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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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zurückhalten.
    Er sagte: »Ich liebe dich.«

Zwischenspiel
    I rgendwann hatte Rasso das Gefühl für die Zeit verloren. Der Wechsel zwischen Tag und Nacht ließ sich zwar am Ausmaß der Helligkeit verfolgen, die in die Kerkerzelle sickerte, aber er hatte nicht daran gedacht, die einzelnen Tage mit Strichen an der Wand oder einer Sammlung von Strohhalmen zu dokumentieren. Nicht, daß er in der Lage gewesen wäre, über eine bestimmte Anzahl hinaus zuverlässig zu zählen – doch zumindest hätte er feststellen können, ob er schon lange hier war oder nicht. Auf sein Gefühl war diesbezüglich kein Verlaß: Er fühlte sich, als hielte er sich schon seit Ewigkeiten in diesem Kellerloch auf, mit nichts anderem zu tun, als zu schlafen, den erbärmlichen Fraß zu essen, der ihm in unregelmäßigen Zeitabständen gereicht wurde, den Fraß unter Krämpfen wieder auszuscheiden, blicklos in die Düsternis zu starren und danach wieder zu schlafen. Es gab niemanden, mit dem er reden konnte, nichts, das er tun konnte – außer seine immer tiefer werdende Verzweiflung zu bekämpfen und sich zu fragen, was wohl aus Fulcher geworden war.
    Die Büttel hatten ihn und Fulcher in den Magistrat geschleppt. Fulcher war halb bewußtlos gewesen vor Schmerz; sein Gesicht hatte übel ausgesehen. Liutfried war zu diesem Zeitpunkt im Sterben gelegen oder bereits tot gewesen. Im Magistrat hatten sie Rasso mit dem Ende eines Spießes bewußtlos geschlagen. Erwacht war er hier, ohnezu wissen, wo er sich befand, mit einem brummenden Schädel und einer klebrigen Maske aus getrocknetem Blut im Gesicht. Er war nicht angekettet worden, und am Geruch ließ sich rasch feststellen, daß dieses Loch seit langem eher als Vorratsraum denn als Kerkerzelle verwendet worden war. Vage war ihm klar, daß ihre Verhaftung mit dem Streit zusammenhing, den Fulcher mit den Päpstlichen vom Zaun gebrochen hatte; aber weshalb er hier festgehalten wurde und warum sich weder der Kanzler noch ihr Scharführer um sein Verbleiben kümmerten, verstand er nicht. Immerhin hatten sie die Ehre des Kaisers verteidigt; und bitter hatten sie es bezahlt, am bittersten Liutfried.
    Als die Tür zu seiner Zelle aufging anstatt der Klappe, durch die das Essen geschoben wurde, und eine Gestalt dem Licht einer Fackel folgte, blinzelte er erstaunt in die Helligkeit. Die Gestalt baute sich vor ihm auf und leuchtete ihm mit der Fackel ins Gesicht. Spät kam ihm der Gedanke, daß er aufstehen sollte, aber der Mann zog bereits sein Schwert und hämmerte Rasso den Knauf an die Schläfe. Im Fallen registrierte Rasso, daß der Mann in den Farben des Kanzlers gekleidet war, denselben Farben, die schmutzstarrend auch an seinem Körper hingen, aber es war keine Zeit mehr zum Staunen, denn der Boden kam auf ihn zu und traf ihn mitten ins Gesicht.
    Der Mann brummte und steckte sein Schwert wieder zurück. Er wandte sich zu einem zweiten Mann um, der die Tür und den Blick in die Zelle blockiert hatte, und nickte. Der zweite Mann trat beiseite.
    »Der Kerl ist tot, Wächter«, sagte der Mann mit der Fackel in ungeduldigem Ton.
    Der Wächter, der draußen gewartet hatte, ebenfalls in den Farben des Kanzlers gekleidet, spähte erstaunt zur Tür herein. »Gestern war er noch am Leben; wenigstens saß er aufrecht«, erklärte er.
    »Jetzt ist er jedenfalls so tot wie Julius Cäsar.«
    »Ich verstehe das nicht ...«
    »Was soll das, Mensch! Du läßt hier einen Gefangenen verenden, ohne daß der Kanzler Gelegenheit gehabt hätte, mit ihm zu reden!«
    »Er muß sich selbst getötet haben ... Vielleicht hat er seine Zunge verschluckt ...«
    »Zunge verschluckt, so ein Blödsinn. Los, wir nehmen die Leiche mit. Du kannst froh sein, wenn du nicht bald an seiner Stelle hier sitzt!«
    »Ihr werdet doch nicht sagen, daß ich daran schuld bin? Ich kann nichts dafür, daß er abgekratzt ist!«
    »Na«, brummte der Mann mit der Fackel etwas versöhnlicher, »natürlich werden wir nichts dergleichen sagen. Vielleicht regt sich der Kanzler auch gar nicht auf. Häng die Sache bloß nicht an die große Glocke, dann tun wir es auch nicht.«
    »Ich kann das Maul halten«, versicherte der Wächter.
    Der Mann mit der Fackel machte eine Kopibewegung zu seinen beiden Begleitern hin. »Also, packt ihn, und dann nichts wie raus hier.«
    Rasso erwachte, weil ihm jemand eiskaltes Wasser ins Gesicht goß. Bevor sein Gehirn zu arbeiten begann, schlürfte er schon gierig; ein zweiter Guß brachte ihn vollends zu Bewußtsein. Er

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