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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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reiste ich mit Shongs Karawane. Aus dem gleichen Grund fand ich Deena. Durch sie wurde ich für die Amsi ein Mann, den es zu achten gilt. Wegen ihr wurde ich auch von euch geachtet. Das sind keine Zufälle. Das ist Bestimmung. Die Geister sprechen durch mich. Ich werde euch vor der Ausrottung bewahren. Ich werde euch zum mächtigsten Volk der Welt machen.«
    Die Männer sahen ihn an, vermochten seinem Blick aber nicht lange standzuhalten und schlugen die Augen nieder. Nicht, dass er sie drohend ansah. Nein, sein Blick blieb sanft. Auch sprach er mit ruhiger Stimme, in der jedoch eine große Überzeugungskraft lag. Es schien, als reichten allein seine Worte aus, Dinge geschehen zu machen. Hätte Hael in diesem Augenblick behauptet, die Erde werde sich auftun und sie alle verschlingen – niemand hätte sich gewundert, wenn es tatsächlich geschehen wäre.
    Nach einer Weile hob Aron den Blick. »Wir stehen hinter dir«, verkündete er. »Wir begleiten dich zu den Amsi. Es könnte unseren Tod bedeuten, aber wir werden es versuchen. Vielleicht werden auch ein paar der älteren Häuptlinge mitkommen. Wir werden tun, was möglich ist, um sie zu überzeugen, aber …« – er warf Hael einen herausfordernden Blick zu – »… wir zählen zu deinen ersten Anhängern unter den Matwa. Was auch immer die Zukunft bringt: Wir müssen an erster Stelle in deiner Gunst stehen.«
    Hael ergriff die beiden Hände Arons. Die übrigen Männer legten ihre Hände darauf. »Unter den Matwa und allen Stämmen werdet ihr die von mir Bevorzugten sein«, versprach Hael. »Nur ein Verrat kann mich dazu bringen, jemals mit euch zu brechen.«

 
KAPITEL ZWÖLF
     
    D er Augenblick war dazu geeignet, die Kehle austrocknen zu lassen, die Handflächen mit Schweiß zu überziehen und einen Eisklumpen anstelle des Magens hervorzubringen.
    Gemeinsam mit fünfzig Matwahäuptlingen und anderen ranghohen Stammesangehörigen stand Hael auf der Kuppe eines kleinen Hügels und sah auf das Amsilager hinab. Diesmal hatte sich nicht nur eine berittene Kriegergruppe versammelt, sondern ein ganzes Volk. Die niedrigen, aus Filz und Häuten gefertigten Zelte erstreckten sich meilenweit entlang des Flusses. Ringsumher grasten Cabo- und Nuskherden, die von Knaben und jungen Kriegern bewacht wurden. Die unglückseligen Byalla der benachbarten Dörfer wurden gnadenlos zur Arbeit getrieben und mussten ihre Bezwinger unaufhörlich bedienen.
    Hael war mit seinem Gefolge entdeckt worden, und eine Gruppe von Kriegern galoppierte ihnen entgegen. Hinter sich hörte Hael, wie die Matwa vernehmlich den Atem anhielten, als sie das riesige Lager und die nahenden Krieger erblickten.
    »Ich werde für uns sprechen«, erklärte Hael. »Schweigt, bis sie mir ihr Wort geben, euch nicht anzugreifen.«
    »Gute Idee«, bemerkte Hosha trocken. »Unsere Stimmen würden ohnehin so stark zittern, dass wir kein Wort hervorbrächten.«
    Je näher die Reiter kamen, umso beunruhigter fühlte sich Hael. Er hatte seinen Matwafreunden versichert, das Ansehen der Amsi zu genießen. Was, wenn man ihnen feindselig gegenübertrat? In diesem Fall blieb ihm wenig Zeit, seine Versprechungen zu bereuen, also schob er den Gedanken daran beiseite.
    Hael entspannte sich ein wenig, als er Naraya, Unas und Rastap unter den Reitern erkannte. Mit schrillen Schreien umzingelten die Amsi die kleine Gruppe. Mit bleichen, aber gefassten Gesichtern warteten die Matwa ab. Sie sahen gelassen und furchtlos aus, egal, wie es in ihrem Inneren bestellt sein mochte. Nach ein paar Minuten hielten die Krieger ihre Cabos an.
    »Ich dachte, du könntest mich nicht mehr überraschen«, erklärte Rastap, »aber ich habe mich geirrt«. »Warum hast du diese Sklaven aus den Wäldern mitgebracht?«
    »Das sind meine Freunde«, verkündete Hael forsch. »Jeder einzelne ist der Häuptling eines Dorfes. Ich gab ihnen mein Wort, dass sie in Sicherheit sind, da wir mit euch, den mächtigen Amsihäuptlingen, verhandeln wollen. Schwört ihr mir, dass ihr sie weder jetzt noch auf dem Heimweg angreifen werdet?«
    Die Häuptlinge brachen in lang anhaltendes Gelächter aus. »Aber sicher doch«, versprach Unas grinsend. »Wir fürchten nicht um unsere Sicherheit, nur weil sie in der Nähe sind. Bring sie nur mit, es wird ihnen kein Leid geschehen.«
    Auf dem Weg zum Lager zog Naraya Hael beiseite. »Alle Amsi des Nordwestens sind hier, und auch die meisten Häuptlinge der übrigen Stämme. Außerdem, und das ist vielleicht noch wichtiger, alle

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