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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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werden im Süden verkauft.«
    Jetzt zeigte Shong mehr als nur beiläufiges Interesse. »Wie ist es im Süden?«
    Sie zuckte die Schultern. »Ich habe nur davon gehört. Anscheinend gibt es reiche Städte. Seltsame Orte mit viel Zauberei, giftiges Land, das jeden tötet, der es betritt. Sicher weiß ich nur, dass man dort Sklaven kauft. Sie handeln mit Bronze, Silber und Gold, manchmal auch mit Eisen. Ich hörte Impaba sagen, ich sei drei Pfund Eisen wert, wenn er mich im Süden verkaufe.«
    »Jetzt sollte er lieber nicht wagen, einen so hohen Preis für dich zu verlangen«, erklärte Shong.
    Sie lachte grimmig und hob die Arme, die so dünn wie die eines Kindes waren. »Das war, als er mich gerade gefangen hatte. Da war ich stark und kämpfte und wollte mich töten, um der Gefangennahme zu entgehen. Auch wenn ihr es nicht glaubt, aber einst wurde ich von Männern heiß begehrt.« Hael wollte etwas sagen, entschied aber dann, dass die Lage zu ernst für Schmeicheleien und Galanterie war.
    Nach zwei Stunden erreichten sie das Dorf. Eine mannshohe Lehmmauer, auf der eine Palisade aus angespitzten Holzpfählen errichtet worden war, umgab die Siedlung. Hael fragte sich, wie man das Holz über die baumlose Steppe geschleppt hatte, aber dann fiel ihm ein, dass es auch möglich war, die Stämme den Fluss aus den Hügeln herabschwimmen zu lassen. Der Erdwall wurde von einem breiten Graben umgeben, dessen Boden schlammiges Wasser bedeckte.
    Innerhalb der Palisade standen kreisrunde Hütten, die aus viereckigen Torfstücken bestanden, mit denen auch die Dächer auf geschickte Weise gedeckt waren. Außerhalb des Dorfes lagen gepflügte Äcker, die der Bearbeitung harrten. Anscheinend lebten die Amsi hauptsächlich von den Erträgen der Feldarbeit, obwohl sie auch kleine Quilherden und fette Zwergkrummhörner besaßen. Rings um die Hütten herum scharrten flugunfähige Vögel im Schmutz.
    Die Dorfbewohner stellten sich als untersetzte, dunkelhäutige Menschen heraus, die eindeutig einer anderen Rasse als die Amsi angehörten. Männer und Frauen trugen Kilts aus Leder oder Tuch, und alle gingen barfuss. Kinder beobachteten den Einzug der Fremden, die durch eine Lücke in der Mauer ritten, mit weit aufgerissenen Augen. Anschließend wurde die Öffnung durch ein schlichtes Tor verschlossen, das an einem Balken aufgehängt war, der bei Bedarf vor- oder zurückschwang.
    »Was sind das für Leute?« fragte Shong leise.
    »Byalla. Harmlose Siedler. Sie zahlen den Amsi lieber Tribut, als zu kämpfen.« Deenas Verachtung für diese Menschen war nicht zu überhören.
    »Welche Art von Tribut leisten sie?«
    »Nahrung, die sie hier anbauen – und ihre Kinder, die als Sklaven verkauft werden. Ihre Frauen gefallen den Amsi überhaupt nicht und sind deshalb sicher.« Ihre Stimme klang verbittert.
    »Tja, so sieht das Schicksal der Menschen eben aus, die keinen Kampfgeist zeigen«, bemerkte Shong gleichmütig. Sie kamen an einem Brennofen vorbei, der noch reichlich Hitze ausstrahlte. Ringsumher standen zahlreiche schlichte Tontöpfe, die ausgesprochen hässlich und uneinheitlich geformt waren. »Wenn ich von denen da ausgehe, bietet sich hier ein Markt für gute Töpfe und Schüsseln«, stellte Shong zufrieden fest. »Wenn die Byalla etwas haben, was sie eintauschen können.«
    Im Mittelpunkt des Dorfes lag ein freier Platz, dessen Boden von unzähligen Füßen festgestampft worden war. Hier saßen die Amsi von den Cabos ab, und die Karawanenmitglieder folgten ihrem Beispiel. Impaba sprach kurz mit einem grauhaarigen Mann, der wohl der Dorfälteste sein musste und daraufhin auf Shong zutrat. Sein Dialekt war selbst für Hael nicht zu verstehen, und Deena übersetzte seine Worte. Der Mann hieß sie willkommen und stellte ihnen ein paar größere Hütten zur Verfügung. Trotz seiner den Amsi gegenüber untertänigen Haltung mangelte es dem Byalla nicht an Würde, wie Hael überrascht feststellte. Es überstieg sein Begriffsvermögen, wie man vor einigen Menschen fast kriecherisch dastehen konnte und dennoch ein gesundes Selbstbewusstsein zu besitzen vermochte.
    Auf Shongs Befehl hin entlud man die Nusks. Impaba näherte sich ihnen mit dem eigenartig wiegenden Gang eines Mannes, der nicht daran gewöhnt ist, viel zu Fuß zu gehen. Hael bereitete sich auf einen weiteren Streit vor, aber der Häuptling beachtete weder ihn noch Deena.
    »Wir müssen jetzt jagen«, verkündete er. »In zwei oder drei Tagen kehren wir zurück. Ihr könnt hier rasten.

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