Der Jäger
unter demselben Sternzeichen geboren wurden, mehr nicht.«
»Wahrscheinlich hast du Recht«, sagte Durant nachdenklich und blieb stehen. »Und wie geht es jetzt weiter?«
»Wir sollten auf jeden Fall einen Astrologen oder eine Astrologin einschalten. Zumindest soll der- oder diejenige uns sagen, was an Skorpionen so besonders ist.«
»Kennst du …?«
»Nein«, antwortete Hellmer mit energischem Kopfschütteln und nahm einen langen Zug an seiner Zigarette, »
ich
kenne niemanden! Schau im Branchenverzeichnis nach, ob es da einen Eintrag über Astrologen gibt.«
Julia Durant ging an den Aktenschrank, holte die gelben Seiten heraus und setzte sich Hellmer gegenüber. Sie blätterte, bis sie die Rubrik Astrologen fand.
»Ich hab’s. Es gibt einen Astrologischen Arbeitskreis e. V. und mehrere Astrologen. Aber hier, der fetteste Eintrag ist eine gewisse Ruth Gonzalez, astrologisch-psychologische Beratung. Sie wohnt in Sachsenhausen oder hat dort ihr Büro. Vielleicht sollten wir uns mal mit der in Verbindung setzen.«
»Da ist das Telefon«, sagte Hellmer scheinbar gelangweilt und drückte seine Zigarette aus.
»Es ist schon halb zehn durch.«
»Na und? Wenn sich nur ihr Anrufbeantworter meldet, dann versuchen wir’s eben morgen früh. Außerdem denke ich sowieso, dass wir für heute genug gemacht haben.« Er gähnte laut und schüttelte sich. »Und außerdem bin ich hundemüde.«
Julia Durant erwiderte nichts, nahm den Hörer in die Hand und wählte die Nummer von Ruth Gonzalez. Sie wollte nach dem sechsten Klingeln bereits auflegen, als sich eine herbe weibliche Stimme meldete.
»Ja, bitte?«
»Frau Gonzalez?«, fragte Durant.
»Ja.«
»Hier ist Durant von der Kriminalpolizei. Entschuldigen Sie,dass ich so spät noch störe, aber es geht um eine etwas heikle Angelegenheit …«
»Kriminalpolizei?«
»Ja. Ich habe Ihre Nummer aus dem Branchenverzeichnis und möchte Sie fragen, ob es möglich wäre, dass mein Kollege und ich morgen mal bei Ihnen vorbeischauen?«
»Und um was geht es, wenn ich fragen darf?«
»Am Telefon möchte ich eigentlich nicht darüber sprechen. Hätten Sie morgen Zeit für uns? Es könnte sein, dass wir Ihre Hilfe benötigen.«
»Die Polizei und meine Hilfe?« Sie lachte warm und kehlig auf. »Warten Sie, ich sehe in meinem Kalender nach, dann kann ich Ihnen sagen, wann ich einen Termin frei habe.«
Julia Durant hörte es rascheln, schließlich sagte Ruth Gonzalez: »Es würde morgen Vormittag zwischen Viertel nach neun und zehn gehen, danach erst wieder nach achtzehn Uhr.«
»Dann sind wir um Viertel nach neun bei Ihnen. Und nochmals vielen Dank, und entschuldigen Sie die späte Störung. Moment bitte, eine Frage hätte ich doch noch. Von wann bis wann dauert das Sternzeichen Skorpion?«
»Es kommt drauf an. In der Regel vom 23. oder 24. Oktober bis zum 21. oder 22. November.«
»Vielen Dank. Bis morgen früh dann.«
Durant legte auf, lehnte sich zufrieden zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt.
»23. Oktober«, sagte sie triumphierend, als hätte sie eben den großen Durchbruch geschafft. »Die Kassner ist Skorpion. Er hat es tatsächlich auf dieses Sternzeichen abgesehen.«
Sie schloss müde und erschöpft die Augen. Der Tag hatte an ihren Kräften gezehrt, aber zum ersten Mal sah sie einen Silberstreif am Horizont. Sie wusste jetzt zumindest, auf was für Frauen sich der Täter spezialisiert hatte. Skorpione. Und irgendetwas sagte ihr, dass sie bald einen entscheidenden Schritt weiterkommenwürden. Vielleicht schon morgen Vormittag bei dieser Gonzalez.
»Okay, Frank, gehen wir. Jetzt schaffst du es sogar noch, vor elf zu Hause zu sein. Ist doch schon was, oder?«, sagte sie grinsend. »Und morgen früh lassen wir uns von der Gonzalez mal in die hohe Kunst der Astrologie einführen.« Sie erhob sich, streckte sich ein weiteres Mal, nahm die Tagebücher von Juliane Albertz, in die sie nachher noch ein paar Blicke werfen würde, mehr aber auch nicht. Um kurz vor zehn gingen sie gemeinsam zu ihren Autos. Hellmer fuhr vor ihr aus dem Präsidiumshof.
Dienstag, 21.55 Uhr
Der Himmel war sternenklar, die Luft kühl. Julia Durant fröstelte, als sie in ihren Corsa stieg. Sie drehte den Heizungsregler auf die höchste Stufe und stellte das Radio laut. Ihr war nicht nach Schmusemusik, sie brauchte jetzt etwas Härteres, und so suchte sie nach der Kassette von Gun’s n Roses und legte sie ein. Als sie am Schauspielhaus vorbeikam, wurde es allmählich warm im
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