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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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    »Aristokraten sind wahrscheinlich oft unnütz.«  
    »Das gehört zum Stand, meinen Sie?«  
    Sein Ton war amüsiert.  
    »Wogegen die bürgerlichen Klassen eine Tendenz zur übertriebenen Sittsamkeit haben.«  
    »Sie können einen wirklich wütend machen. Außerdem bin ich überhaupt nicht bürgerlich. Ich bin ausgesprochen unbürgerlich.«  
    »Natürlich, Freddie. Wie konnte ich das nur vergessen?«  
    »Obwohl ich nicht sicher bin, ob das Unbürgerliche mir so richtig liegt.«  
    »Ach, ich würde sagen, Sie sind ziemlich anpassungsfähig. Sie wachsen an den Aufgaben.«  
    »Als ich noch auf der Schule war, wollte ich immer wie meine Schwester sein. Sie hatte so etwas Strahlendes.« Freddie dachte an Tessas Wohnung mit den gerahmten Fotografien und dem schwarz-weiß gefliesten Kamin. Sie lächelte. »Ich war Tessas Kurier.«  
    »Ihr Kurier?«  
    »Ja, ich habe immer ihre Briefe zu ihren Verehrern getragen.« Freddie lachte. »Manche waren nett, aber manche waren auch fürchterlich. Ich glaube, Tessa hat gar nicht gemerkt, wie fürchterlich sie waren. Einer wollte mich küssen, ein anderer wollte mit mir essen gehen, als Tessa nicht konnte.«  
    »Sind Sie gegangen?«  
    »Natürlich.« Sie sah ihn triumphierend an. »Da sehen Sie’s. Gar nicht so sittsam.«  
    »Und war es nett?«  
    »Am Anfang kam ich mir unheimlich wichtig vor. Aber dann hat er nur mit seinen Freunden gequasselt und mich völlig vergessen. Ich bin schließlich einfach nach Hause gefahren. Mit der U-Bahn.«  
    »Wie alt waren Sie?«  
    »Fünfzehn. Es hat mir nichts ausgemacht. Ich bin gern allein unterwegs.«  
    »Ja, scheint so. Und Ihre Schwester? Wo ist sie jetzt?«  
    Freddie seufzte. »Tessa ist in Italien geblieben. Ich habe einen Brief von ihr bekommen – sie hat ihn über jemanden geschickt, der in Schweden lebt. Sie war ziemlich zurückhaltend – wahrscheinlich hatte sie Angst, er könnte gelesen werden –, aber sie schrieb, dass sie jetzt bei Freunden auf dem Land lebt. Ich habe ihr zurückgeschrieben, aber ich habe keine Ahnung, ob der Brief sie erreicht hat.«  
    Die Musik verklang mit einem Trommelwirbel, und sie klatschten. Sie sagte: »Es war schön, Sie wiederzusehen. Melden Sie sich, Jack.«  
    Er versprach es, und sie stellte sich auf Zehenspitzen, um seine Wange zu küssen. »Oh, Sie haben da eine Narbe«, sagte sie und berührte seine Augenbraue.  
    »Ich bin aus dem Flugzeug gesprungen und in einem Baum gelandet.«  
    »Wie leichtsinnig von Ihnen.«  
    »Ja, nicht wahr?« Sein Lächeln wurde breiter. Er dankte ihr für den Tanz und wollte gehen.  
    »Sie geben auf sich acht, ja?«, rief sie ihm nach.  
    Er drehte sich um. »Natürlich.«  
    Die eisige Luft stach wie mit Nadeln, und in der Ferne waren die dumpfen Einschläge von Bomben zu hören, als sie aus dem Hotel traten. Von geborstenen Dachrinnen hingen Eiszapfen herab, und wo das trübe Licht abgedunkelter Autoscheinwerfer auf Eis und die Scherben zerbrochener Fensterscheiben traf, brach es sich weihnachtlich glitzernd darin und ließ die Gebäude trügerisch festlich erscheinen.  
    Die Tür des Hauses in Knightsbridge war von zwei Buchsbäumen in Töpfen flankiert, kugelrund beschnitten und mit einem Schneehäubchen garniert, das wie Sahne auf dem Weihnachtspudding aussah.  
    Während sie nach oben gingen, wurde Entwarnung gegeben. Angus sperrte die Wohnung auf, wo sie Ölgemälde von feisten Männern in Lockenperücken und von Frauen mit tiefen Dekolletés und schelmischen Gesichtern erwarteten.  
    Angus sagte: »Ich schalte schnell die Lampen an, dann merken wir vielleicht nicht so, wie sie uns anstarren. Wie im Eisschrank hier, nicht? Ich mache gleich Feuer.«  
    Freddie setzte sich auf ein pflaumenfarbenes Samtsofa beim offenen Kamin. An manchen Stellen war der Flor abgescheuert und hatte einen silbrigen Glanz. Angus kniete nieder, riss ein Streichholz an und hielt es an Papier und Anmachholz.  
    »Ich kann mich an einen Winter zu Hause erinnern, da fror das Wasser in den Waschbecken. So kalt wird es in London nie.« Angus setzte sich neben sie. »Du armes Kind, du bist ja starr vor Kälte.« Es gefiel ihr, wie er ›starr‹ sagte, mit rollendem schottischen R.  
    Er schenkte jedem von ihnen einen Scotch ein, dann rückten sie eng zusammen und hielten einander fest im Arm, während die Flammen zuckende Schatten auf den Teppich warfen. »Silvester zünden wir im Schloss alle Lampen und Kerzen an und stellen Fackeln

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