Der Ire
tun«, antwortete Rogan. »Sind Morgan und Fletcher noch im Bett?«
Der Alte nickte. »Was ist von solchen Kerlen schon anderes zu erwarten, Mr. Rogan?«
Ein Motor sprang an. Hannah kam mit
dem Ford Kombi aus der Scheune. Rogan stieg ein, kurbelte das Fenster
herunter und sah zu Costello hinaus.
»Falls Sie heute mit dem
Lastwagen oder dem alten Morris wegfahren wollten, müssen Sie sich
das aus dem Kopf schlagen. Ich habe die Schlüssel mitgenommen.
Richten Sie Morgan aus, daß ich nachmittags
zurückkomme.«
Als der Alte enttäuscht das
Gesicht verzog, kurbelte Rogan das Fenster hoch und nickte Hannah zu.
Sie löste die Handbremse und lenkte den Wagen durchs Tor auf die
Straße hinaus, die talabwärts im leichten Nebel verschwand.
Sie trug dunkelblaue Hosen und eine
schwere Lammfelljacke und hatte ihr Haar mit einem roten Seidentuch
zusammengebunden. Rogan beobachtete sie von der Seite her und stellte
fest, daß er sie um so hübscher fand, je länger er sie
kannte.
Hannah schien zu erraten, was er
dachte, denn sie lächelte, ohne den Blick von der Straße zu
wenden, während sie eine scharfe Kurve durchfuhr.
»Dein Onkel hat den Jungen
hinausgejagt«, erzählte Rogan. »Er hat irgend etwas
von Schafen gesagt.«
Sie nickte. »Er verkauft in
letzter Zeit immer fünf, sechs auf einmal. Sein Durst wird immer
größer. Die Schafe weiden irgendwo auf den Hügeln. Sie
sind oft nicht leicht zu finden.«
»Müßte Brendan nicht einen Schäferhund haben?«
»Er hat einen gehabt. Einen Collie namens Thrasher, für den
er rührend gesorgt hat. Aber der Hund ist
vor einigen Wochen in einen Bergwerksschacht gefallen und war sofort
tot. Manche dieser Schächte sind über hundert Meter
tief.«
Rogan schwieg nachdenklich. Beim
Frühstück hatte der Junge nicht viel gesagt, aber wenn er
sprach, stotterte er ziemlich. Das konnte psychisch bedingt sein und
wäre bei einem Vater wie Paddy Costello kein Wunder gewesen.
»Du kannst meinen Onkel nicht leiden, was?« erkundigte sich Hannah.
Rogan lachte spöttisch.
»Das ist noch bescheiden ausgedrückt! Ich habe schon zu
viele Leute wie ihn kennenlernt, weißt du. Ein großer Mann,
wenn er beschwipst ist und das Maul aufreißt. Aber ich kann ihn
mir vor einem Polizeiinspektor vorstellen wie er leichenblaß ist,
nervös seine Mütze in den Händen dreht und alles
erzählt, was er weiß. Mich würde nur interessieren, was
Colum O'More an ihm findet.«
»Nichts«, stellte Hannah
fest. »Mein Onkel hat sich über einen alten Kameraden in
Liverpool mit ihm in Verbindung gesetzt, und Colum ist einen Monat
später unangemeldet bei ihm erschienen. Von Onkel Paddy war er
nicht sehr begeistert. Er hat ihm eine Flasche Whisky
eingeflößt, um ihn gesprächiger zu machen, und hat sich
dann mit mir befaßt.«
»Hast du ihn damals schon gekannt?«
»Nein. Er hat mir erklärt,
ihm sei es lieber, über einen Dritten mit Onkel Paddy und den
anderen in Verbindung zu stehen. Er hat mir diesen Job
angeboten.«
»Und du hast angenommen.«
»Weil Colum O'More mir eine
große Chance geboten hat: zweitausend Pfund in bar und die
Überfahrt nach Irland für Brendan und mich.«
»Ist dir das wichtig?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Ich kann nicht einfach weggehen und ihn zurücklassen. Onkel
Paddy macht es nicht mehr lange, wenn er so weitertrinkt. Was
würde dann aus Brendan?«
»Du weißt also als einzige, wo Colum steckt? Das gefällt deinem Onkel bestimmt nicht.«
Hannah nickte lächelnd.
»Er hat schon mehrmals versucht, mir zu folgen. Morgan
übrigens auch. Aber ich habe sie abgehängt.«
»Du scheinst dich dabei ganz gut amüsiert zu haben«, stellte Rogan fest.
Sie lächelte nicht mehr. »Was hätte ich sonst tun sollen? Ich
wollte hier draußen leben. Folglich bin ich
in diese Sache verwickelt worden, ob es mir Spaß machte oder
nicht.«
Von Ambleside aus fuhren sie am See
entlang nach Windermere und folgten dann der Straße über
Staveley nach Kendal. Der Verkehr war schwach, aber der Nebel wurde
immer dichter. In Kendal regnete es sogar. Sie kamen rasch voran und
ließen die Stadt hinter sich zurück.
Hannah zeigte ihm die Stelle, wo das
römische Fort Alavna gestanden hatte. »Die Römer sind
nie nach Irland gekommen, nicht wahr?«
»Dazu waren sie zu schlau«, antwortete Rogan und grinste breit.
Sie beobachtete ihn und lächelte
dann ebenfalls. »Eben hast du zum
Weitere Kostenlose Bücher