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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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in dem Glauben, sie hätte wegen Tessa geweint, obwohl es nicht so war – sie hatte geweint, dachte sie, weil ihr plötzlich bewusst geworden war, wie heil und sicher und frei von Komplikationen ihr die Vergangenheit und diese außergewöhnliche Reise mit Jack Ransome im Vergleich zu den bedrückenden Wirrungen ihrer Ehe erschien.  
    »Marcelle hat mir von Tessa erzählt«, sagte er. »Es hat mir so leid getan, Freddie.«  
    Marcelle Scott, dachte sie, die Quelle allen Klatschs. Aber es rührte sie, dass Jack sich an Tessas Namen erinnerte. »Danke.« Sie wechselte schnell das Thema. »Ich habe mich eben mit Ihrem Bruder George unterhalten. Er hat mir von seinen Stuckdecken erzählt.«  
    Jack lachte schallend. »Na, wenn man sich dabei nicht zu Tode langweilt.« Er sah sie forschend an. »Geht es denn?«  
    »Ja, ja. Ich bin nur ein bisschen müde.«  
    »Kommen Sie, suchen wir uns einen ruhigeren Ort.«  
    Jack führte sie in einen kleinen Salon im hinteren Teil des Hauses. Ein dicker Mann mit roter Nase schlief, die Weste aufgeknöpft, in einem Ohrensessel. Ein junges Mädchen von vielleicht zwölf lag auf einem Teppich und las in einem Buch.  
    »Hallo, Peggy«, sagte Jack. Das Mädchen lächelte ihn kurz an und vertiefte sich wieder in sein Buch.  
    Sie setzten sich ans Fenster. »Ist Lewis auch hier?«, fragte Jack.  
    »Ja, irgendwo. Er hat sich vorhin mit Denny unterhalten.«  
    »Und wo wohnen Sie jetzt?«  
    »An der Südküste, in Lymington.«  
    »Und – gefällt es Ihnen?«  
    Die nächste Entdeckung: Sie wollte nicht nach Lymington zurück. Sie hatte Angst vor der Rückkehr.  
    »Sehr«, antwortete sie. »Es ist schön, endlich ein eigenes Haus zu haben. Wir sind gern an der See.«  
    »Was treibt Lewis so?«  
    »Er hatte eine Bootswerft.«  
    Jack runzelte die Stirn. »Hatte?«  
    »Wir hatten vor zehn Tagen einen Brand.«  
    »Ist der Schaden groß?«  
    »Es ist alles abgebrannt. Das Büro, die Helling, alles.«  
    »Das ist ja furchtbar. Der arme Lewis, was für ein Schlag.«  
    »Ja.«  
    »Aber er hat doch sicher eine Versicherung?«  
    »O ja.« Sie dachte an Mr. Simpsons Besuch, an den Verdacht der Versicherungsgesellschaft gegen Jerry Colvin. War es möglich? Konnte wirklich Jerry die Werft angesteckt haben?  
    Sie lächelte ihn an. »Und Sie, Jack? Was treiben Sie? Ich könnte mir vorstellen, dass es heutzutage für Ihre Talente nicht mehr die ganz großen Entfaltungsmöglichkeiten gibt.«  
    »Oh, Sie würden sich wundern. Bei aller Freundschaft möchte doch jeder Staat immer gern wissen, was der andere tut. Nach dem Krieg war ich zwei Jahre im diplomatischen Dienst. Danach, ich weiß auch nicht, ich hatte auf einmal genug. Es bekam langsam einen kleinen – na ja, Beigeschmack. Dieser ständige Lug und Trug. Im Krieg war das sicher notwendig, aber jetzt lässt sich das nicht mehr so leicht rechtfertigen. Es fängt an, das eigene Denken zu beeinflussen. Man sieht die Leute an und fragt sich, wie sie wirklich sind, was hinter der Fassade vorgeht. Kurz und gut, ich habe dann gekündigt und bin nach Italien zurückgegangen.«  
    »Nach Rom?«  
    »Ja, da habe ich ja während des Krieges gelebt, wie Sie wissen, und ich wollte die Menschen wiedersehen, die mir damals geholfen haben. Ach, und außerdem habe ich ein Buch geschrieben.«  
    »Ein Buch? Wirklich?«  
    »Jetzt tun Sie nicht so erstaunt. Ich bin durchaus fähig, ein paar logische Sätze aneinanderzureihen. Man könnte es vielleicht als eine Art Reisememoiren bezeichnen, obwohl das entsetzlich bombastisch klingt.«  
    »Du meine Güte, Jack, wie beeindruckend. Und sonst – sind Sie verheiratet? Kinder?«  
    »Leider nichts dergleichen, nein.«  
    »Sie konnten also Gabriella nicht überreden, Sie zu heiraten?«  
    »Dazu ist Gaby viel zu vernünftig. Außerdem habe ich auf Sie gewartet, Freddie. Als ich hörte, dass Sie Lewis Coryton geheiratet haben, war ich am Boden zerstört.«  
    Sie sprachen über Jacks Familie, sein Leben in Rom und über gemeinsame Freunde. Dann fuhr der Mann in der Weste mit einem lauten Schnarcher aus dem Schlaf, setzte sich auf, sagte: »Um Gottes willen, wie spät ist es? Ich sollte doch die Schwiegerleute kennenlernen«, und verschwand in Windeseile.  
    Freddie sah auf die Kaminuhr. Es war halb neun. »Ich sollte jetzt auch besser gehen. Mal sehen, was Lewis macht«, sagte sie. »Es war schön, mit Ihnen zu reden, Jack. Und wirklich eine Freude, Sie wiederzusehen.«

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