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Der Infekt

Der Infekt

Titel: Der Infekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe A. O. Heinlein
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und wollte seine wahre Identität nicht preisgeben. Also bloß nicht hinsehen, befahl sie sich. Tu so, als ob du ihn nicht kennst!
    Jeanne bemühte sich, den Faden von Blunstones Erläuterungen wiederzufinden, während der Australier im Labor verschwand. Wenn ich das Idwood erzähle, dachte sie, dann bricht der glatt zusammen!
    Blunstone hatte inzwischen seine Erklärungen beendet. Angeblich hatte Charles Kossoff jede Möglichkeit gehabt, seine Ergebnisse zu veröffentlichen. »Das kann also nicht der Grund für seine Kündigung gewesen sein«, bemerkte der Interclone- Chef noch.
    »Und ich sage Ihnen, Dr. Blunstone, Charles Kossoff hatte Angst, sein Renommee zu verlieren.«
    »Wenn Sie meinen«, erwiderte Blunstone, »dann wird es wohl so sein.«
    Jeanne sah durch die Fenster der geschlossenen Labortüren. »Welche Art von Forschung wird hier eigentlich betrieben?«
    »Nun, in der Hauptsache Auftragsforschung für Pharma- und Chemiekonzerne. Wir versuchen zum Beispiel, das menschliche Gen für ein Protein namens Faktor VIII in Bakterien zu produzieren. Wenn das gelingt, könnten wir auf einfache Weise dieses Faktor VIII-Protein aus den Bakterienkulturen reinigen.«
    »Entschuldigen Sie die laienhafte Frage, Dr. Blunstone, aber wozu braucht man dieses Protein, diesen Faktor VIII?«
    »Faktor VIII ist ein Eiweißmolekül, das einer bestimmten Klasse von Bluterkranken fehlt. Wir könnten mit unserer Methode die Verwendung von Blutkonserven, die Faktor VIII enthalten, einschränken. Das wäre ein großer Vorteil, allein wegen möglicher HIV- oder Hepatitis-Viren im Spenderblut und so weiter.« Blunstone deutete den Gang zurück. »Der junge Mann, der uns eben über den Weg gelaufen ist, leitet dieses Projekt. Er hat allerdings erst vor kurzem bei uns angefangen.«
    Was der lange Stan bloß im Schilde führte? Nun ja, irgendwann würde Jeanne ihn fragen.
    »Möchten Sie sonst noch etwas sehen, Ms. Lumadue?« fragte Blunstone.
    Sie lächelte. »Nun, ich vermute, daß ich die Abteilung, die die Militäraufträge bearbeitet, nicht sehen darf?«
    Der Interclone- Chef lächelte zurück. »Das vermuten Sie richtig. Keine fremden Personen und schon gar keine Presse, das verstehen Sie sicher.«
    Jeanne nickte. »Natürlich. Produzieren Sie biologische Kampfmittel? B-Waffen?«
    Blunstone schüttelte den Kopf. »Keinerlei Auskünfte. Ich habe meine Verträge einzuhalten.«
    »Verträge mit wem?«
    »Bitte, Ms. Lumadue, was soll das?« Blunstone schien leicht verärgert.
    Sie hob entschuldigend die Hände. »Schon gut, schon gut. Das journalistische Ritual. Verzeihen Sie!«
    Der Institutsleiter führte sie durch die metallene Schiebetür ins Foyer. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?« Seinem Ton war zu entnehmen, daß er sie gerne losgeworden wäre.
    »Nein, Dr. Blunstone, vielen Dank. Sie haben mir ohnehin schon viel zuviel Zeit widmen müssen. Wenn Sie gestatten, werde ich Ihnen einen Abdruck meiner Reportage zuschicken.«
    »Ich bitte darum«, antwortete der Interclone- Chef kurz. Er öffnete die Tür des Foyers und deutete auf das etwa dreißig Meter entfernte Wachgebäude. »Ich denke, Sie werden alleine hinausfinden. Auf Wiedersehen, Ms. Lumadue.«
    »Auf Wiedersehen, Dr. Blunstone«, antwortete Jeanne und ging davon. Beim Wachhabenden gab sie ihre Erkennungsmarke ab und ließ sich ein Taxi rufen. Zwanzig Minuten später war sie wieder im Hotel.
    Efrem Blunstone war unterdessen in sein Büro zurückgekehrt und hatte sich nachdenklich in den Schreibtischsessel fallen lassen. David Cruikshank saß ihm stumm gegenüber und rauchte eine Zigarette.
    »Sie weiß, daß Kossoff hier gearbeitet hat, und sie weiß etwas von B-Waffen. Aber ich hatte den Eindruck, daß das alles heiße Luft war. Warum Kossoff sterben mußte, davon hat sie keine Ahnung.«
    Cruikshank zog die Augenbrauen hoch. »Sind Sie da so sicher, Blunstone? Sie könnte genausogut geblufft haben.«
    »Hm, das glaube ich nicht. Sie kennt keinerlei Zusammenhänge. Aber ich traue ihr zu, daß sie dahinterkommt. Denn sie wird weiterschnüffeln, das weiß ich.«
    Cruikshank drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und zog das Sakko über, das er über die Stuhllehne gehängt hatte. »Ich glaube nicht, daß sie weiterschnüffeln wird«, sagte er leichthin.
    Blunstone sah den blonden Mann nachdenklich an. »Seien Sie vorsichtig, Cruikshank, wenn Sie sie über die Klinge springen lassen wollen. Collins hat bei seinem Anruf darauf hingewiesen, daß ihr Freund ein

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