Der italienische Geliebte (German Edition)
Briefe an die Versicherung wurden geschrieben, Formulare ausgefüllt. Der Schadenregulierer, ein schmächtiger, kleiner Mann namens Simpson, kam zu ihnen nach Hause. Er saß den ganzen Vormittag mit Lewis im Wohnzimmer. Freddie, die in der Küche das Mittagessen machte, ertappte sich dabei, dass sie krampfhaft zu hören versuchte, was sie redeten. Als die Wohnzimmertür geöffnet wurde, fuhr sie zusammen.
Mr. Simpson wolle auch noch mit ihr sprechen, sagte Lewis. Ob sie etwas dagegen habe?
Nein, natürlich nicht, versicherte sie, obwohl sie aus irgendeinem Grund erschrak. Mr. Simpson räusperte sich und blickte auf seine Notizen. Mr. Coryton habe ihm gesagt, dass er am Samstagnachmittag gegen vier Uhr nach Hause gekommen sei. Sein Tonfall machte aus der Feststellung eine Frage.
Ja, antwortete sie.
Vielleicht könne Mrs. Coryton ihm kurz schildern, wie der Rest des Tages verlaufen sei.
Freddie zählte die banalen Einzelheiten auf: die gemeinsame Tasse Tee, das Bügeln, die Lampenreparatur. Um zwanzig vor acht seien sie dann zu den Renwicks losgegangen, sagte sie.
Ein neuerliches Räuspern.
»Und Ihr Gatte war die ganze Zeit mit Ihnen zusammen, Mrs. Coryton?«
»Wie lange soll das noch so weitergehen?«, unterbrach Lewis aufgebracht. »Sehen Sie nicht, wie sehr die Sache meine Frau mitgenommen hat?«
»Es ist schon gut«, sagte Freddie schnell. »Lewis war einmal draußen im Geräteschuppen, um einen Schraubenzieher für die Lampe zu holen, sonst waren wir die ganze Zeit zusammen, ja.«
Mr. Simpson dankte ihr. Lewis brachte ihn zur Tür. In der Küche schnitt Freddie die Kartoffeln auf und kippte sie in die Pfanne, und da fiel es ihr wieder ein.
Als Lewis zu ihr in die Küche kam, drehte sie sich um und sagte: »Die Briefe. Hast du ihm das mit den Briefen gesagt?«
»Was für Briefe?« Er hob einen Deckel und schaute in den Topf.
»Meine Briefe. Du hast sie doch zum Kasten gebracht.«
»Keine Sorge. Ich habe diesem widerlichen Schnüffler schon alles gesagt.« Er fasste sie um die Taille und küsste ihren Nacken. »Ich hab ein umfassendes Geständnis abgelegt, Frau Wachtmeisterin.«
»Und du hast ihm auch gesagt –«
»Was, Freddie?«
»Na ja, dass die Werft in finanziellen Schwierigkeiten steckt.«
»Natürlich nicht.« Sein Blick wurde kühl, und er ließ sie los. »Das hätte nur Ärger gegeben. Außerdem sind die Geschäftsbücher alle verbrannt. Ich sehe nicht ein, warum ich die Dinge noch komplizierter machen soll.«
»Aber wenn sie es herausfinden – das würde doch wahrscheinlich nicht gut aussehen.«
»Dann wollen wir hoffen, dass sie es nicht herausbekommen.« Er holte sich ein Glas aus dem Schrank. »Weißt du was, Schatz, lass uns übers Wochenende wegfahren, den Schlamassel hier eine Weile vergessen. Wir sind seit Monaten nicht mehr in London gewesen.«
Sie sah schweigend zu, wie er die Whiskyflasche aus dem Schrank unter dem Spülbecken nahm und aufschraubte. Dann sagte sie: »Ich finde, du solltest es ihnen sagen.«
Er fuhr herum. Seine Augen funkelten wütend. »Halt endlich den Mund, Freddie. Du hast doch keine Ahnung.«
Sie wich zurück wie vor einem Schlag. Konnte von seiner Liebe noch irgendetwas übrig sein, wenn er so mit ihr sprach?
Schweigen trat ein. Lewis schien um Beherrschung zu ringen. Er sagte: »Es kommt alles in Ordnung, verstehst du?« Er goss sich einen Fingerbreit Whisky ins Glas. »Es kommt alles in Ordnung.«
Dann lachte er. »Sie haben mir einen Haufen Fragen über Jerry gestellt. Ich musste ihnen sagen, dass er verschwunden ist. Ich glaube, sie halten ihn für den Brandstifter. Lächerlich – ich meine, kannst du dir vorstellen, dass der gute alte Jerry zu so etwas fähig wäre? Es war bestimmt irgendein achtloser Idiot, der da unten eine brennende Kippe weggeworfen hat. Diese Holzbauten brennen doch wie Zunder.«
Am nächsten Tag fuhren sie mit der Bahn nach London. Sie nahmen ein Zimmer im West-End-Hotel – das könnten sie sich von dem Versicherungsgeld gut leisten, sagte Lewis. Im Zimmer gab er dem Pagen ein Trinkgeld, und sobald dieser gegangen war, nahm er seine Krawatte ab, knöpfte den Hemdkragen auf und ließ sich mit einem tiefen Seufzer aufs Bett fallen. Minuten später war er eingeschlafen.
Freddie wusch sich Hände und Gesicht und legte frischen Lippenstift auf. Sie schlüpfte aus dem Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich.
Sie ging in den
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