Der italienische Geliebte (German Edition)
großen Putz- und Aufräumaktion Simones Haus in Ordnung. Als sie sich am Morgen ihrer Abreise von ihrer Freundin verabschiedete, sagte diese streng: »Aber sieh zu, dass du diesmal ordentlich auf dich aufpasst, damit du nicht wieder krank wirst. Und versprich mir, dass du dich nicht mehr mit hoffnungslosen Versagern wie Harrison Grey abgibst.«
Sie gelobte es kleinlaut und versprach auch, Simone zu schreiben und sie zu besuchen, wann immer ihr Weg sie nach London führte. Dann lud sie ihre Besitztümer ins Auto und machte sich auf die Reise. Sie war weder aufgeregt noch erwartungsvoll, als sie sich mit der aufgeschlagenen Karte auf den Knien auf immer schmaler und ländlicher werdenden Straßen ihrem Ziel näherte, aber sie war fest entschlossen, das Beste aus dem zu machen, was der Hof zu bieten hatte. Ganz gleich, wie schwer es ihr werden würde, sie würde auf jeden Fall ein Jahr durchhalten. Wenn sie jetzt wieder scheiterte, würde sie das nur noch tiefer in Selbstanklage und Unzulänglichkeitsgefühle hineintreiben.
Aber zu ihrer Überraschung gefiel ihr der Hof. Gewiss, es war alles ziemlich primitiv – die Wände ihres Zimmers waren nur teilweise verputzt und der Boden aus nacktem, in Fischgrätmuster verlegtem Backstein. Im Bad gab es nur kaltes fließendes Wasser, wenn man warmes brauchte, musste man es im Kessel heiß machen. Der Hof hatte einen eigenen Stromgenerator, der hin und wieder streikte, und Carlotta kochte auf einem altmodischen Eisenherd und wusch die Wäsche in einem großen Kessel. Aber das Haus hatte etwas Robustes und fest Geerdetes, das Rebecca ansprach. Sie hatte eine neue Liebe zum Einfachen bei sich entdeckt, und selbst die schwere körperliche Arbeit, die sie auf dem Hof erwartete, konnte sie nicht schrecken.
Der Mayfield-Hof hatte zehn Bewohner. Neben den vier Mickleboroughs und Rebecca lebten dort Noel Wainwright, Landschaftsmaler wie David Mickleborough, und seine Frau Olwen, die Stoffkollagen machte, sowie John Pollen und seine Schwester Romaine, beide Mitte fünfzig, ruhig, ernsthaft und zurückhaltend. John war Töpfer; seine Schüsseln und Teller spiegelten die Farben der Landschaft von Sussex, erdiges Rotbraun, helles Creme und weiches Grau. Romaine Pollen, die nach einer Kinderlähmungserkrankung in der Kindheit hinkte, war Glasmalerin und benutzte zum Brennen ihrer Werke den Töpferofen ihres Bruders.
Rebecca verstand sich gut mit ihren Mitbewohnern, aber sie vermied engeren Kontakt. So viel in ihr war noch wund, und es gab Dinge, für die sie sich schämte. Nähe hätte Erklärungen und Selbstprüfung verlangt, und vor beidem scheute sie zurück. Sie arbeitete auf dem Gemüsefeld, ein halber Morgen schwerer Lehmboden, mit dem sie ihre liebe Mühe hatte, und half bei der Renovierung des Wohnhauses. Hier kamen die alten Fertigkeiten, die sie sich damals beim Instandsetzen der Alten Mühle zusammen mit Milo erworben hatte, wieder zum Einsatz. Sie schmirgelte blätternden Lack von Türen und Fensterbrettern und strich sie neu. Eines Tages zeigte ihr David, wie man mauerte, und sie kniete den ganzen Vormittag im Dreck, mischte Mörtel an und legte die Ziegelsteine in gerader Linie an einer straff gespannten Schnur entlang aufeinander. Abends, nach dem Essen, setzte sie sich in ihr Zimmer und las oder schrieb Briefe.
Der zehnte Hofbewohner lebte in einer ehemaligen Scheune etwas abseits von den Hauptgebäuden. Connor Byrne, ein Ire, der stets in einer abgetragenen staubigen Cordhose und einem alten Flanellhemd herumlief, war Bildhauer, ein großer, breitschultriger Mann mit schwarzem Haar und blauen Augen in einem wettergegerbten Gesicht, der selten lächelte und noch seltener sprach. Am Tag ihrer Ankunft auf dem Hof sah er sie nur kurz an, nickte und widmete sich wieder seinem Abendessen. Rebecca fragte sich, ob er Neuzugänge nicht mochte. Connor kam nur zu den Mahlzeiten aus seiner Scheune oder um David Mickleborough bei schweren Arbeiten zur Hand zu gehen. Er schaffte es, das ganze Abendessen hindurch zu schweigen. Wenn er tatsächlich einmal lächelte, waren Liebenswürdigkeit und ein Funke Humor in seinem Blick.
Wenn sie auf dem Weg zum Gemüsefeld an der Scheune vorbeiging, hörte sie den Schlag des Meißels auf Stein. Im neuen Jahr hielt auf dem Hof ein Lastwagen mit einem Granitblock auf dem Anhänger. Sie sah zu, wie Connor und David mit improvisierten Winden und Flaschenzügen das steinerne Ungetüm in Connors Atelier beförderten.
Eines
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