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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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bunt gestreifte Tunika aus Stoff. Sein blondes Haar war an der Seite zu einem Zopf geflochten und zu einem verschlungenen Knoten aufgesteckt worden. Der Mund wurde von einem langen, herabhängenden Schnauzbart eingerahmt. Sie ließen sich neben einem großen Lagerfeuer nieder, über dem sich der gewichtige Körper eines Krummhorns an einem Bratspieß drehte.
    »Ich bin Aron, Häuptling von Federbusch. Mein Dorf liegt südlich von hier, am Rande der Steppe. Lass dich nicht von der Feindseligkeit der Alten abschrecken. Einige von uns …« – er deutete auf die anderen jungen Häuptlinge, die ihn begleiteten -»… haben sich deine Worte zu Herzen genommen. Wir halten sie für weise und klug.«
    »Das höre ich gern«, antwortete Hael. »Ich war ein wenig entmutigt. Mir scheint das alles so klar zu sein, dass ich manchmal nicht begreife, warum es anderen Menschen anders ergeht.«
    Aron und seine Freunde setzten sich mit gekreuzten Beinen nieder. »Du siehst in die Zukunft. Es muss erst ein Ausländer kommen und uns zeigen, was wir nicht bemerken. Die Leute hier, die tief in den Hügeln hausen, kennen die Amsi nur als Räuber. Wir, die wir nahe der Steppe leben, sehen sie fast täglich. Natürlich fechten wir hin und wieder Kämpfe mit ihnen aus, aber wir treiben auch Handel. Manchmal heiraten Amsi und Matwa sogar. Oft sehnen sich Amsifrauen nach dem geregelten Leben in einem Dorf. Und unsere jungen Männer sehnen sich manchmal danach, über die Steppe zu reiten.«
    Der junge Mann lachte verlegen. »Ich muss zugeben, dass ich als Knabe, wenn ich die Amsi wild und frei über die Steppe galoppieren sah, den Wunsch hatte, es ihnen gleichzutun und allen friedlichen Dorfbewohnern einen Schreck einzujagen. Aber das Leben in den Hügeln hielt mich in seinem Bann.«
    »Ich lernte von den Amsi«, erklärte Hael, »dass auch sie einst lebten wie ihr – in Dörfern. Sie gingen in den Hügeln am Rande der Steppe auf die Jagd. Dann lernten sie Cabos zu zähmen und zu reiten, jagten anfangs in der Steppe die dort lebenden Tiere und gaben schließlich die festen Dörfer auf und wurden zu Nomaden.«
    Ein anderer Häuptling ergriff das Wort. »Du sprichst aus, was etliche von uns nur denken, aber du willst, dass wir sehr schnell handeln! Als aus den Amsi ein Reitervolk wurde, dauerte das viele Generationen lang. Wir können uns doch nicht von heute auf morgen völlig verändern!«
    »Aber es muss sein, wenn ihr eure Freiheit behalten wollt«, erwiderte Hael gereizt. Dann fuhr er freundlicher fort: »Ein wenig Zeit bleibt uns schon. Ich schlage schließlich nicht vor, dass ihr euch bis zum nächsten Jahr mit dem Amsi vereint habt und alle als reitende Bogenschützen durchs Land zieht. Die Gefahr wird sich erst allmählich entwickeln – weder im nächsten, noch im übernächsten, noch im darauf folgenden Jahr. Aber in zwanzig Jahren hat man euch ausgerottet. Ich erwarte keine Wunderdinge, aber die ersten Schritte müssen jetzt getan werden.«
    Da meldete sich der Älteste in der Gruppe zu Wort. »Ich heiße Hosha, Häuptling von Rankenkraut. Mir fällt auf, dass du von dir als Anführer sprichst, wenn diese großen Veränderungen in unser Leben treten.
    Bist du nicht bloß ein Seher, sondern zugleich auch ein eroberungswütiger Held? Du hast uns vor Königen gewarnt, aber anscheinend möchtest du selbst einer werden.« Es zuckte um die Mundwinkel des Mannes. Er hatte das längliche, klug aussehende Gesicht Hael zugewandt.
    »Das stimmt«, gab der Junge ehrlich zu. »Es gibt Zeiten, in denen jemand, der mit außergewöhnlichen Fähigkeiten beschenkt wurde, erscheint, um das Geschick der Menschen in die Hand zu nehmen, damit sie den alten Weg verlassen und einen neuen einschlagen. Ich gehöre zu den Auserwählten. Die Welt sieht einem neuen Zeitalter entgegen, in dem Völker aufeinanderprallen und große Männer die Herrschaft übernehmen. Ich kann mich einzelnen oder mehreren Leuten entgegenstellen und ihre Gedankengänge ändern. Ich sehe, was die Zukunft bringt. Die Geister des Landes sprechen zu mir. Hier, in diesem riesigen Land der Hügel und der Steppe sprechen sie zu mir wie nie zuvor, nicht einmal in meiner Heimat. Sie sagen mir, dass die Zeit der Völker, der Hügel und der Steppe gekommen ist. Aus diesem Grund wurde ich von meinem Stamm verstoßen. Aus diesem Grund fuhr ich zur See. Aus diesem Grund ließ man mich in eines der mächtigsten Häuser Nevas ein. Alles wirkte wie Zufall, war es aber nicht. Aus dem gleichen Grund

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