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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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lag er hier genau an dieser Stelle, und die Gassenjungen räumten seine Tasche aus, ohne daß ich etwas dagegen unternommen hätte.«
    »Deshalb habt Ihr Euch in der Herberge seiner angenommen.«
    »Ja, und jetzt sitze ich hier, und Ihr nehmt Euch meiner an. Ist es nicht wunderbar, wie sich der Kreis schließt?« Er schüttelte den Kopf und machte ein betroffenes Gesicht, das seine sarkastischen Worte Lügen strafte. Aude seufzte; plötzlich fragte sie sich, wie sie ihn lächerlich oder verächtlich hatte finden können. Er war nur betrunken, das war alles. Irgend etwas in ihm hatte für einen Moment nachgegeben und nach Betäubung verlangt. Sie zupfte ihren Rock zurecht und setzte sich kurzerhand neben ihn auf den Boden. Die wenigen Menschen, die sich auf dem unliebsamen Platz in der Nähe des spritzenden Brunnens befanden, rückten noch weiter auseinander und warfen ihnenmißtrauische Blicke zu, und das Pferd nutzte die Gelegenheit und stapfte ein paar Schritte beiseite. Auf einmal stand es zwischen ihnen und den Besuchern des Domhofes und gab ihnen eine seltsame Art von Intimität.
    »Er schließt sich nicht«, sagte sie ernst. »Als ich in die Stadt kam, sah ich den Galgen. Man hat zwei der Geldverleiher aufgehängt, mit denen wir gesprochen haben.« Philipp nickte. Sein Gesicht war plötzlich bitter. »Es heißt, ben Petachya und ben David hätten seit langem Gegenstände aus christlichen Kirchen stehlen lassen oder angekauft, um sie für ihre eigenen kultischen Zwecke zu entweihen. Durch den Fang des einen wäre man auch auf die Machenschaften des anderen gekommen. Alles Lüge.«
    »Wieso seid Ihr da so sicher?«
    »Weil ich weiß, weshalb man Benjamin ben Petachya getötet hat.«
    »Und weshalb?«
    »Weil er die Schriften seiner Glaubensgenossen verwahrt hat. Und weil ich mein verdammtes Maul nicht halten konnte.« Er holte aus und schlug sich grob mit der Faust auf den Mund. Als er zum zweitenmal ausholte, nahm Aude seine Hand und hielt sie fest. Widerwillig ließ er sie zu Boden sinken. Auf seinen Lippen formte sich ein roter Fleck. Er sah sie an, und Aude erkannte die Scham und die Verwirrung in seinem Blick.
    »Was habt Ihr mit seinem Tod zu tun?«
    »Ich habe vor ein paar Tagen in Radolfs Haus erwähnt, daß die Juden ihre Schriften versteckten. Ich dachte zuerst, Ernst hätte mir gar nicht zugehört. Aber er hat es wohl getan.«
    »Wer ist Ernst?«
    »Ernst Guett’heure. Radolfs Kampfgefährte aus dem Pilgerzug. Oder auch nicht, denn ich wette um alles, was ich besitze, daß keiner von den beiden das Heilige Land auch nur von weitem gesehen hat. Aber das ist egal. Jetzt ist er ohnehin tot.«
    »Ich glaube nicht, daß ich Euch folgen kann.«
    »Ich kann mir selbst nicht folgen«, erklärte Philipp und begann unmotiviert zu kichern. »Ich bin mir immer zwei Schritte voraus. Oder einen hinterher.«
    »Wollt Ihr mir nicht trotzdem erläutern, wovon Ihr sprecht?«
    »Da gibt’s nichts zu erläutern, werte Aude. Ich habe Ernst verraten, daß jemand die Dokumente des Juden vierteis aufbewahrt. Er hat dafür gesorgt, daß der Bewahrer beseitigt wurde und man die Dokumente verbrannte. Er hat schon die ganze Zeit nach den Unterlagen gesucht, deshalb hat er auch dafür gesorgt, daß man Yohai ben David die Monstranz unterschob. Da wußte er noch nicht, daß er an der falschen Stelle suchte. Ich bin sicher, daß Jehuda Meir das gleiche wie ben David passiert wäre, wenn er nicht Benjamin ben Petachya vorher gekriegt hätte und sich mit Meir nicht mehr abzugeben brauchte. Sonst hätte er einfach systematisch jeden von ihnen vernichtet, einen nach dem anderen.«
    »Wollt Ihr damit sagen, daß dieser Ernst Guett’heure versucht hat, alle jüdischen Geldverleiher beiseite zu schaffen?«
    »Ich will sagen, daß es ihm darauf ankam, ihre Dokumente zu zerstören«, stöhnte Philipp und vergrub das Gesicht in den Händen.
    »Aber warum? Was hatte er davon, zum Teufel? Hatte er so hohe Schulden, daß sie ihm ein Mordkomplott wert waren? Das hätten ja ungeheure Summen sein müssen.«Plötzlich sah er auf und fixierte Aude scharf. »Er sagte, sein Gut läge gleich jenseits der Grenze. Jemand, der so viel Geld verbraucht, muß landauf, landab bekannt sein. Sagt Euch der Name gar nichts: Guett’heure?«
    Aude überlegte, aber es dauerte nicht lange. Sie schüttelte den Kopf. »Es gibt in der ganzen Champagne, in Vermandois und in Artois kein Gut, dessen Herr einen solchen Namen trüge«, sagte sie.
    Philipp sagte etwas,

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