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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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dachte an ihre kleine Wohnung in South Kensington, die auf sie wartete. Sie schloss die Augen und hielt das Gesicht in die Sonne.  
    Der Morgen verging in der blauen Eintönigkeit von Meer und Himmel, nur einmal durchbrochen von einer fernen Kutterflotte. Zu Mittag aßen und tranken sie, was Gabriella Jack als Proviant mitgegeben hatte, und Freddie schlief, vom Rotwein benommen, fest ein. Sie kam erst wieder zu sich, als Jack sie wachrüttelte.  
    »Freddie, wir sind da.«  
    Sie rieb sich die Augen und blickte sich um. Wellen brachen sich an den Felsen zu beiden Seiten einer kleinen sandigen Bucht. Die Fischer holten die Segel ein, und die Rondine glitt, von ihrem Außenbordmotor angetrieben, in die Bucht.  
    »Sind wir jetzt in Frankreich?«, fragte sie.  
    »Ja. Das Auto wartet schon.«  
    Oben auf den Felsen funkelte Sonnenlicht auf der Windschutzscheibe eines Autos. »Sie bringen das Boot so weit rein wie es geht«, sagte Jack. »Das letzte Stück müssen Sie, fürchte ich, planschen. Oder ich nehme Sie Huckepack, wenn Ihnen das lieber ist.«  
    Sie warf ihm nur einen vernichtenden Blick zu, dann zog sie ihre Sandalen aus. Einige Minuten später ließ Jack sich über die Bootsseite ins Wasser gleiten. »Kommen Sie«, sagte er und streckte ihr die Arme entgegen.  
    Das Meerwasser war kühl und frisch an ihren Beinen, als sie, die Sandalen in der Hand, zum Strand watete. Jack trug ihren Koffer. Als sie beide auf dem Trockenen waren, hob er die Arme und winkte. »He, Auguste, ça va?« Als Freddie nach oben schaute, sah sie einen Mann den schmalen Klippenpfad zum Strand hinabeilen.  
    »Hier«. Jack wandte sich Freddie zu und drückte ihr ein Bündel Francscheine in die Hand.  
    »Nein, Jack, das kann ich nicht annehmen.«  
    »Es ist für die Bahnfahrt und die Hotels. Sie sollen nicht meinetwegen Geld verlieren. Nehmen Sie es.« Er warf einen Blick zurück zum Boot. »Auguste kümmert sich um Sie, Freddie. Und – danke. Es war –«  
    »– ein Erlebnis«, ergänzte sie trocken. »Eins, das sich hoffentlich nie wiederholen wird.«  
    »So sehen Sie das?« Er lachte. »Mir hat’s gefallen. Auf Wiedersehen, Freddie. Bon voyage .«  
    Sie wollte ihm die Hand geben, aber er umarmte sie stattdessen. Auguste, jung, schmächtig und dunkel, hatte sie erreicht. Ein kurzer schneller Austausch auf Französisch, Freddie und Auguste wurden miteinander bekannt gemacht, dann watete Jack zum Boot zurück.  
    Auguste nahm ihren Koffer, und nebeneinander gingen sie über den Strand. Der Sand war warm und seidig unter ihren bloßen Füßen. Möwen kreisten am wolkenlosen Himmel. Am Fuß der Felsen schaute Freddie sich noch einmal um. Jack war auf der Rondine angekommen. Er hob grüßend den Arm, dann begann der Motor zu tuckern, und das Boot entfernte sich vom Land.  

9
     
    Am dreiundzwanzigsten August wurde in Moskau der Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und der Sowjetunion unterzeichnet. Die beiden Unterzeichner garantierten sich gegenseitig Neutralität im Kriegsfall. Das gab, wie die Bewohner des Mayfield-Hofs in einer erregten Diskussion beim Abendessen feststellten, Deutschland praktisch die Erlaubnis, Polen anzugreifen.  
    Die Mickleboroughs fuhren über das Wochenende zu Freunden nach London. David Mickleborough wollte sich freiwillig zum Militär melden, falls man ihn dort haben wollte. John und Romaine Pollen waren bereits nach Amerika abgereist. Sie seien Pazifisten, erklärten sie, und wollten nicht in anderer Leute Krieg verwickelt werden.  
    Rebecca machte zum Abendessen Lammkoteletts mit Gemüse und brachte Connor Byrne einen zugedeckten Teller in die Scheune. Nachdem sie selbst gegessen und aufgeräumt hatte, setzte sie sich an den Küchentisch und zeichnete das Geschirr auf dem Abtropfbrett.  
    Nach einer Weile kam Connor, um den Teller zurückzubringen. Seine ausgebeulte Cordhose und das karierte Hemd waren weiß bestäubt von seiner Arbeit mit dem Stein. Er war zu groß für den niedrigen Raum und musste beim Abspülen seines Tellers und Bestecks den Kopf einziehen.  
    »Du kochst hervorragend, Rebecca. Danke dir.«  
    Über ihre Schulter hinweg sah er sich ihre Zeichnung an. »Gefällt mir«, sagte er. »Das hat Kraft. Aber müssen es immer Töpfe und Pfannen und Scheuerbürsten sein, Rebecca?«  
    »Ich fürchte, ja. Mein Weg ist damit gepflastert. Die Götter und Göttinnen überlasse ich dir.«  
    Er lachte. »Wo sind die anderen?«  
    Sie sagte es ihm und fügte hinzu:

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