Der Janson-Befehl
Sie das ja doch heraus und können mich dann umbringen.«
»Nein, Darling, wir spielen das nach meinen Regeln. Sie sagen mir die Position des nächstgelegenen Scharfschützen. Wir gehen hin. Wenn Sie mich falsch informiert haben, sterben Sie. Und wenn der Scharfschütze eine neue Position eingenommen hat, ohne das Team zu verständigen, ist das eben Ihr Pech. Dann sterben Sie auch. Wenn Sie jemanden zu warnen versuchen, sterben Sie ebenfalls. Vergessen Sie nicht, ich kenne das System, die Protokolle und die Vorgehensweisen. Wahrscheinlich habe ich die Hälfte davon selbst geschrieben.«
Sie stand schwankend auf. »Also schön, Mann. Ihr Spiel, Ihre Regeln. Als Erstes müssen Sie wissen, dass wir alle als Einzelgänger arbeiten - die Tarnerfordernisse haben die Partnermethode nicht zugelassen, deshalb ist jeder selbst für die Zielsuche zuständig. Und zweitens, wir haben jemand auf dem Dach über Hanover Terrace positioniert.«
Er sah zu der majestätischen neoklassizistischen Villa auf der anderen Seite des Parks hinüber, wo einige der bedeutendsten Bürger Englands zu Hause waren. Der blauweiße Fries über dem Architrav. Die weißen Säulen und die cremefarbenen Wände. Die Scharfschützen würden sich hinter der Balustrade versteckt halten müssen. Stimmte das? Nein, das war eine weitere Lüge. Da wäre er nämlich bereits tot.
»Sie setzen Ihren Verstand nicht ein, meine Süße«, sagte er. »Ein Scharfschütze auf der Balustrade hätte mich bereits erledigt. Außerdem könnten ihn die Arbeiter sehen, die das Dach von Cumberland Terrace reparieren. Man hat diese Position in Betracht gezogen, aber verworfen.«
Wieder schlug die Hand mit der Pistole zu, und die Frau taumelte ein paar Schritte zurück. »Das ist jetzt das zweite Mal. Beim dritten Mal sind Sie dran.«
Sie ließ den Kopf sinken. »Probieren wird man es ja wohl noch dürfen«, sagte sie halblaut.
»Haben Sie noch jemand an der Park Road stehen?«
Sie zögerte. Ihr war klar, dass er Bescheid wusste, die Unwahrheit zu sagen war also sinnlos. »Ehrenhalt ist auf dem Minarett«, gab sie zu.
Er nickte. »Und wer sichert links?«
»Nehmen Sie meinen Entfernungsmesser«, sagte sie. »Mir vertrauen Sie nicht, also sehen Sie selbst. Schütze B ist dreihundert Meter Nordwest auf Position.«
Es handelte sich um einen niedrigen Betonbunker mit Schaltkästen der Telefongesellschaft. »Er sitzt auf dem Dach. Die Höhe ist nicht optimal - deshalb konnte er auch bis jetzt noch keine brauchbaren Schüsse anbringen. In der Baker Street, der Gloucester Street und im York Terrace Way sind Männer zu Fuß unterwegs. Läufer mit Glocks. Zwei Scharfschützen bewachen den Regent's Canal. Und dann ist noch ein Mann auf dem Dach des Regent's College. Wir hatten gehofft, Sie würden versuchen, dort Deckung zu finden. Auf eine Distanz von zweihundert Meter sind wir alle akkurat - Kopfschussakkurat.«
Wir hatten gehofft, Sie würden versuchen, dort Deckung zu finden. Das hätte er beinahe getan.
Janson vergegenwärtigte sich die Positionen, die sie ihm genannt hatte: Sie waren durchaus sinnvoll. Er hätte die Operation genauso eingeteilt.
Ohne den Griff zu lockern, mit dem er die Beretta hielt, blickte er durch ihren 12x50-Doppelbereich-Entfernungs-messer, ein Präzisionsgerät aus dem Hause Swarovski. Der Betonbunker, den sie erwähnt hatte, war typisch für derartige über die Stadtlandschaft verteilte Bauten; die Leute gingen daran vorbei, ohne sie wahrzunehmen. Eine gute Position. War dort wirklich jemand? Der Bau war weitgehend vom Blattwerk verdeckt, aber ein paar Zentimeter Beton waren zu sehen. Ein Scharfschütze? Er drehte am Okular, steigerte die Vergrößerung, bis er es sah - etwas. Ein Handschuh? Ein Stück von einem Stiefel? Es war unmöglich festzustellen.
»Sie kommen mit«, erklärte Janson abrupt und packte die Frau am Handgelenk. Mit jedem Augenblick, den er hier vertrödelte, würde das Scharfschützenteam anfangen, die Gegebenheiten neu zu bewerten: Wenn sie zu dem Schluss gelangten dass er ihren Sichtbereich verlassen hatte, würden sie sich neu positionieren, und das konnte die Regeln des Spiels völlig verändern.
»Ich hab's kapiert«, sagte sie. »Es läuft ab wie in dem Hamas-Lager in Syrien in der Nähe von Qael-Gita. Sie haben eine der Wachen als Geisel genommen und sie gezwungen, die Position einer weiteren Wache zu verraten und sich so Stück für Stück weitergearbeitet. Auf diese Weise hatten Sie die Außenwachen in weniger als
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