Der Jäger
herauszufinden, auch wenn wir dasschon hundertmal versucht haben, was Erika Müller und Carola Weidmann in den letzten Tagen vor ihrem Tod gemacht haben. Hier sind ein paar Hefte und Notizen der Weidmann. Schauen Sie da mal rein. Wissen Sie eigentlich irgendwas über den Mann von der Müller? Ob seine Kinder schon woanders untergebracht sind?«
Beide schüttelten den Kopf. »Nein, darum kümmern sich andere.«
Berger blickte über den Rand seiner Brille hinweg Durant und Hellmer an, noch immer den Telefonhörer am Ohr. Durant stellte sich ans Fenster und sah hinunter auf die Mainzer Landstraße, die an diesem Mittag fast leer wirkte. Hellmer hatte sich eine Marlboro angezündet und sich Berger gegenübergesetzt. Kurz darauf legte Berger den Hörer auf.
»Bevor Sie anfangen, mir etwas über Ihren Vormittag zu erzählen, eine nicht sehr erfreuliche Nachricht von Müller. Vor etwa anderthalb Stunden haben zwei Kollegen von der Schutzpolizei und eine Vertreterin des Jugendamts zum zweiten Mal an diesem Tag versucht, bei Müller reinzukommen. Er hat aber wieder nicht aufgemacht. Sie haben die Tür schließlich öffnen lassen.« Er holte tief Luft und hob die Schultern. »Er ist verschwunden, mitsamt den Kindern. Und keiner hat gesehen, wie und wann er das Haus verlassen hat, geschweige denn wo er hingefahren ist. Wir haben sein Kennzeichen an alle Dienststellen rausgegeben, doch bis jetzt ist er nirgends aufgetaucht.«
»Scheiße!«, entfuhr es Durant. »Der Kerl ist in seinem besoffenen Zustand nicht zurechnungsfähig. Hoffentlich passiert den Kindern nichts.«
»Man wird ihn schon finden. Und dann ist er die Kinder erst mal für eine Weile los. Was die Männer betrifft, die mit dieser Kassner eventuell etwas hatten, sind etwa ein Drittel überprüft worden, soweit das möglich war. Zwei sind in Urlaub, fünf auf Geschäftsreise, die anderen haben bis jetzt, wie es aussieht, ein wasserdichtesAlibi. Natürlich wollte keiner von ihnen, dass ihre Frauen davon erfahren, dass sie jemals etwas mit der Kassner zu tun hatten, aber in einigen Fällen ließ es sich nicht vermeiden, die Frauen zu fragen, wo ihre Männer sich am vergangenen Wochenende aufgehalten haben. Die meisten beteuern jedoch, dass sie seit mehr als einem Jahr keinen Kontakt mehr zu ihr hatten. Nur drei haben ausgesagt, sie seien noch vor kurzem bei ihr gewesen, doch sie habe ihnen deutlich zu verstehen gegeben, dass sie das Gewerbe aufgegeben hatte. Mal sehen, was die andern zu sagen haben. Es wird aber sicher noch ein oder zwei Tage dauern, bis alle überprüft sind.« Er machte eine Pause, zündete sich eine Zigarette an und sah auf seinen Schreibtisch. »Außerdem wurde der Computer von der Kassner abgeholt und wird im Augenblick noch durchsucht. Der Kollege meint, er könne uns das Ergebnis bis morgen mitteilen. Und jetzt zu Ihnen, was haben Sie erreicht?«
Durant kam vom Fenster herüber und setzte sich auf den Stuhl neben Hellmer. »Die Mutter von der Albertz hat die Tagebücher ihrer Tochter rausgerückt, Ilona Weidmann hat uns ein paar Hefte und Notizzettel mitgegeben, und Richter kennt zwar die Kassner, behauptet aber steif und fest, nie etwas mit ihr gehabt zu haben.« Sie hob die Schultern und fuhr fort: »Ich glaube ihm. Richter sagt, er habe in seinem ganzen Leben für Sex nicht bezahlt, und deshalb sei die Kassner für ihn auch nicht in Frage gekommen. Was ist mit den Fotos und Berichten für ihn?«
»Sind schon unterwegs. Wann können wir mit ihm rechnen?«
»Übermorgen, frühestens. Ich will ihn auch nicht drängen, er hat eine Menge auszuwerten. Je genauer das Täterprofil ist, desto besser für uns. Das war’s auch schon. Wenn’s weiter nichts gibt, dann fahren wir jetzt mal nach Bad Soden zu Herrn Kleiber, und danach versuchen wir’s bei van Dyck. Es wäre allerdings besser, erst mal bei van Dyck anzurufen, ob er überhaupt zu Hause ist. Ich habe keine Lust, den ganzen Weg umsonst zu fahren.«
Sie wählte seine Handynummer, und es dauerte einen Moment, bis er sich meldete.
»Van Dyck.«
»Hier ist Hauptkommissarin Durant von der Kriminalpolizei. Herr van Dyck, wir müssten Sie in einer dringenden Angelegenheit sprechen. Wann würde es Ihnen am besten passen?«
»Was wollen Sie von mir?«, fragte er barsch.
»Am Telefon möchte ich nicht darüber reden. Sagen Sie mir wann und wo, und ich komme mit meinem Kollegen bei Ihnen vorbei.«
»Ich bin noch im Studio. Aber ich dürfte so gegen fünf zu Hause sein. Wenn Sie meine
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