Der italienische Geliebte (German Edition)
losgerannt, nur um sie zu sehen. Sie war eine wunderbare Frau, Freddie. Sie sollten stolz auf sie sein.«
Nach dem Abendessen trennten sie sich und versprachen, in Verbindung zu bleiben. Als Freddie in dem Taxi nach Hause fuhr, das Desmond für sie geholt und bezahlt hatte, musste sie daran denken, wie sie und Tessa die Erinnerung an ihre tote Mutter lebendig erhalten hatten, indem sie von ihr gesprochen hatten. Als sie mit Desmond Fitzgerald über Tessa gesprochen, von ihrem Leben in Italien gehört hatte, hatte sie sich ihr näher gefühlt.
Einmal, als sie mit Marcelle Scott und ihren Freunden beim Essen waren, erkundigte sich jemand nach Jack. »Jack ist wieder in Italien«, sagte Marcelle. »Seit – ach, seit Ewigkeiten. «
Freddie fragte: »Kommt er manchmal her? Auf Besuch?«
»Nein, nie.« Marcelle wirkte verschnupft. »Ich nehme ihm das, ehrlich gesagt, ziemlich übel. Sonst ist er nie so lange weggeblieben.«
Oktober 1950. Sie war gerade von der Arbeit nach Hause gekommen und schnitt in der Küche Zwiebeln und Karotten für einen Eintopf, als sie Lewis die Tür aufsperren hörte.
Er kam direkt in die Küche. »Freddie, wir müssen reden.«
»Gleich.« Sie warf die gewürfelten Zwiebeln in den Topf. »Lass mich nur das hier aufsetzen.«
Er drehte das Gas aus. »Jetzt bitte, Freddie.«
Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab und folgte ihm ins Wohnzimmer.
»Setz dich«, sagte er, während er die Ginflasche und zwei Gläser herausholte.
»Lass nur, ich möchte nichts trinken«, sagte sie.
»Marcelle und ich haben uns ineinander verliebt.«
Sie sah ihm zu, wie er Gin einschenkte, die Zitrone schnitt. Was er gesagt hatte, war ein Schock, unbegreiflich. Sie konnte es nicht fassen.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht.«
»Marcelle und ich lieben uns«, wiederholte er ruhig, »und wir wollen heiraten.«
»Aber das könnt ihr nicht. Du bist mit mir verheiratet.«
»Ich möchte die Scheidung, Freddie.«
Er stellte das Glas auf den Tisch neben ihr. Sie starrte es einen Moment an, dann fegte sie es so heftig zur Seite, dass es zu Boden fiel und zersprang. »Du bist mit mir verheiratet.«
»Das ist doch schon lange keine Ehe mehr.« Er setzte sich ihr gegenüber aufs Sofa. »Schon seit Jahren nicht mehr. Du vertraust mir nicht und du brauchst mich nicht. Es tut mir leid, wenn es dich verletzt, aber du weißt, dass es so ist. Du hast dich verändert, Freddie. Du bist nicht die Frau, die ich geheiratet habe. Die Dinge, die wir einmal beide wollten, willst du jetzt nicht mehr. Es ist meine Schuld, das weiß ich und akzeptiere es. Aber ich spüre ständig deinen Vorwurf. Ich merke, dass du nicht vergessen kannst, was ich getan habe. Du willst vielleicht nicht herablassend sein, aber du bist es, Freddie. Mit Marcelle ist es anders. Sie weiß nichts. Und selbst wenn sie es wüsste, würde sie mich nicht richten.«
Sie musste hinaus. Steifbeinig, als hätte sie einen hohen, steilen Berg bestiegen, stand sie auf und ging in die Küche. Sie nahm Kehrschaufel und Handfeger aus dem Besenschrank, ging wieder ins Wohnzimmer und kniete sich auf den Boden, um die Glasscherben aufzusammeln.
»Und was heißt das genau?«, fragte sie. »Dass du mich verlässt?«
»Ja, ich gehe noch heute Abend. Das ist das Beste.«
Mit zusammengekniffenen Augen sah sie zu ihm hinauf. »Das Beste für wen, Lewis?«
»Für uns beide.«
»Wie lange geht das schon mit dir und Marcelle?« Sie sagte den Namen mit Hass.
Er sah beschämt aus. »Seit Anfang des Jahres.«
Zehn Monate, dachte sie. Zehn Monate . Sie drückte die Glasscherbe in ihrer Hand zusammen. Blut quoll aus ihrer Faust. Lewis wollte ihr helfen, aber sie sprang auf, rannte an ihm vorbei ins Schlafzimmer und schlug die Tür zu. Sie umwickelte ihre Hand mit ihrer Schürze und drückte den zusammengeknüllten Stoff fest in die Wunde. Es sollte wehtun.
Rebecca hatte die Idee seit ihrem Gespräch mit Meriel an deren Hochzeitstag mit sich herumgetragen. Sie hatte damit begonnen, eine Reihe von Figuren aus Glas zu gießen. Insgesamt waren es sieben Figuren, alle stellten sie Frauen dar, echte Frauen – alt, jung, dick, dünn, schwanger, unfruchtbar, hässlich, schön –, keine Idealbilder, wie so oft in der Kunst.
Sie arbeitete bei jeder Figur mit unterschiedlichen Techniken. Die erste goss sie nach einem Tonmodell: eine Frau mit breiten Wangenknochen und vollen
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