Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
gründlich.«
    Philipp beglückwünschte sich zu dem Einfall, Dionisia in Bastulfs Obhut gelassen zu haben. Er verstand nicht, woher die Männer, die dort vorne die Pilgergruppen kanalisierten, wußten, daß sie zu viert gewesen waren, bis ihm klarwurde, daß sie es nur im Kloster erfahren haben konnten. Gleichzeitig ahnte er, daß er die Gesichter der Bewaffneten kannte. Einer davon hatte einen kurz gebissenen Daumennagel. Er fragte sich, warum sie sie nicht im Kloster ergriffen hatten, aber die Antwort daraufwar einfach: Sie waren ihnen kurz vorher entkommen. Es hatte wohl eine Weile gedauert, bis sie herausgefunden hatten, daß sie ihnen die ganze Nacht über nahe gewesen waren. Die Sorge um Bastulf und Dionisia stieg heiß in Philipp auf, aber er mußte sie unterdrücken. Was immer geschehen war, es war ihnen bereits geschehen; und die Aussichten standen gut, daß überhaupt nichts geschehen war. Man suchte nach Aude Cantat, der Frau des verstorbenen Sängers und Diebs Minstrel, und nicht nach einer apathischen jungen Frau, die willenlos und schweigsam dort sitzenblieb, wohin man sie setzte.
    Die Berittenen, die abseits des Weges an ihnen vorbeigaloppiert waren, waren die Männer gewesen, die jetzt dort vorn die Sperre errichtet hatten; das war Philipp klar. Die Reiter hatten den einfachsten Weg gewählt: ihnen den Weg abzuschneiden. Auf der Straße auf und ab zu reiten wärereine Zeitverschwendung gewesen und hätte zuviel Aufsehen erregt. Sie waren der Meinung, daß ihre Beute nicht wußte, daß man nach ihr suchte, und entsprechend leicht in die Falle tappen würde – so wie sie nicht wußten, daß sie nicht mehr zu viert waren. Das sprach dafür, daß sie gar nicht auf den Gedanken gekommen waren, Bastulf in die Mangel zu nehmen – und auch, daß Johannes sie gewarnt hatte, schien noch unentdeckt zu sein. Philipp hoffte zumindest, daß es sich so verhielt.
    Er sah zu Aude hinüber, aber diese gab durch nichts zu erkennen, woran sie dachte. Sie saß aufrecht im Sattel und wirkte in der groben Wollkutte wie ein besonders schlanker, feingliedriger Mönch. Er sah, daß die Augen der Pilger, die mit ihm gesprochen hatten, auf ihren Beinen ruhten, und lenkte sein Pferd zu ihr hinüber.
    »Ihr müßt Eure Beine verstecken«, raunte er. »Sie verraten Euch.«
    Aude zog die Beine an und zerrte die Kutte darüber, ohne ihm zu antworten. Philipp drehte sich zu Galbert um und machte eine Kopfbewegung. Galbert interpretierte sie richtig; er trieb sein Pferd an und drängelte sich durch die Masse der Pilger. Die Menschen wichen ärgerlich aus. Galbert entschuldigte sich nach allen Seiten. Philipp und Aude folgten ihm, bis Philipp ihn zum Halten aufforderte. Sie befanden sich inmitten der Menge, die wartete, durch die Sperre gelassen zu werden. Er hoffte, hier weniger aufzufallen als am Ende des Zuges. Die Leute um sie herum murrten und sahen sie aufgebracht an, aber die Anwesenheit des vermeintlichen Mönchs verhinderte, daß sie rabiat wurden. Galbert beugte sich zu Philipp herüber.
    »Sollten wir absteigen?« schlug er vor. Philipp dachte an Audes verräterische bloße Füße und schüttelte den Kopf.
    Die Kontrolle ging langsam; jeder Pilger schien genau angesehen und befragt zu werden. Sie konnten nichts tun, als abzuwarten und sich mit dem langsamen Vorwärtsrücken der Menge schieben zu lassen. Philipp fühlte, wie sein Herzschlag stetig an Geschwindigkeit zunahm. Er trommelte mit den Fingern auf den Sattelrand, bis Aude sich räusperte. Sie warf ihm aus der Tiefe ihrer Kapuze einen Blick zu und raunte: »Ihr macht mich noch nervöser mit Eurer Zappelei, als ich es ohnehin bin.«
    Philipp winkte brummend ab.
    »Kommen wir durch?« fragte sie leise.
    Er nickte und schluckte heftig. »Natürlich«, erwiderte er und fühlte sich selbst bei weitem nicht so sicher. Die Menge verschob sich wieder, als eine Handvoll Pilger auf einmal durchgelassen wurde. Philipp und Aude waren jetzt dicht nebeneinander, Galbert plötzlich hinter ihnen. Philipp wandte sich zu ihm um. »Laß dich nicht abdrängen«, sagte er. »Wenn etwas schiefgeht, müssen wir beisammenbleiben.« Galbert nickte.
    Schließlich waren sie nahe genug, daß Philipp die Gesichter im Schatten erkennen konnte. Es waren die fünf Männer, die gestern nach Einbruch der Dunkelheit ins Kloster gekommen waren. Er blinzelte und fühlte, wie sein Herzschlag noch einmal schneller und lauter wurde. Wieder passierte eine Handvoll Pilger die Kontrolle. Philipps

Weitere Kostenlose Bücher