Der italienische Geliebte (German Edition)
sagte sie. »Ich ruhe mich nur aus.« Sie schloss die Lider und war augenblicklich eingeschlafen.
Als sie in der Nacht einmal erwachte, lag Jack an sie gedrückt, einen Arm über ihrer Schulter. Ihre Körper passten gut zusammen. Sie hielt sich ganz still und überließ sich der regelmäßigen Bewegung seiner Atemzüge und der Wärme seiner Umarmung. Sie dachte an den Kuss vor dem Bahnhof und an den merkwürdigen Moment am vergangenen Morgen, als sie gemerkt hatte, dass sie ihn begehrte. Gefährliche Gedanken – vorsichtig, um ihn nicht zu stören, streckte sie den Arm aus und legte noch ein Scheit aufs Feuer, dann schloss sie die Augen und versuchte, wieder einzuschlafen.
Am nächsten Morgen standen sie früh auf. Nach einem bescheidenen Frühstück ging es los. Das Gelände machte es ihnen jetzt leichter, führte sie über sanft gewellte Wiesen zu einem Bauernhof mit schnatternden Gänsen und ballspielenden Kindern.
Gegen Mittag nahm die Zahl der Häuser zu, und bald wanderten sie nicht mehr über Wiesen, sondern auf gepflasterten Straßen. In einem kleinen Café, wo sie kurz anhielten, um einen Kaffee zu trinken, verschwand Freddie in der winzigen Toilette und starrte in einem schiefen Spiegel ihr ungepflegtes Abbild an, während sie sich die Haare durchkämmte.
Noch mehr Häuser, Geschäfte, belebte Straßen. Weiter vorn, in einer Lücke zwischen den Gebäuden, schimmerte der Himmel silbrig. Gleich da, sagte Jack und deutete nach vorn, sei das Meer. Freddie roch das Salz in der Luft und hörte das Kreischen der Möwen.
In einer Bar bestellte Jack zwei Kognaks und bat, telefonieren zu dürfen. Ein längeres Gespräch, in schmeichelnden Tönen von ihm geführt, folgte. Freddie setzte sich inzwischen an einen Tisch am Fenster und trank ihren Kognak.
Als Jack wieder zu ihr kam, sagte er: »Sie holt uns mit dem Auto hier ab.«
Sie , dachte Freddie. Der Freund war also eine Freundin.
Eine halbe Stunde später sagte er mit einem Blick aus dem Fenster: »Da ist Gabriella. Kommen Sie.«
Am Bordstein wartete ein Sportwagen. Eine junge Frau beugte sich heraus, einen gepunkteten Seidenschal um die Haare, das schöne Gesicht sorgfältig geschminkt.
»Jack, du siehst fürchterlich aus.«
»Danke, Gaby. Das tut gut.«
Sie warf ihm einen frostigen Blick zu, bot ihm aber die Wange zum Kuss.
»Gabriella d’Aurizia«, stellt er vor, »Freddie Nicolson.«
»Ich mache das nur für deine Freundin, Jack, nicht für dich«, sagte Gabriella abweisend. »Schnell, steigt ein.«
Freddie setzte sich in den engen Fond des Lancia, Jack stieg vorn ein, und Gabriella startete den Wagen. Freddie döste vor sich hin, wurde allerdings immer wieder von dem hitzigen Wortwechsel vorn im Auto und von Gabriellas rasanter Kurventechnik aus ihrem Dämmerschlaf gerissen.
Vor einer weißen Villa, die in einem großen Garten zurückgesetzt von der Küstenstraße stand, hielten sie an. Drinnen wurden sie eine Steintreppe hinaufgeführt und traten durch ein imposantes Portal in ein Marmorfoyer. Ein Mädchen nahm Freddies Regenmantel, ein Diener ihren Koffer. Ein anderes Mädchen ging ihr voraus eine breite Treppe hinauf zu einem eleganten weiß-goldenen Schlafzimmer und ließ ihr im anschließenden Badezimmer ein Bad einlaufen. Von dem angenehm warmen Wasser und duftendem Schaum eingehüllt, schloss Freddie die Augen und schob mit den Fingern sachte kleine Seifenblasen von einer Seite zur anderen. Als das Wasser kühl wurde, stieg sie aus der Wanne, trocknete sich ab und schlüpfte in den Bademantel, den das Mädchen ihr hingelegt hatte. Sie wischte den Dampf vom Spiegel. Ihr nasses dunkles Haar hing glatt herab, und ihre Haut war von der Wärme des Bads gerötet. Schönheit, so schien ihr, war schwer zu definieren; warum weckten manche Gesichter – Tessas zum Beispiel – in anderen das Verlangen, sie immer wieder anzusehen? Besaß auch ihr eigenes Gesicht diesen Zauber, diese Macht?
Im Schlafzimmer lagen eine schwarze Hose und eine pfefferminzfarbene Seidenbluse – Gabriellas, vermutete Freddie – auf dem Bett für sie bereit. Sie zog sich an und ging nach unten.
Der Streit war immer noch in vollem Gang. Freddie folgte den lauten Stimmen.
»Ah, wie schön, Miss Nicolson.« Gabriella unterbrach sich in einer Schimpftirade und lächelte strahlend. »Sind Sie hungrig? Das dachte ich mir. Dann essen wir jetzt.«
Sie nahmen das Mittagessen auf der Terrasse mit Blick auf den
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