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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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wurden.
    Hael bewunderte Choulas Bilder und fragte, ob er sie als Teil seiner Arbeit anfertigte.
    »O ja, wenngleich ich fürchte, dass die Ratgeber Seiner Majestät mit diesen Kunstwerken nicht zufrieden sein werden. Die ganze Sammlung wandert bei unserer Rückkehr in die königlichen Archive, um bei Bedarf hervorgeholt zu werden, falls man in Zukunft etwas über dieses Gebiet, sei es aus kaufmännischen oder militärischen Gründen, wissen möchte. Die hier …« – er wedelte mit den Bildern der Hütten, Körbe und armseligen Tontöpfe hin und her – »sind unwichtig, aber jegliches Wissen kann einmal von Bedeutung sein.«
    »Wie interessant«, sagte Hael, »dass Kartographen und Händler in den Plänen der Könige eine so große Rolle spielen.«
    Choula tauchte den Pinsel in einen Wasserbehälter und versah das Bild eines Hauskrummhorns mit einigen schattierenden Strichen. »Das stimmt in der Tat. Die mächtigste Armee ist schwach, wenn sie blindlings einhermarschiert. Um eine Katastrophe zu verhindern, muss man unbedingt wissen, was vor einem liegt. Jede Armee bewegt sich fortwährend am Rande einer solchen Katastrophe. Die Arbeit, die wir während dieser Expedition leisten …« – er wies auf die neben ihm liegenden Bilder –, »… kann eines Tages unter Umständen bis zu zehntausend Soldaten das Leben retten. Wenn man weiß, wo sich Wasserstellen befinden, welche Nahrung im Lande für Mensch und Tier vorhanden ist, die Einstellung der Eingeborenen, ob sie arm oder reich sind, kämpferisch oder friedliebend, ja, selbst das Wissen über Religionen und Rituale mag sich einmal als ausgesprochen wertvoll erweisen.«
    Hael merkte sich die Worte gut, denn sie klangen äußerst vernünftig. Eines Tages, wenn er seine eigene Armee kommandierte – denn das war sein Ziel für die Zukunft –, würde er diese Art des Auskundschaftens zum wichtigsten Punkt seiner Pläne machen. Es reichte nicht, einfache Späher auszuschicken. Man musste sich gut vorbereiten und vielleicht mehrere Jahre weit vorausplanen. Da kam ihm ein neuer Gedanke.
    »Wenn Shong über Freundschaft und Handelsbeziehungen spricht, ist das dann nur der Deckmantel für Spionage, damit wir die beste Möglichkeit zur Eroberung des Landes – und die Schwächen seiner Bewohner – kennen lernen!«
    Choula dachte eine Weile nach. »Das hängt alles irgendwie zusammen. Auf jeden Fall ist der Handel sehr wichtig, und Freundschaft kann man immer gebrauchen. Was Eroberungen betrifft, so plant Seine Majestät in der nächsten Zukunft nichts dergleichen. Schließlich liegt das Königreich Omia zwischen Neva und diesem Land.«
    »Ein Reich, das wir durchquerten«, bemerkte Hael, »und wahrscheinlich auf der Strecke, die auch am geeignetsten für einen Angriff wäre. Ich erinnere mich, dass du auch dort alles aufgemalt hast.«
    »Nun ja«, gab Choula zögernd zurück, »es bleibt nicht aus, dass Handel und Krieg die selben Wege benutzen. Im Augenblick herrschen gute Beziehungen zwischen Omia und Neva. Aber Könige müssen weit vorausdenken. Sie dürfen nie davon ausgehen, dass eine gute Verbindung ewig anhält. Sie müssen an die Zukunft ihrer Erben denken. Das Land will beschützt werden, wenn sich die Söhne des Herrschers als dumm oder schwach erweisen. Obwohl sich der König von Neva und der König von Omia brüderlich zugetan sind, hat keiner von beiden die Grenzfestungen zerstört oder seine Truppen entlassen.«
    Die Byalla waren nicht sehr redselig, und so unterhielt sich Hael die meiste Zeit mit Shong und Deena. Der Händler bestätigte Choulas Aussagen, war aber erzürnt über den langen Aufenthalt im Dorf. Er wurde von der ewigen Ungeduld aller Kaufleute getrieben, weiterzuziehen und am nächsten Ort Handel zu treiben, denn die Zeit lief ihm davon, und wenn der Winter nahte, die Stürme aufkamen oder andere, in dieser Gegend übliche Unwetter dem Wanderleben ein Ende bereiteten, saßen sie wieder mehrere Monate fest.
    »Ach ja«, meinte Shong und überprüfte die Beine eines Nusks. »Immer, wenn es irgendwo Krieg gibt oder wenn er geplant wird, zieht man uns reisende Kaufleute zu Rate. Plötzlich überfällt den König eine Woge der Zuneigung für die Mitglieder der Kaufmannsgilde, und er lädt alle zu einem Festbankett ein, bei dem sich das Gespräch dauernd um das Land dreht, das er angreifen will oder von dem er glaubt, dass es ihn attackieren wird: Wie viele Soldaten habt ihr auf eurer Reise dort gesehen, sind die Festungen in gutem Zustand, sind

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