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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Schritten dem Ausgang der Kirche zu; sein Gesprächspartner war zurückgeblieben und sah gedankenverloren ins Leere.
    Zu Rassos Erstaunen glitt ein dritter Mann aus dem Schatten einer Seitenkapelle heraus. Während Rasso sich weiterhin am Kerzenständer zu schaffen machte, trat der dritte Mann herzu.
    »Hast du diesen Idioten mit den Kerzen gesehen?« brummte der Gesprächspartner des Kanzlers und deutete unverhohlen auf Rasso. »Einen Augenblick dachte ich, er ist ein gedungener Meuchelmörder Peter von Vineas und sticht mich ab.«
    »Mein Messer hätte ihn eher erwischt«, erklärte der Neuankömmling gleichmütig.
    »Dabei ist er nur ein Schwachkopf. Du solltest dich von ihm segnen lassen, der Segen eines Debilen hat große Kraft.«
    Der neue Mann sah interessiert zu Rasso hinüber. »Wenn Ihr erlaubt, Exzellenz?« Der Gesprächspartner des Kanzlers machte eine großzügige Handbewegung, und der Neuankömmling trat zu Rasso und sah ihm erwartungsvoll ins Gesicht, bevor er den Kopf neigte. Rasso murmelte mit zusammengebissenen Zähnen und hochrotem Kopf: »Gott segne dich.« Der Mann machte das Kreuzzeichen und trat zurück.
    Der andere hatte den Gedanken an Rasso bereits wieder verdrängt.
    »Was hat er damit gemeint, daß er sich nur bestätigen lassen will, was er schon längst weiß? War das nur ein Schachzug? Ich kann mir nicht vorstellen, daß Radolf ... Ernst hat ihn doch Tag und Nacht überwacht«, murmelte er nachdenklich. »Egal! Setz eine Botschaft an Ernst auf. Er soll Radolf die Dokumente mit Gewalt nehmen; der Zeitpunkt, auf den wir gewartet haben, ist endlich da.« Er zögerte einen kleinen Moment. »Schreib dazu, daß wir Radolf nicht mehr brauchen. Der Mann kann seinen Frieden finden, wenn es nach mir geht. Und Ernst soll noch ein zweites Grab vorbereiten: für unseren Freund hier, falls er sich doch nicht umstimmen läßt.«
    »Darf ich Euch an die Geißler erinnern? Sie wollen heute hier in Köln ihren Mummenschanz vorführen.«
    Rasso spitzte plötzlich die Ohren. Was mit den Geißlern geschah, interessierte ihn seit dem Gespräch an der Kirchentür außerordentlich.
    »Natürlich. Ernst soll seine Männer anweisen loszuschlagen, wenn sie wieder abgezogen sind.«
    »Loszuschlagen?«
    Der dunkle Mann nahm seinen aus der Kapelle aufgetauchten Knecht beim Arm und führte ihn zum Ausgang. »Er soll sie vom Erdboden fegen lassen«, sagte er und nickte Rasso zum Abschied freundlich zu.
    Auf dem Weg vom Dom zurück zur Deutschordens-Kommende hatte Rasso Zeit nachzudenken. Es war ein schwieriger Prozeß, der seinem Gehirn gänzlich unbekannte Muskeln abverlangte, aber als er sich Sankt Johann gegenüber der Kommende näherte, hatte er den Prozeß mühsam abgeschlossen. Er hatte ihm einige überraschende Erkenntnisse beschert. Die Folge davon war, daß er mit seiner Kapuze über dem Kopf durch das Tor schritt, von den Wachen unbehelligt, und anstatt sich bei Burchardt zurückzumelden schwitzend und mit klopfendem Herzen über den Hof in den wuchtigen Hauptbau marschierte. Dort erkundigte er sich nach dem Weg zu den Kerkerzellen, murmelte sein »Gott segne dich!« und drang in die Kellergewölbe vor.
    Der Wächter sah ihm mit mildem Interesse entgegen. Rasso wußte es nicht, aber der Wächter war derselbeMann, vor dessen Augen er als tot geltend davongetragen worden war; der Wächter wiederum hatte keine Ahnung, daß das Gesicht des Mönchs unter der Kapuze zu dem Mann gehörte, für dessen anständiges Totenmahl er eine hart verdiente Münze hatte springen lassen.
    »Ich will zu dem Gefangenen mit dem zerbrochenen Kiefer, mein Sohn«, sagte Rasso und hoffte, daß er nicht übertrieb.
    »Dem Aufrührer? Was willst du von ihm?«
    »Seine Exzellenz der Kanzler weiß, daß er bald sterben wird. Ich soll ihm die Beichte abnehmen.«
    »Seine Exzellenz kümmert sich höchstpersönlich darum?«
    »Natürlich ...«, sagte Rasso und wollte hinzufügen: Fulcher gehört immerhin zum tapferen Fouragier-Troß. Sein Verstand war allerdings schneller als sein Mund und fuhr fort: »... nicht. Man hat es mir nur ausgerichtet.«
    »Er ist dahinten, Bruder. Ich führe dich hin. Würde mich nicht wundern, wenn du zu spät kämst.« Der Wächter fügte hinzu, halb kleinlaut: »Der zweite Kerl ist schon abgekratzt. Ich kann nichts dafür, Bruder.«
    Der Wächter machte sich umständlich am Schloß zu schaffen. Rasso hörte sein Herz so laut klopfen, daß es die Geräusche des klobigen Schlüssels schier zu übertönen schien.

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