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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Unbehagen, und zwar nicht nur hinsichtlich seiner ganz persönlichen Maskerade: Er hatte einfach für die Gewalttaten nichts übrig, die ihm seine neuen Weggefährten in so glühenden Farben schilderten. Eines Tages, nach einem von den revolutionären Zellen in Stuttgart verübten Bombenattentat, entdeckte er in einer Zeitung eine Liste der Opfer. Unter dem Vorwand, selbst Zeitungsreporter zu sein, besuchte er die Mutter eines der ums Leben gekommenen Passanten. Diese Erfahrung - sich Angesicht zu Angesicht mit der menschlichen Realität glorreicher revolutionärer Gewalttaten zu sehen - erzeugte in ihm Abscheu und erschütterte ihn zutiefst.
    Nicht lange darauf stattete Janson ihm einen Besuch ab. In dem Bemühen, sich zu der Schattenwelt dieser terroristischen Organisationen Zugang zu verschaffen, suchte er nach Leuten, deren Beziehung zur Zivilisation vielleicht noch nicht ganz abgerissen war - Leuten, in denen das, was die revolutionäre Bourgeoisie Moral nannte, noch nicht völlig tot war. Barry Coopers Beziehung zu diesen Organisationen war Janson stets eigenartig erschienen; er kannte Barrys Akte gut, und der Mensch, den er darin entdeckte, war vielleicht ein Witzbold, ein Clown, aber keineswegs ein Mörder. Eben ein harmloser Mitläufer, der einfach in schlechte Gesellschaft geraten war.
    Cooper lebte damals bereits in Amsterdam, in demselben Hausboot, und verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit farbenfrohen Skizzen der Altstadt, die er an Touristen verkaufte - Kitsch, aber ehrlicher Kitsch. Er benahm sich wie jemand, der zu lange zu viel Hasch geraucht hatte; und selbst wenn er nicht bekifft war, wirkte er immer ein wenig unkonzentriert und unschuldig. Zwischen den beiden Männern entstand nicht gleich eine Freundschaft; man konnte sich nur schwer zwei Seelen vorstellen, die sich weniger ähnlich waren. Trotzdem wusste Cooper es schließlich zu schätzen, dass sein Besucher von der US-Regierung weder den Versuch machte, sich bei ihm einzuschmeicheln, noch vorhatte, ihn zu bedrohen. Er sah zwar aus wie ein Kommisskopf, gab sich aber nicht wie einer. Und wenn Cooper das Gespräch auf die Ungerechtigkeiten des Westens lenkte, war Janson als geübter Politologe jederzeit gern bereit, ihm zu folgen. Statt sich über seine politische Einstellung lustig zu machen, räumte Janson bereitwillig ein, dass es in den westlichen Demokratien viel zu kritisieren gab - distanzierte sich aber dann in klarer Sprache von den primitiven Simplifizierungen der Terroristen. Unsere Gesellschaft übt immer dann Verrat an ihrer Menschlichkeit, wenn sie ihre so lauthals verkündeten Ideale nicht auch lebt. Und wie sieht die Welt aus, die deine Freunde schaffen wollen? Sie übt immer dann Verrat an ihrer Menschlichkeit, wenn sie nach den Idealen lebt, die sie verkündet. Fiel die Wahl da so schwer?
    Das ist tiefgründig, hatte Barry Cooper aufrichtig gesagt. Das ist tiefgründig: die reflexartige Antwort des Seichten. Doch wenn Cooper seicht war, dann hatte ihn eben diese Eigenschaft vor den schlimmsten Versuchungen der revolutionären Linken gerettet. Und seine Informationen ermöglichten es, Dutzende gewalttätiger Zellen unschädlich zu machen. Ihre Verstecke wurden aufgespürt, ihre Anführer wanderten ins Gefängnis, ihre Geldquellen wurden identifiziert und zum Versiegen gebracht. Der Kiffer in dem verräucherten blauen Hausboot hatte dabei mitgeholfen. In der Beziehung hatten die aufgeblasenen, sturen Wortführer der revolutionären Vorkämpfer durchaus Recht: Manchmal kann ein kleiner Mann einen großen Unterschied machen.
    Als Gegenleistung verzichtete das State Department in aller Stille darauf, sich weiterhin um Coopers Auslieferung zu bemühen.
    Jetzt schlürfte Janson heißen Kaffee aus einem Becher, der noch Spuren von Acrylfarbe trug.
    »Ich weiß, du bist bloß hier, um rumzuquatschen«, sagte Cooper. »Ich weiß, dass du nichts von mir willst.«
    Vor einem Vierteljahrhundert, als sie angefangen hatten, einander kennen zu lernen, hatten sie ähnlich geredet.
    »Hey«, sagte Janson. »Geht das klar, wenn ich 'ne Weile hier bei dir unterschlüpfen möchte?«
    »Mi casa es su casa, amigo«, antwortete Cooper. Er führte den Stummel seiner Marihuanazigarette an die Lippen; Janson war nie sicher, ob das Zeug bei Cooper noch wirkte oder ob er bloß eine winzige Dosis brauchte, um einigermaßen normal zu sein. Seine Stimme klang vom Rauch brüchig. »Ich könnte Gesellschaft gebrauchen, Kumpel, ehrlich gesagt. Doris hat mich

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