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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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wurde der Raum nur noch von einer einzigen, fast schon abgebrannten Kerze erhellt. Shazad war verschwunden, und es schien, als sei sie nie hier gewesen. Nur ihr animalischer Duft, der noch an seinem Körper haftete, zeugte von den Augenblicken der Leidenschaft. Mit zitternden Knien und völlig ausgepumpt suchte er seine Kleidung und die Waffen zusammen und machte sich unsicheren Schrittes auf den Weg zu seinem Zimmer. Er fühlte sich, als habe ihn ein Geist ausgezehrt, der sich von Jugend und Kraft nährte, und er sei nur noch eine leere Hülle. Gleichzeitig sehnte er sich nach einer Wiederholung.

 
KAPITEL ACHT
     
    M it gleichmäßigen Bewegungen bürstete Hael das Fell des Cabos und achtete sorgfältig darauf, die Haare nicht gegen den Strich zu kämmen. Das kurze Sommerfell wurde allmählich immer länger und dichter, um das Tier vor der Kälte des nahenden Winters zu schützen. Die Arbeit bereitete Hael Freude, sogar mehr noch als das Hüten der Kaggas. Kaggas waren Herdentiere, und es war nicht leicht, etwas für ein einzelnes Kagga zu empfinden. Aber er hatte herausgefunden, dass sich alle Cabos in ihrer Persönlichkeit stark voneinander unterschieden.
    Die sanftmütigen Reittiere besaßen nicht das wilde Temperament des jungen Vollblüters Mondfeuer, aber auch sie hatten die starke übersinnliche Aura und waren Hael inzwischen vertrauter und lieber als die meisten Bewohner dieser Stadt. Nur wenige Cabopfleger fühlten sich den Tieren so verbunden wie er, und bei allen handelte es sich ebenfalls um Ausländer, die von primitiven Völkern abstammten.
    Hael war froh, dass der Tag der Abreise bevorstand, aber dennoch konnte er ein leises Bedauern nicht leugnen. Die Sehnsucht nach fernen Länder war groß, und genauso verhielt es sich mit seinem Wunsch, Kasin zu verlassen, denn inzwischen empfand er die Stadt und den Palast als bedrohliche Aufenthaltsorte, in denen es vor versteckten Gefahren und lächelnden Feinden nur so wimmelte. Tagtäglich fanden sich Fremde ein, die sich jeder möglichen Ausrede bedienten, um mit ihm zu sprechen. Sie alle waren freundlich und brachten das Gespräch unweigerlich auf seinen Gastgeber und dessen Tochter. Hin und wieder erfolgten verschleierte Andeutungen, dass ihn eine hohe Belohnung erwarte, wenn er Wissenswertes über die beiden mitzuteilen habe. Trotz seiner Unerfahrenheit vermied es Hael, auf solche Äußerungen einzugehen. Er speiste die Menschen mit höflichen Worten ab. In einer Hafentaverne erzählte er Malk von seinen Erlebnissen.
    »Bei allen Göttern, Junge, verlasse diesen Ort!« rief der Kapitän mit weit aufgerissenen Augen.
    »Aber wer sind diese Leute?« wollte Hael wissen.
    Malk hielt die Hand vors Gesicht und spreizte die Finger. Bei jedem Punkt seiner Aufzählung knickte er einen Finger ab.
    »Erstens: Feinde des Herrn Pashir, die nach Beweisen für einen Verrat suchen, um ihn zu denunzieren. Ein Abendessen im kleinen Kreis mit dem Botschafter von Omia bietet sich geradezu an. Zweitens …« – ein weiterer Finger bog sich nach unten – »Agenten des Königs, die aus allen möglichen Gründen den Edelmann Pashir im Auge behalten wollen. Drittens …« – noch ein Finger – »Pashirs eigene Diener, die feststellen sollen, ob du ein Spion bist, den seine Feinde oder gar der König auf ihn angesetzt haben. Vielleicht ist Pashir aufgefallen, dass es ein unglaublicher Zufall war, dass genau in dem Augenblick, als seine Tochter einen Kaggafachmann brauchte, einer zur Stelle war. Ein Diener sticht dem Tier einen Dorn in den Körper, und schon springt der gutaussehende junge Fremde aus der Menge und alles geht gut aus. Das hätte sogar mich misstrauisch gemacht. Jede Wette, dass man die Tempeldiener, die an jenem Tag für die Opfertiere verantwortlich waren, aufs eingehendste verhörte.«
    »Man. muss sich also vor so vielen hinterlistigen Menschen hüten?«
    »Ich habe dir nur die offensichtlichen Möglichkeiten aufgezählt«, sagte Malk warnend. »Das sind nur die Leute, die dein Misstrauen erregen. Andere werden sich viel unauffälliger verhalten. Die Sklaven, die dein Zimmer aufräumen, die Stallknechte und die Wächter, die immer unbeweglich neben den Türen stehen – sie alle könnten Spione sein und im Auftrag eines jeden Beliebigen handeln. Sieh zu, dass du aus der Stadt kommst, Hael.«
    »So schnell ich nur kann«, versprach ihm der Junge und prostete ihm mit einem Becher Bier zu.
    Er hatte entschieden, seinem Freund Malk nichts von Shazad zu

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