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Der Jäger

Der Jäger

Titel: Der Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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will ich ihm auch helfen. Ich will, dass er wieder Freude am Leben hat. Ist das nicht schizophren? Ich will ihn verletzen und ihm gleichzeitig helfen.« Sie lachte auf, als hätte sie eben einen guten Witz gemacht, erhob sich, lief durch den Raum und warf einen Blick auf die Bücherwand.
    Richter lächelte nur. »Was tun Sie denn so Verwerfliches?«, fragte er und machte sich weiter eifrig Notizen.
    »Darüber kann ich jetzt nicht reden.«
    »Können Sie nicht, oder wollen Sie nicht?«
    »Beides. Ein andermal, versprochen. Ich will versuchen, an diesem Wochenende mit mir selbst ins Reine zu kommen. Ich werde am Sonntag ein Meditationsseminar besuchen, das ein Freund von Herrn Lewell gibt. Aber erst werde ich heute Nachmittag zu Herrn Lewell fahren, um zu hören, was mein Horoskop sagt. Dabei weiß ich schon jetzt, dass es nicht viel anders aussehen wird als letztes Mal. Er erklärte mir schon seit einer ganzen Weile, dass ich noch bis Ende des Jahres warten muss, bis eine entscheidende Wende eintritt.«
    »Moment, Sie wissen noch gar nicht, was mit Herrn Lewell passiert ist?«, fragte Richter und sah auf.
    Carmen Maibaum drückte ihre Zigarette aus und zündete sich gleich eine neue an. »Nein. Was denn?«, fragte sie ruhig zurück.
    »Er ist tot. Er wurde gestern in seiner Wohnung gefunden. Erschossen.«
    »Mein Gott, das ist ja furchtbar! Wir kannten uns doch so gut.«
    »Nicht nur Konrad ist tot. Sie sind doch auch mit den van Dycks recht gut bekannt, oder?«
    »Ja, warum?«
    »Maria van Dyck wurde heute Nacht umgebracht. Deshalb war auch vorhin die Polizei hier, weil Maria eine Patientin von mir war.«
    »Maria van Dyck soll tot sein?! Nein, das nehme ich Ihnen nicht ab. Dieses hübsche junge Mädchen?! Wer tut all den Frauen nur so was an? Und da halte ich mich für schlecht. Ich glaube, ich sollte mein Leben und meine Einstellung dazu doch noch einmal gründlich überdenken. Vielleicht hilft der Kurs ja.«
    »Er kann zumindest nicht schaden. Aber kommen wir zurück zum eigentlichen Thema. Woher wissen Sie, dass Ihr Mann eine Affäre hatte?«
    »Frauen spüren so etwas immer … Er vögelt andere, aber wenn ich mich im Spiegel betrachte, dann sehe ich einen fast perfekten Körper. Warum fickt er eine andere Frau? Wirke ich abstoßend auf ihn?« Sie seufzte auf, stellte sich etwa einen Meter vor Richter und sah ihm direkt in die Augen. »Oder wirke ich überhaupt abstoßend auf Männer? Finden Sie mich abstoßend?«
    Richter überlegte, ob er darauf eingehen sollte, rang sich schließlich zu einer Antwort durch: »Nein, ganz im Gegenteil. Ich habe Ihnen doch eben gesagt, dass ich Sie sehr attraktiv finde.«
    »Es gibt Menschen, die findet man attraktiv, und doch stoßen sie einen ab. Ich glaube, das eine hat mit dem andern nichts zu tun.« Sie machte eine Pause und fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe, die auf einmal so sinnlich wirkte. »Würden Sie mit mir schlafen wollen?«, fragte sie völlig unvermittelt und sah Richter mit beinahe hypnotischem Blick aus ihren blauen Augen an.
    »Das ist natürlich nur eine rein hypothetische Frage.«
    »Die eigentlich nicht gestattet ist. Sie sind meine Patientin, und ich bin Ihr Therapeut.«
    »Und wenn ich Sie in einer Bar oder einem Restaurant fragen würde?«
    »Das wäre natürlich etwas anderes. Aber wir sind hier nicht in einer Bar oder einem Restaurant. Deshalb streichen wir die Antwort. Einverstanden?«
    »Dann gehen Sie mit mir essen. Ich lade Sie ein. Und Sie dürfen das Lokal bestimmen.«
    »Ich bin verheiratet«, sagte Richter, der noch immer nicht begriff, was sie eigentlich von ihm wollte. Er ahnte es nur. Die Frustration einer im Stich gelassenen Frau, die auf der verzweifelten Suche nach sexueller Bestätigung war.
    »Finden Sie denn die vollkommene Erfüllung bei Ihrer Frau?«
    »Frau Maibaum, was wollen Sie wirklich von mir?«
    »Ich weiß es nicht. Ich bin einfach durcheinander. Es ist wohl heute nicht mein Tag. Entschuldigen Sie, ich sollte besser wieder gehen. Dann auch noch das mit Herrn Lewell. Ich muss mir jetzt wohl oder übel einen anderen Astrologen suchen. Können Sie mir jemanden empfehlen?«
    »Augenblick, nicht so hastig … Sprechen wir über alles. Es gibt für jedes Problem eine Lösung.«
    Richter stellte sich mit einem Mal vor, wie sie unter ihrem Kostüm aussah, spürte die Erregung in seinen Lenden, in seinem Kopf. Er versuchte sich seine Gedanken nicht anmerken zu lassen. Und er fragte sich, ob es sein könnte, dass Alexander

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