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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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ganz anders als zu Hause, wo Anspannung und Gereiztheit greifbar waren und sie das Gefühl hatte, auf einem Seil zu balancieren, das jederzeit reißen konnte.  
    Lewis hatte nichts von Jerry Colvin gehört. Es kamen weder Brief noch Anruf, und Jerrys Haus blieb verschlossen und verriegelt. Lewis sagte, er werde schon alles regeln. Sie müssten nur durchhalten, bis sich etwas ergebe. Es bestürzte sie zu erkennen, dass sie ihm nicht mehr vertraute; und sie schämte sich, weil sie wusste, dass sie Geheimnisse vor ihm hatte.  
    Es war der zweite Samstag im neuen Jahr. Lewis arbeitete den ganzen Tag in der Werft. Freddie machte die Wäsche, kaufte ein, tauschte die Bibliotheksbücher um und schrieb Briefe. Um vier Uhr kam Lewis nach Hause. Sie tranken zusammen eine Tasse Tee, danach bügelte Freddie Lewis’ Hemd und stopfte ihre Strümpfe, weil sie abends ausgehen wollten, während Lewis eine elektrische Lampe reparierte, die immer wieder den Geist aufgab. Auf dem Weg zum Schuppen, um einen Schraubenzieher zu holen, sah er ihre Briefe auf dem Flurtisch liegen und erbot sich, sie zum Kasten zu bringen. Es sei doch schon dunkel, entgegnete sie, die Briefe hätten gut bis morgen Zeit. Ach was, kein Problem, sagte er, es sei ein schöner Abend, er könne ein bisschen frische Luft gebrauchen.  
    Am Abend waren sie bei den Renwicks zum Essen. Tim Renwick war Anwalt, und seine Frau Diane engagierte sich in allerhand wohltätigen Vereinen. Die Renwicks wohnten in einem großen georgianischen Haus im Zentrum von Lymington. Es waren noch zwei andere Paare eingeladen, Studienfreunde von Tim; die Frau des einen erwartete ein Kind. Als Diane den gebratenen Schweineschlegel servierte, fragte einer von Tims Freunden, wo sie so einen großen, saftigen Braten aufgetrieben habe. Diane tippte sich nur an die Stirn und lachte.  
    Freddie fiel auf, dass Lewis mehr trank als sonst. Oder mehr als er getrunken hatte, bevor diese Menge zur Gewohnheit geworden war. Er redete viel und ziemlich laut, und manchen seiner Anekdoten fehlte die witzige Pointe. Aber die Männer sprachen dem Alkohol alle kräftig zu, und auch einige der Frauen, außer Freddie und der Schwangeren. Vielleicht, überlegte Freddie, sollte sie auch noch ein Glas trinken, das würde sie animieren und Lewis könnte ihr hinterher nicht vorwerfen, sie habe sich keine Mühe gegeben. Sie trank also ziemlich schnell noch ein Glas Wein, merkte, wie sie lockerer wurde und spritziger im Gespräch. Sie flirtete sogar ein wenig mit den Männern und brachte die Frauen zum Lachen.  
    Es war nach Mitternacht, als sie aufbrachen. Lewis legte ihr den Arm um die Schultern und küsste sie. »War ich annehmbar?«, fragte sie, und er sagte: »Du warst phantastisch. Hinreißend. Danke dir, Darling.«  
    Als sie in ihre Straße einbogen, konnten sie im Licht des Vollmonds erkennen, dass vor ihrem Haus ein Auto parkte. Es dauerte einen Moment, bevor ihnen klar wurde, dass es ein Wagen der Polizei war.  
    »He, was ist da los?«, brummte Lewis. Er begann schneller zu gehen und dann zu laufen.  
    Freddie mit ihren hohen Absätzen kam nicht mit. Als sie sich endlich dem Haus näherte, sah sie, dass der Fahrer aus dem Wagen gestiegen war und mit Lewis sprach. Sofort stellte sie sich die schlimmsten Dinge vor – vielleicht hatte man in einer der zahllosen kleinen Schilfbuchten an der Küste Jerry Colvins Leiche gefunden…  
    Lewis sah verstört aus, als er sich ihr zuwandte.  
    »Es ist die Werft«, sagte er. »Es hat einen Brand gegeben. Das ganze verdammte Ding ist in Flammen aufgegangen.«  
    Von der Werft war nichts übrig. Die letzten zwei Wochen hatten sie trockenes Wetter gehabt, und die Holzbauten waren innerhalb von Stunden niedergebrannt. Hätten sie bei den Renwicks aus dem Fenster geschaut, so hätten sie vielleicht den Feuerschein über dem Wasser bemerkt.  
    Am nächsten Morgen ging sie mit Lewis zur Werft hinunter. Mit bleichem Gesicht starrte Lewis auf das Durcheinander bis zur Unkenntlichkeit verbrannter Gegenstände, die aus dem Haufen von Asche und verkohltem Holz herausragten. In der Luft lag ein beißender Geruch, und wenn man durch das Trümmerfeld ging, stiegen staubige Rauchwolken auf. Freddie musste an den Londoner Blitz denken. Schwarze Papierfetzen schwammen auf dem braunen Wasser des Meeresarms. Eine Handvoll kleiner Jungen hatte sich am Kai eingefunden und warf mit Steinen danach.  
    Lewis wurde von der Polizei und der Feuerwehr befragt. Es wurde telefoniert,

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