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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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ihr mit, dass sie in der vierzehnten oder fünfzehnten Schwangerschaftswoche sei. Sie hätte früher zu ihm kommen sollen; es sei dumm von ihr gewesen, sich in eine solche Situation zu bringen. Ein Ehemann sei ja wohl nicht in Sicht? Er könne ihr helfen, aber es würde sie fünfzig Pfund kosten. Sie dürfe keinen Tag länger warten. Sie solle unter dieser Nummer anrufen, dann werde seine Sekretärin ihr einen Termin für seine Klinik geben. Das alles goss er über sie aus, während sie mit gespreizten Beinen wie ein aufgespießter Frosch auf der kalten Ledercouch lag.  
    In den nächsten Tagen dachte Tessa viel an Dr. Pomeroy. Und an seinen feucht glänzenden Blick und seine feisten Gummihände in ihrem Leib. Es gab nicht vieles, was sie fürchtete, aber vor Krankenhäusern graute ihr. Eine Art Lähmung befiel sie. Wenn sie nicht daran dachte, würde es vielleicht von selbst weggehen.  
    Einige Tage nach dem Arztbesuch reiste sie nach Paris und blieb zwei Wochen. Nach London heimgekehrt, konnte sie beim Hinlegen die kleine feste Schwellung ihres Bauches fühlen. Sie hatte die Karte mit der Telefonnummer der Klinik verloren. Zwei weitere Wochen verstrichen, und eines Morgens, als sie wach im Bett lag, spürte sie ein merkwürdiges kleines Kitzeln unter ihrer Bauchdecke. Sie legte die Hand auf die Rundung und dachte, wenn du ein Mädchen bist, nenne ich dich Christina.  
    Sie hatte entschieden, indem sie untätig geblieben war – feige und töricht. Das Kind musste in den ersten stürmischen Wochen ihrer Beziehung mit Milo Rycroft gezeugt worden sein. Irgendwann hatte sie offenbar das blöde Ding   – das war ihre Bezeichnung für das Pessar – vergessen. Vielleicht an dem Nachmittag, als sie nach Oxford gefahren war und sie sich am Fluss geliebt hatten. Oder vielleicht an einem der Abende in ihrer Wohnung.  
    Sie musste mit Milo sprechen. Es erschreckte sie, als sie merkte, dass sie Angst davor hatte.  

3
     
    Am letzten Tag des Sommerhalbjahrs nahm Freddie nachmittags den Zug von Oxford nach London. Sie hatte Miss Fainlight versichert, dass Tessa sie am Bahnhof Paddington abholen würde, aber als Tessa nicht auf dem Bahnsteig stand, wunderte sie das nicht weiter. Sie tauchte einfach allein in die miefigen Tiefen der Untergrundbahn hinunter.  
    Sie fuhr mit der Hammersmith-and-City-Linie bis Moorgate und stieg dort in die Great Northern and City Railway um. Ihren kleinen Koffer zu Füßen saß sie da, wiegte sich mit dem Schlenkern des ratternden Waggons und genoss es, aus der Schuluniform heraus zu sein und sechs Wochen Ferien vor sich zu haben.  
    Freddie war gern in London. Ihr gefielen die Robustheit und die Zielstrebigkeit, die sie in der Stadt spürte, und sie liebte es, sich vorzustellen, wie viel Aufregendes und Interessantes sich hinter den schmutzigen Häuserfassaden abspielte. Sie genoss den Gegensatz zwischen ihrem Londoner Leben und ihrem Schulalltag. In der Schule war der Tag bis ins Kleinste aufgeteilt, jede Stunde mit irgendeiner Aufgabe gefüllt. In London war ihr Tagesablauf ohne feste Struktur und nie vorhersehbar, nahm oft überraschende Wendungen. Jede dieser beiden unterschiedlichen Lebensweisen entsprach einem Teil von ihr und sie hielt sie streng getrennt.  
    Vom U-Bahnhof aus ging Freddie am Highbury Place entlang zu dem imposanten roten Backsteinbau mit den herrschaftlichen Wohnungen, von denen Tessa eine gemietet hatte. Der Portier, der sie im Foyer begrüßte, erbot sich, ihren Koffer nach oben zu bringen. Freddie schlug das Angebot lächelnd aus, der Koffer sei überhaupt nicht schwer, worauf der Portier sich damit begnügte, ihr die Aufzugtür zu öffnen.  
    In der zweiten Etage angekommen, betrat sie die Wohnung. Sie wusste sofort, dass Tessa nicht da war. Man spürte es immer, wenn Tessa zu Hause war; Freddie fragte sich manchmal, ob sie irgendwie die Luft in Schwingungen versetzte. Im Flur stellte sie den Koffer ab und schaute sich um. Die Wohnung war ordentlich aufgeräumt, also musste das Mädchen am Morgen da gewesen sein.  
    Ihr Zimmer war so, wie sie es verlassen hatte, als sie zu Beginn des Halbjahrs in die Schule zurückgekehrt war. Tessa hatte ihr versprochen, dass niemand außer ihr das Zimmer je würde benützen dürfen.  
    Nach einigem Kramen in der Küche fand Freddie einen Laib Brot und ein Glas Erdbeermarmelade und strich sich ein Brot. Tessa aß wie ein Spatz, hielt sich praktisch nur mit Kräckern, Trauben und Käsehäppchen am Leben, aber für

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