Der Jäger
fähig war. Und noch schlimmer, er empfand es als persönliche Niederlage, nicht schon längst hinter ihre so perfekte Fassade geblickt zu haben.
Er hatte ihr alles geglaubt, ihre zerrüttete Ehe, ihre angeblichen Angstzustände, die bisweilen panikartige Züge annahmen, ihre Frustration, mit einem Mann zusammenleben zu müssen, der sich schon seit Jahren nicht mehr für sie interessierte, ihr unausgefülltes Sexualleben. Sie hatte sogar gesagt, der einzige Grund, warum sie sich bis jetzt nicht von ihm getrennt habe, sei Maria gewesen. Maria und ihre Depressionen, eine leichte Ausrede, ein gefundenes Fressen für Claudia van Dyck. Alles, was sie ihm erzählt hatte, war ein einziges großes Lügengebilde, das heute Morgen zerstört worden war. Er wusste nicht mehr, was er von ihr halten, wie er sich ihr gegenüber benehmen sollte. Er hatte Angst vor ihr, vor ihrer Reaktion, wenn sie merkte, dass er etwas wusste, was er eigentlich nicht wissen sollte.
Er hatte am Nachmittag mit seinem Freund Konrad Lewell zusammengesessen und ihm von der seltsamen Begebenheit amVormittag erzählt, ohne Namen zu nennen, da Lewell die van Dycks selbst sehr gut kannte. Auch von seiner Beziehung zu Claudia van Dyck hatte er keine Ahnung. Und er hatte ihn gefragt, was er denn an seiner Stelle tun würde. Lewell hatte nur die Schultern gezuckt und gemeint, er würde zur Polizei gehen und diese Person anzeigen. Woraufhin Richter ihm geantwortet hatte, das dürfe er nicht, er sei an seine Schweigepflicht gebunden. Die Einzige, die Anzeige erstatten könne, sei die junge Frau selbst.
Und jetzt fragte Richter sich, was wohl geschähe, würde er die Beziehung für beendet erklären. Er brachte den Mut nicht auf, etwas hinderte ihn daran, vielleicht die Angst um Maria, vielleicht aber auch die Angst um seinen guten Ruf. Er wusste, sie wäre fähig, ihn in aller Öffentlichkeit bloßzustellen, zu sagen, er, der große Psychoanalytiker und -therapeut Richter, habe mit der Frau eines seiner besten Freunde seit langem ein Verhältnis gehabt. Ihr hätte es nichts ausgemacht, ihre Ehe war ohnehin ein Trümmerhaufen, in der jeder seiner eigenen Wege ging. Sie hätte nur gelacht und ihn verspottet. Er kannte sie zu gut, sie konnte schnurren wie ein Kätzchen, fauchen wie ein Tiger, schnell beleidigt und im Gegenzug großmütig sein, sie war eine Meisterin im Bett, wenn auch nicht ganz zu vergleichen mit Jeanette Liebermann, ihre Liebe zeigte bisweilen exzessive Züge, aber sie konnte auch hassen wie kaum eine andere Frau.
»Warum siehst du mich so komisch an?«, fragte sie und löste sich von ihm.
»Wie sehe ich dich denn an?«
»Auf jeden Fall nicht so liebevoll wie sonst«, schmollte sie gekünstelt.
Er lächelte wieder, was ihm diesmal besser gelang. »Claudia, ich habe wirklich einen harten Tag hinter mir. Ich möchte mich jetzt erst mal setzen.«
»Bist du heute nicht scharf auf mich?« Sie stand in aufreizenderPose vor ihm, während er auf der Bettkante saß, beugte sich nach vorn, wodurch ihre Brüste noch größer wirkten. Sie küsste seine Stirn, seinen Mund, stieß ihre Zunge hinein, und er spürte einen kräftigen Druck ihrer Hand zwischen seinen Schenkeln. »Ich brauche dich heute«, flüsterte sie mit heißem Atem. »Ich erfülle dir auch jeden Wunsch.« Sie gab ihm einen leichten Schubs, er ließ sich aufs Bett fallen. Sie öffnete seine Hose, massierte sanft seine Hoden, er wurde willenlos unter ihren Berührungen.
Hatte er vorhin noch den Vorsatz gehabt, nicht mit ihr zu schlafen, so gelang es ihm nicht, ihr zu widerstehen. Sie hatte ihr Kleid ausgezogen und trug jetzt dunkelblaue Dessous, einen transparenten BH, einen ebenso transparenten Slip mit hohem Beinausschnitt und halterlose Seidenstrümpfe. Sie wusste, wie sehr er blaue Seide liebte.
»Gefällt dir meine Unterwäsche?«, fragte sie und knabberte an seinem rechten Ohr. Ihr heißer Atem streichelte sein Gesicht. »Ich habe sie mir letzte Woche gekauft. Und jetzt rate mal, wo?«
»Keine Ahnung.«
Sie knöpfte sein Hemd auf, küsste seine Brust, ihr Mund ging tiefer. Sie sah seinen Penis an und sagte, während sie ihn streichelte: »Auf einer Dessousparty. Nur Frauen – und jede Menge Dessous. Und weil ich weiß, wie sehr du solche Sachen magst, hab ich mir einfach ein paar davon zugelegt. Die andern kriegst du aber heute noch nicht zu sehen.« Sie rieb kräftig seinen erigierten Penis, nahm ihn in den Mund. Richter stöhnte auf. Wenn er jemals eine Frau gekannt hatte,
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