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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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wirklich. Sie haben mir sogar angeboten dazuzugehören. Als ich noch ein Knabe war. Auf ihre Weise. Johannes ...«, er stockte. Aude beugte sich nach vorn.
    »Was ist mit Johannes?« fragte sie sanft. »War er Euer Freund?«
    »Nein. Ich hatte dort keine Freunde.«
    »Da seid Ihr im gleichen Irrtum befangen wie immer. Ihr habt keine Freunde auf dem Hof, Ihr hattet keine Freunde im Kloster. Johannes wäre gern Euer Freund gewesen, Ihr habt nur nicht zugelassen, daß er es wurde.«
    »Wie wollt Ihr das denn wissen?«
    »Es gibt Dinge, die teilen sich einer Frau nach ein paar Momenten mit. Daß er sich dazu durchrang, wegen Geoffroi im Kloster herumzufragen, tat er nicht für mich. Daß er Euch trotz Eurer harten Worte nochmals in das Archiv führte.«
    »Was weiß ich«, stieß Philipp hervor. »Ich weiß nur, als wir Knaben waren ...«
    »Habt Ihr Euch geliebt? Ich meine: körperlich?« Sie hatte nicht gedacht, daß sie es herausbringen würde, was sie schon die ganze Zeit über von Johannes vermutet hatte. Sie merkte, daß sich ihre Wangen röteten, und sie hielt die Luft an. Es war nicht ihre Art, lange mit den Dingen, die sie sich dachte, hinter dem Berg zu halten, aber Philipp war doch ein Fremder und ihre Frage mehr als intim. Philipp starrte den Boden an und sah ihr nicht ins Gesicht. Sie war erstaunt, wie ruhig seine Stimme war, als er antwortete: »Er wollte es, glaube ich ... und einmal habe ich ...«, er schüttelte den Kopf in Erstaunen und Bestürzung gleichermaßen. Aude wartete, und wie sie gehofft hatte, begann er wieder zu sprechen.
    »Er hatte eine Schar von Novizen um sich versammelt, als wir alle zwölf, dreizehn, vierzehn Jahre alt waren. Nur die klügsten Köpfe. Es gab ein Aufnahmeritual in diesen Kreis. Manche von den älteren Mönchen wußten davon, manche nicht.« Er räusperte sich. »Es bestand darin, nachts mit ihm und einem anderen der bereits Aufgenommenen zur Latrine zu schleichen und sich zu entblößen. Weiter nichts. Wenn man es tat, war man aufgenommen.«
    »Ihr habt es nicht getan.«
    Philipp biß die Zähne zusammen und antwortete nicht. Aude erkannte, daß er nicht darüber sprechen würde. »Ihrhabt es getan«, sagte sie hellsichtig, »aber etwas ging schief.«
    »So kann man es nennen«, knurrte Philipp heiser. »Hört, Aude, ich will nicht darüber reden.« »Warum?«
    Er sah auf und starrte ihr verwundert ins Gesicht. »Es gehört sich nicht, so offen zu sprechen.« »Weil ich eine Frau bin?«
    »Weil Ihr nicht meine Frau seid.«
    Sie seufzte; als sie in seine Augen sah, erkannte sie, wie ihm bewußt wurde, daß er zum zweitenmal ihre Freundschaft zurückgewiesen hatte. Sie sah, daß es ihn schockierte. Er suchte nach Worten.
    »Als ich fünfzehn war, beobachtete ich einen der Knechte meiner Eltern beim Fischen im Fluß«, sagte sie im Erzählton. »Es war ein heißer Sommer. Er hatte seinen Kittel ausgezogen und stand mit entblößtem Oberkörper im Wasser, ein grobes Netz in den Händen. Er war ein junger Mann, vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt. Ich hatte ihn vorher nie eines Blickes gewürdigt, aber jetzt, während ich im Gebüsch lag und ihm zusah, begann er mir zu gefallen. Die Sonne brannte auf seinen Rücken, und er bewegte sich kaum, um die Fische in Sicherheit zu wiegen. Der Fluß warf zuckende Reflexe auf seinen Brustkorb und seinen Bauch; die Arme hielt er halb ausgestreckt, die Hände leicht gekrümmt, als würden sie das vom Wasser durchflutete Netz weniger halten als liebkosen. Ich stellte mir vor, seine Hände würden statt dessen auf meinen Hüften liegen, und dann stellte ich mir vor, wie es wäre, wenn diese Hände von meinen Hüften aus nach oben wandern würden, zu meinen Rippen, und von da zu meinen Brüsten, und ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn andere Händeals meine eigenen mich dort berühren würden. Ich wußte, daß dieser Gedanke sündig war und nicht sein durfte, und ich dachte an Geoffroi, der irgendwo im Herzogtum unterwegs war und dem ich versprochen war, und dann dachte ich daran, wie die Hände des Knechts von meinen Brüsten zu meinem Bauch hinunterwandern würden, von meinem Bauch zu meinen Schenkeln ...«, sie räusperte sich und wagte nicht, Philipp in die Augen zu sehen, aber sie fuhr mit ihrer Erzählung fort: »Ich spürte eine Berührung dort, wohin ich mir die Hände des Knechts wünschte, und ich erschrak beinahe, denn ohne daß ich es merkte, hatten sich meine eigenen Hände unter meinen Rock bewegt. Ich brachte es

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