Der Insulaner
erklärten ihm, dass ein großer Geist über die Natur herrsche, der jedoch unerreichbar sei. Daher wandten sie sich an die niederen Geister. Hael fand das zwar interessant, aber nicht weiter beeindruckend. Er wollte zu gern etwas über Götter erfahren, aber vielleicht gab es sie nur auf dem Festland.
Am ersten Abend, als die Gruppe rings um das Lagerfeuer saß, fragte er die Cana nach ihrer Art des Kampfes. Trotz ihrer selbstauferlegten Zurückhaltung erregte das die Aufmerksamkeit seiner Kameraden. Natürlich wussten sie, dass die Shasinn die besten Krieger der Welt waren und einer von ihnen zehn Fremdlinge aufwog, aber es konnte schließlich nicht schaden, etwas über die Kriegskunst unterlegener Völker zu hören.
»Wir besitzen keine so langen Speere wie ihr«, sagte ein junger Bursche mit wildem Haarschopf, der auf beiden Wangen zahlreiche Narben trug. »Aber unsere sind auch nicht zu verachten.« Er hob seinen Speer in die Höhe, der drei Fuß lang war und eine sechs Zoll lange Bronzespitze besaß, die so breit wie die Handfläche eines erwachsenen Mannes war. »Damit stoßen wir zu. Unsere Schilde sind hoch und schmal, damit wir schnell zuschlagen können. Beim Kampf stehen wir in dichten Reihen, und es bleibt nur genug Platz, um die Waffe zu führen.«
»Mit so kurzen Speeren seid ihr hilflos, wenn der Feind weiter als eine Armeslänge entfernt steht«, warf ein Shasinn ein.
Ein älterer Bauer grinste listig und nickte. »Ja, wir lieben es, möglichst nah heranzukommen.«
»Die Spitze ist aber auch nicht besonders lang«, sagte Gota, der seit dem Kampf mit Langhals hinkte.
»Schau sie dir genau an«, forderte ihn der junge Mann auf und lächelte freundlich. »So breit und so lang wie eine Männerhand. Wie dick ist der Körper eines Gegners? Es ist, als würde man einen scharfen Spaten hineinstoßen. Kein Mensch überlebt es, wenn sich diese Waffe in seinen Bauch bohrt. Frag die Asasa und die Dschungelbewohner.«
»Benutzt auch ihr Wurfspeere oder ähnliches?« wollte Hael wissen.
»Wir werfen Steine«, mischte sich ein Bauer mit einem milchig-trüben Auge ein. »Einige von uns können gut mit der Schleuder oder dem Wurfspeer umgehen.«
»Auch mit einem Bogen?«
»Die wenigsten von uns haben genügend Zeit, diese Kunst zu erlernen, aber ein paar unserer Männer sind Jäger, die Raubzeug und Wild jagen, damit wir Federschmuck und Felle für unsere Zeremonien haben.« Der Alte kratzte sich gedankenverloren. »Außerdem – obwohl es kaum jemand zugibt – essen wir hin und wieder gern Wild. Eigentlich ist das verboten, aber wer hält sich schon daran, wenn kein Geisterbeschwörer in der Nähe ist?«
Die übrigen Cana lachten, und ein Knabe fragte: »Stimmt es, dass die Shasinn sich von Milch und Blut ernähren?«
»Natürlich«, antwortete Sounn. »Das Blut saugen wir aus den Hälsen unserer Feinde. Die Milch liefern uns ihre Kaggas, wenn sie nicht genügend stillende Frauen haben.«
Der Junge riss vor Staunen den Mund auf und starrte Sounn ungläubig an, bis der Cana mit dem trüben Augen ihm lachend auf die Schulter schlug.
»Die Geschichte erzählen sie allen jungen Narren«, erklärte er grinsend. »Ich hörte sie zum ersten Mal, als ich noch jünger war, als du es jetzt bist. Monatelang habe ich daran geglaubt und bin jedes Mal, wenn ich einen Shasinn sah weggerannt.«
Hael lenkte das Gespräch wieder in ernstere Bahnen. »Wir hörten, dass die Asasa nicht weit von hier leben. Habt ihr oft Schwierigkeiten mit ihnen?«
»Manchmal jeden Monat, manchmal auch nur jeden zweiten«, antwortete der Bursche mit den Narben im Gesicht. »Meist handelt es sich um kleine Kaggaraubzüge, denn sonst besitzen wir nichts Wertvolles.«
»Wir haben noch nie welche gesehen«, warf Sounn ein. »Als unser Stamm zuletzt hier lagerte, waren wir noch Kinder. Wie sind sie?«
»Sie sind so groß wie ihr«, erklärte ein Cana, dessen dunkles Haar von zahlreichen grauen Strähnen durchzogen war. »Ihre Hautfarbe ist sehr hell, und das Haar ist schwarz. Sie bemalen sich am ganzen Körper und kämpfen mit Speeren, die den euren ähnlich sind. Doch viele Krieger besitzen auch lange Schwerter, mit denen sie gut zustechen und schlagen können. Ihre Schilde sind rund und aus Nuskhaut gefertigt, aus der sie die Haare nicht entfernen. Sie nehmen ihren Feinden den Skalp und tragen ihn als Schmuck bei sich. Außerdem singen sie beim Kampf.«
»Nun, wenn sie unsere Kaggas zu rauben versuchen, werden es Trauerlieder sein«,
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