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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Hael aus.
    Malk lachte und schlug ihm auf die Schulter.
    Ein paar Straßen weiter stand der Tempel des Feuergottes. Hier war Rot die vorherrschende Farbe. Diese Gottheit wurde von den Städtern nicht übermäßig verehrt. Im Tempel brannte ein nie verlöschendes Feuer, und die Bürger kamen hierher, wenn sie das heimische Feuer neu entfachen mussten.
    Hael erkundigte sich, weshalb nur wenige Gläubige zu sehen waren, und der Kapitän antwortete: »In Floria betet man hauptsächlich Aq an, da die Menschen am Meer leben. Wenn du aber jemals in die Städte unweit der rauchenden Berge reist, wirst du feststellen, wie sehr man den Feuergott dort verehrt. In jedem Gebiet, das unter Vulkanausbrüchen zu leiden hat, müssen sich die Leute fortwährend über feurige Lava und andere Zeichen einer Missstimmung des Gottes Gedanken machen.«
    »Verehren die Menschen nur Götter, die über ihr Wohlergehen zu bestimmen haben?« fragte Hael verwundert.
    Vor einem Stand mit Speisen und Wein blieben sie stehen, und Malk bestellte eine Erfrischung. »Nicht nur, obwohl das natürlich eine große Rolle spielt. Eigentlich verehren die Menschen alle Götter, doch am meisten jene, die ihnen helfen oder schaden können. In Wüsten sind es die Gottheiten des Windes und der Sonne, bei den Bauern dreht sich alles um den Erdboden und den Regen.«
    Hael nahm einen Fleischspieß entgegen. »Aber gibt es sie wirklich?«
    Malk biss in sein Räucherfleisch und nahm einen Schluck Wein, der in Tonbechern gereicht wurde. »Da fragst du mich etwas, was sich alle Weisen der Welt auch fragen. Ich selbst denke, dass die Götter so wahrhaftig sind, wie es ihre Anhänger glauben. Damit will ich nicht sagen, dass es sie nicht gibt, sondern dass die Art und Weise, auf die sie sich zeigen, von der Zahl und der Gläubigkeit ihrer Jünger abhängt. Verstehst du, was ich auszudrücken versuche?«
    »Ja«, sagte Hael. »Unsere Geister nahmen nie Gestalt an, höchstens in den Erzählungen der Geisterbeschwörer. Wahrscheinlich ist es bei euren Göttern ähnlich, nur sind sie mächtiger.«
    »Ich würde dir raten, dich nicht auf ein Gespräch mit den Gelehrten einzulassen«, bemerkte Malk. »Bestimmt gewinnst du die Oberhand, und das würde ihnen gar nicht gefallen. Dann würden die Herrscher auf dich aufmerksam, und wer weiß, wie das enden mag!«
    Vor Einbruch der Dämmerung besuchten die beiden noch ein paar Tempel. Obwohl Hael großes Interesse empfand, stellte er fest, dass sich die Gotteshäuser recht ähnlich waren. Ein jedes war von prunkvollem Äußeren, beherbergte die kunstvolle Statue des jeweiligen Gottes und prächtige Wandmalereien, die den Wirkungsbereich des Angebeteten zeigten, sei es nun das Schlachtfeld, fruchtbares Ackerland oder anderes. Der Tempel, der der Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit geweiht war, setzte Hael in höchstes Erstaunen, obwohl sich die Gläubigen dort ebenso ehrfürchtig wie in den übrigen Gotteshäusern benahmen.
    »Übrigens gibt es Götter«, erklärte Malk, »die von den Menschen geliebt werden, obwohl sie wenig Macht besitzen und ihren Anhängern kaum Gutes oder Böses zufügen können.« Er führte Hael zu einem winzigen Tempel, dessen Außenmauern mit unzähligen bunten Blumen aus Glas und Keramik bedeckt waren. Einige wirkten so echt, dass Hael sie anfasste, um sich davon zu überzeugen, dass sie wirklich von Menschen gefertigt worden waren. Im Inneren des Gebäudes lag ein lieblicher Duft in der Luft, der von den zahlreichen Blumen stammte, die rings um die Figur der lächelnden Göttin lagen. Sie selbst thronte auf einer riesigen Blüte.
    »Fleura«, verkündete Malk, »die Blumengöttin und Schutzpatronin des Frühlingsfestes. Wenn nur alle Gottheiten so freundlich wären.«
    »Sind einige denn auch böse?« erkundigte sich Hael, als sie den Tempel verließen und sich auf den Weg zum Hafen machten.
    »Nun, bei einigen ist es nicht …«, begann Malk und zögerte, »… nicht gestattet, sie anzubeten, jedenfalls nicht in den zivilisierten Königreichen des Festlandes. Man spricht selten von ihnen, aber es heißt, im Hinterland hätten ihre Anhänger Tempel errichtet. Dort werden blutige, grausame Rituale abgehalten, und ihre Priester sind Zauberer. Wenigstens wird das behauptet. Halte dich von ihnen fern, Hael. Wenn jemand anbietet, dir einen solchen Tempel zu zeigen, bezähme deine Neugierde und fliehe.
    So, genug davon. Für heute Abend hatten wir genug Religion. Jetzt wollen wir uns eine richtige Mahlzeit

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