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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Fleckchen hätte meilenweit von jeder menschlichen Ansiedlung entfernt sein können, und wer auf der Straße vorbeiritt, würde nicht ahnen, daß sie hier waren. »Galbert wird uns suchen«, meinte sie.
    »Wenn er uns nicht findet, reitet er nach Hause. Ich hoffe nur, er wird nicht in irgendwelche Schwierigkeiten verwickelt. Ihr habt gesehen, was im ›Kaiserelefanten‹ los ist; die ganze Stadt ist in dieser Stimmung.«
    »Die Stadt ist in der Stimmung, das Jüngste Gericht zuerwarten«, sagte Aude, erstaunt über den Sarkasmus in ihren Worten. Wie es schien, hatte Philipps Defätismus sie angesteckt.
    »Nicht alle, nur die Pilger«, widersprach Philipp. »Die Bürger haben weltlichere Probleme: aufweiche Seite sie sich schlagen sollen, Kaiser oder Papst.«
    Aude trat ein wenig auf der Stelle herum, dann strich sie ihr Kleid glatt und setzte sich neben Philipp auf den Boden. Die Sonne und die leichte Brise hatten ihn von den vergangenen Regenfällen getrocknet, und die Birkenblätter des letzten Herbstes waren schwache goldene Einsprengsel im dichten, saftgrünen Gras.
    »Galbert glaubt daran, daß bald die Welt untergeht«, sagte Aude.
    »Da hat er eine Menge Gesinnungsgenossen.«
    »Er sagte, der Mann, dessen Haus von den Gesetzlosen überfallen wurde, hätte ihn überzeugt.«
    »Lambert?« Philipp sah auf. »Ich hätte es mir denken können. Daher sein Gerede, daß alles egal sei.«
    »Angeblich soll jener Lambert vor seinem Herrn geflohen sein.«
    »Ich hatte Lambert von einem Händler, den ich gut kenne, in den Dienst meines Herrn übernommen. Der Händler versicherte mir, er wüßte nichts Schlechtes über ihn.«
    »Vielleicht tat er gut daran zu fliehen. Galbert sagte, er fürchtete um sein Leben. Er hatte Angst, verhext zu werden.«
    »Verhext zu werden?« Philipp keuchte. »Lieber Himmel, ich weiß, welchem Herrn Lambert davongelaufen ist. Radolf!« Er schlug sich vor die Stirn. »Mein Gott. Lambert war Radolfs Knappe. Deshalb konnte er gut mit Pferden umgehen, und deshalb verstand er nichts von der Bauernarbeit. Und er lief vor seiner Furcht weg zu mir, und ich habe ihn aufgenommen und ihm so den Tod gebracht.« Aude sah ihn überrascht an. Sein Gesicht war blaß und verkniffen, aber es kam nicht nur von seinen revoltierenden Eingeweiden.
    »Wollt Ihr Euch auch seinen Tod aufladen? Nach dem Ende der jüdischen Geldverleiher?«
    »Ich will ihn mir nicht aufladen, ich sage nur, was die Tatsachen sind.«
    »Auf Eure so ganz rationale Weise.«
    »Genau so«, versetzte Philipp bissig.
    »Auf die gleiche Weise, wie Ihr ganz rational beschlossen habt, Euch zu betrinken. Für beide Tode auf einmal, damit Euch nur einmal schlecht wird.« Sie sah sofort, daß ihre Worte ihn mehr verletzt hatten, als sie beabsichtigt hatte. »Das wollte ich nicht sagen«, erklärte sie.
    »Und ich wollte es nicht hören.«
    »Auf der anderen Seite«, rief sie mit wiedererwachendem Unmut, »seid Ihr selbst daran schuld, daß es mir herausgerutscht ist. Euer dauerndes Ausweichen macht mich wütend.«
    »Wovor weiche ich denn aus?« murmelte Philipp. »Ich wollte, ich wäre dem verdammten Weinschlauch ausgewichen.«
    »Da, Ihr fangt schon wieder an. Wann immer Euch etwas nahegeht, flüchtet Ihr Euch. Ihr flüchtet nach vorn in einen Scherz, eine dumme Bemerkung, und wenn das nicht geht, dann kauft Ihr Euch einen Schlauch voller Wein und flüchtet Euch dort hinein.«
    »Ein Mann darf sich doch wohl einmal betrinken, wenn ihm danach ist.«
    »Wenn ich das schon höre. Warum ist Euch denn nachTrinken? Weil ihr fröhlich seid und Euch den guten Geschmack von Wein dazu leisten wollt?«
    Philipp schüttelte verdrossen den Kopf. Aude beschloß, ihn nicht zu Wort kommen zu lassen.
    »Warum seid Ihr aus dem Kloster ausgetreten?« fragte sie. Philipp hob den Kopf und sah sie verblüfft an. »Nun sagt schon: warum?« wiederholte sie.
    Er antwortete ihr so lange nicht, daß sie zu befürchten begann, mit ihrer Frage die Grenze überschritten zu haben, die er ihr zubilligte.
    »Weil ich nicht dorthin gehörte«, sagte er dann. »Woher wißt Ihr das?«
    »Da gibt es nichts zu wissen. Manche Dinge kann man fühlen.«
    »Und was habt Ihr gefühlt?«
    Er warf ihr einen prüfenden Seitenblick zu. Es dauerte wiederum lange, bis er sprach. Allmählich kehrte Farbe in sein Gesicht zurück.
    »Die Brüder in einem Kloster sind Teil einer Gemeinschaft. Ich war es nicht. Das konnte ich fühlen.«
    »Haben sie es Euch auch fühlen lassen?«
    »Nein. Nein, nicht

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