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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sich voller Leidenschaft. Ihre Kutten hatten sie bis zum Bauchnabel gerafft, und beide waren damit beschäftigt, sich gegenseitig zu liebkosen.«
    Philipp schwieg. Aude hatte das Gefühl, er hätte liebend gerne noch etwas ins Wasser geworfen. Als wollte er sie darin bestätigen, griff er blind nach einer Handvoll Kieselsteinen und schleuderte sie von sich.
    »Ich kann nichts Schlimmes entdecken«, sagte Aude vorsichtig. »Weder an dem, was Ihr beobachtet habt, noch daran, daß Ihr über diese Szene quasi gestolpert seid.«
    »Das Schlimme war«, stieß Philipp hervor, »daß ich in diesem Moment eine brennende Eifersucht auf den anderen Novizen verspürte. Es war nicht das Geschlechtliche an der Sache, ich hätte das nicht gewollt – es war das Gefühl der Verbundenheit zwischen den beiden, eine Verbundenheit, die ich mir mit Johannes für mich selbst gewünscht hätte. In diesem Moment war ich kurz davor, mich mit Johannes ebenfalls der Sodomie hinzugeben, nur um diese Nähe zu schaffen.«
    »Ihr habt es aber nicht getan.«
    »Nein, ich habe es nicht getan. Es erschien mir ... Ich weiß nicht.«
    »Widernatürlich?«
    »Es war nichts Widernatürliches an dem, was ich gesehen hatte. Ich sah nur die Leidenschaft, die die beiden verband. Aber ich wußte, es war nicht meine Art der Leidenschaft – und doch wäre ich in jenem Augenblick imstande gewesen, mich ihr zu unterwerfen.«
    »Ihr habt Johannes auf Eure Art geliebt. Zu anderen Zeiten und unter anderen Umständen wärt Ihr vielleicht Freunde geworden – unter Zeiten und Umständen, die die Art der Liebe nicht vor die Liebe an sich stellen.«
    »Als ich mich zurückzog, schlug Johannes die Augen auf. Wir waren nur ein paar Schritt voneinander entfernt. Er sah mich. Und ich sah in seinen Augen dieselben Gefühle, die ich eben selbst verspürt hatte. Ich hastete aus dem Gebüsch und lief zu einem Baum, unter dem ich mich wie betäubt niederwarf. Ein paar Augenblicke später tauchten Johannes und der andere Novize aus den Beeren auf. Sie kamen an getrennten Stellen und nicht gleichzeitig heraus, offensichtlich hatten sie darin einige Routine. Johannes kam an mir vorbei und nickte mir zu, ohne etwas zu sagen. Er bat mich niemals darum, meine Entdeckung für michzu behalten. Aber natürlich sagte ich keinem Menschen jemals ein Wort davon.«
    »Wenn man liebt, verliert man sich immer ein wenig«, erklärte Aude. »Daran ist zuerst einmal nichts falsch. Als ich mit jenem Knecht ins Gebüsch ging und ihn verführte, war ich auch für ein paar Momente verliebt. Nicht in ihn, sondern in die Lust, die er mir bereiten würde. Ich habe sie ausgekostet und bin danach zu mir selbst zurückgekehrt.«
    »Ich hätte mich total verloren, bis hin zur Unterwerfung unter eine Art der Liebe, von der ich nichts verstand«, begehrte Philipp auf. »Und wer weiß, ob ich mich jemals wiedergefunden hätte.«
    »Ihr hättet Euch wiedergefunden. Ihr unterschätzt Eure eigene Stärke und die Geradheit Eures Charakters.«
    »Ich weiß nicht ... Es ist schwierig, das zuzulassen. Und es braucht eine Menge Vertrauen in den Menschen, bei dem man das zulassen will.«
    »Und Vertrauen wird oftmals enttäuscht, ich weiß. Dagegen ist nichts zu machen. Ihr habt nur die Wahl zwischen zwei Dingen: immer wieder von neuem einem Menschen zu vertrauen, dem Ihr Liebe entgegenbringt, oder nie mehr wieder zu vertrauen. Im ersteren Fall werdet Ihr immer wieder einmal verletzt werden – im letzteren Fall werdet Ihr niemals wieder Liebe verspüren.«
    Philipp wandte den Blick vom Boden ab und sah ihr ins Gesicht. Was das harte Mondlicht in seinen Zügen enthüllte, war mehr, als sie zu lesen imstande war. Sie beugte sich zu ihm hinüber. Seine Augen waren groß und glitzerten im Mondschein. Sie fühlte das Beben durch ihren Körper schießen, noch bevor ihre Lippen seinen Mund berührten, und als sie es taten, keuchte sie unwillkürlich.
    Sie fühlte, wie seine Hand über ihren Oberarm strich und sich dann unter ihr Haar schob und um ihren Nacken legte, mit einer leichten, mehr als zarten Berührung, die weniger Leidenschaft als das Bedürfnis auszudrücken schien, sie zu beschützen. Seine Lippen öffneten sich, und sie tastete mit der Zunge in seinen Mund, die Augen bereits geschlossen, um sich dem süßen Gefühl hinzugeben, das sie erwartete. Er erwiderte ihren Kuß mit einer seltsamen Scheu, die sie ihm nicht zugetraut hätte, und plötzlich fürchtete sie, daß er seine Angst, sich zu verlieren, einmal

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