtel aus, die eine Auswahl der verbreitetsten Schlüsselrohlinge enthielt.
    Dann erwartete er in aller Ruhe den ersten Kontrollgang des Wachmanns. Pünktlich um 22.10 Uhr flammte im Flur das Deckenlicht auf, und Lundquist hörte Schritte. Den Geräuschen war zu entnehmen, daß der Wachmann überprüfte, ob alle Türen ordnungsgemäß verschlossen waren. Auch an seiner Bürotür ging einmal die Klinke nach unten. Der Spuk dauerte keine fünf Minuten, dann war es wieder dunkel und still.
    Zweimal noch ließ Stan diese Prozedur vorübergehen, bevor er sich um 0.15 Uhr entschloß zu handeln. Er steckte sein Werkzeug ein und machte sich auf den Weg in Blunstones Büro. Dazu mußte er zunächst den Labortrakt durch die automatische Schiebetür verlassen, um durch das Foyer in jenen Teil des Flachbaus zu gelangen, in dem die Büros und Lagerräume untergebracht waren.
    Lundquist öffnete die Edelstahltür mit Hilfe der Magnetkarte und huschte ins Foyer. Von dort beobachtete er durch die gläserne Front das Wachhaus. Der Angestellte des Sicherheitsdienstes hatte seinen Rundgang beendet und war im Licht einer Tischlampe gut zu erkennen. Stan wartete noch eine Minute und durchquerte dann mit schnellen, leisen Schritten das Foyer. Kurz darauf stand er vor Blunstones Bürotür.
    Mit fachmännischem Blick begutachtete er den Schloßzylinder. Da war mit einem Dietrich nichts auszurichten. Blunstone hatte seine Tür mit besseren Schlössern sichern lassen als die anderen Türen des Gebäudes. Lundquist zog die kleine Schachtel mit den Rohlingen aus der Hosentasche und suchte sich ein erfolgversprechendes Exemplar heraus. Mit einem Minipinsel trug er den Kontaktpuder auf, der in einer winzigen Tube zusammen mit den bartlosen

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