Der Ire
zuvor besuchen sollen?«
»Das bedeutet auch, daß
Soames gewußt haben muß, daß Rogan einen Fluchtweg
kannte, Sir. Das haben nicht viele Leute gewußt, und Rogan ist
bestimmt kein Mann, der Dinge erzählt, die er für sich
behalten möchte.«
»Zwei Männer, die in der
gleichen Zelle sitzen, erfahren erstaunlich viel voneinander, Sergeant.
Wir müssen damit rechnen, daß jeder dieser Männer auf
Ihrer Liste diese Nachricht mit nach draußen genommen haben kann,
als er entlassen wurde.«
Der Regen wurde stärker. Die
beiden Männer kletterten in den Land-Rover. Vanbrugh schraubte
eine Thermosflasche auf und füllte zwei Plastikbecher mit Kaffee.
Einen davon gab er Dwyer, der dankend nickte.
»Wenn Sie recht haben,
könnte Rogan überall sein, Sir«, stellte der Sergeant
nach dem ersten Schluck fest. »Vielleicht sogar schon in
Irland.«
Vanbrugh schüttelte den Kopf.
»Das hätten wir längst erfahren. Er ist doch eine Art
Nationalheld in seiner Heimat. Seine Rückkehr wäre bestimmt
gefeiert worden.«
Dwyer zögerte, bevor er fragte: »Glauben Sie, daß wir ihn erwischen, Sir?«
»Hoffentlich nicht, Sergeant.
Hoffentlich nicht!« Vanbrugh zündete sich seine Pfeife an
und lächelte dabei. »Das überrascht Sie, was?«
»Vielleicht könnten Sie es mir erklären, Sir.«
»Die Sache ist ganz
einfach.« Vanbrugh blies das Zündholz aus. »Sean Rogan
ist kein Verbrecher. Er hat eine politische Straftat begangen. Das
bedeutet nicht, daß ich ihn für unschuldig halte, aber es
bedeutet, daß ich unser System für falsch halte, weil es ihn
wie einen gewöhnlichen Verbrecher behandelt. Da die I. R. A. jetzt
ihre Untergrundorganisation offiziell aufgelöst hat, sehe ich
nicht ein, was wir davon haben, wenn Männer wie er ihre Strafe bis
zum bitteren Ende absitzen müssen.«
»Das verstehe ich auch nicht, Sir.«
Vanbrugh nickte. »Aber ich gebe
mir natürlich trotzdem alle Mühe, ihn und seine Helfershelfer
zu finden.«
»Ein bemerkenswerter Mann ...«, murmelte der Sergeant.
»Allerdings!« Vanbrugh
starrte in den Regen hinaus, als sehe er dort die Vergangenheit.
»Während des Krieges hatte ich einen Sonderauftrag in
Frankreich durchzuführen - in dem Gebiet, in dem Rogan die dortige
Widerstandsbewegung organisiert hatte. Jemand hat nicht dichtgehalten,
und ich wurde vom Abwehragenten festgenommen.«
»Scheußlich«, sagte Dwyer mitfühlend.
»Ich sollte mit einem
Truppentransport von Blois aus nach Deutschland gebracht werden und
wurde auf der Fahrt zum Bahnhof von einem Zug Infanterie und zwei
Panzern begleitet. Die französischen Widerstandskämpfer
sollten keine Chance haben, mich zu befreien.«
»Und was ist dann passiert?«
»Am Bahnhof Blois blieb die
Eskorte vor dem Gebäude, während ich von zwei Posten in den
Warteraum geführt wurde. Dort standen bereits Rogan in der Uniform
eines deutschen Obersten und fünf seiner Leute. Meine Begleiter
wurden lautlos überwältigt.«
»Und dann?«
»Rogans Leute hatten einen
bewußtlosen Kollaborateur auf einer Tragbahre mitgebracht.
Während ich eine deutsche Uniform anzog, ließ Rogan den Mann
auf den Bahnsteig schaffen und übergab ihn dem
Transportführer als den gesuchten Engländer. Dann
verließen wir das Bahnhofsgebäude vor den Augen meiner
Eskorte, bestiegen die wartenden Dienstwagen und rasten davon. Das
alles hatte kaum fünf Minuten gedauert.«
»Dazu muß man eiserne Nerven haben!«
»Und einen messerscharfen
Verstand, der überall einen Ausweg findet.«, stimmte
Vanbrugh zu. »Das ist der wahre Sean Rogan!«
»Sie glauben also, daß wir hier unsere Zeit vergeuden, Sir?« fragte Dwyer nach einer Pause.
»Möglich«,
antwortete Vanbrugh. »Deshalb habe ich einen anderen Auftrag
für Sie. Fahren Sie nach London zurück und befassen Sie sich
mit diesem Soames. Erkundigen Sie sich bei der Anwaltskammer nach ihm.
Männer, die sich als Anwälte ausgeben, haben oft schon selbst
praktiziert. Lassen Sie sich die Namen der Mitglieder sagen, die in den
letzten Jahren ausgeschlossen worden sind.«
»Und wie steht's mit dieser Liste, Sir?«
»Mit Rogans ehemaligen
Mithäftlingen?« Vanbrugh nickte. »Lassen Sie alle
ausfindig machen und überprüfen. Wahrscheinlich bringt das
nichts, aber man kann nie wissen ...«
»Wird gemacht, Sir.«
Als der Sergeant aus dem Land-Rover
stieg, um zu seinem Dienstwagen zu gehen, rief ihm Vanbrugh nach:
»Noch
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