Der Janson-Befehl
Nachmittag in Eger besorgt hatte. Unter dem Tisch konnte er sich den Kolben der Waffe in der Hand zurechtschieben und hielt die Waffe gleich darauf auf dem Schoß. Die Chancen hatten sich leicht zu seinem Vorteil verändert.
»Haben Sie schon einen Spaziergang um den See gemacht?«, fragte Sandor Lakatos. »Um diese Jahreszeit ist das wunderschön.«
Wieder ein Blitzen seiner Keramikzähne.
»Der See ist sehr schön«, pflichtete Janson ihm bei.
»Ich würde nachher gern mit Ihnen einen Spaziergang machen.«
»Ist es dafür nicht ziemlich dunkel?«
»Oh, ich weiß nicht«, sagte Lakatos. »Da wären wir alleine, und so lernt man sich doch am besten kennen, finde ich.«
Seine Augen blitzten wie schwarze Diamanten.
»Sehr gerne«, sagte Janson. »Würden Sie mich bitte einen Augenblick entschuldigen?«
»Aber bitte.«
Lakatos' Blick wanderte zu den zwei Leibwächtern an der Bar.
Janson schob sich die Glock in den Hosenbund, bevor er aufstand, und ging zu den Toiletten, die sich am Ende eines kurzen Flurs befanden, der vom anderen Ende des Speisesaals nach hinten führte. Als er sich der Toilettentür näherte, spürte er einen kräftigen Adrenalinstoß: Vor ihm stand in ähnlicher Haltung wie die beiden Männer an der Bar ein weiterer Mann in einem dunklen Anzug, ganz offenkundig weder ein Gast noch ein Restaurantangestellter. Das war ein weiterer Leibwächter Lakatos', der hier für eine derartige Eventualität postiert war. Janson betrat die mit Marmorfliesen ausgelegte Toilette, und der Mann - groß, breitschultrig, das Gesicht eine Maske gelangweilter Professionalität - folgte ihm. Als Janson vor einen der Waschtische trat, hörte er, wie der Mann den Türriegel vorschob. Das bedeutete, dass sie alleine waren. Aber ein Schuss aus einer nicht schallgedämpften Waffe würde nur die beiden anderen Männer herbeirufen, die ebenfalls bewaffnet waren. Jansons Pistole bot also nicht den Vorteil, den er sich erhofft hatte. Eine schallgedämpfte Waffe hatte er sich bewusst nicht beschafft, weil die zu klobig gewesen wäre, um sie im Knöchelhalfter zu tragen. Langsam ging Janson zu den Urinalen hinüber; im Chromknopf der Spülung konnte er ein verzerrtes Abbild des vierschrötigen Leibwächters erkennen und auch den langen, zylindrischen Lauf der Waffe des Mannes sehen. Seine Waffe war mit einem Schalldämpfer ausgestattet.
Sie brauchten also nicht abzuwarten, bis Janson das Palace Hotel verließ; Janson konnte an Ort und Stelle erledigt werden.
»Was bezahlt er Ihnen?«, fragte Janson, ohne sich umzudrehen und den Mann anzusehen. »Ich gebe Ihnen das Doppelte.«
Der Leibwächter blieb stumm.
»Sie sprechen nicht Englisch? Aber Dollar verstehen Sie doch?«
Der Ausdruck des Mannes blieb unverändert, aber er steckte die Waffe weg. Janson war offensichtlich waffenlos, und das erlaubte eine andere Vorgehensweise: Der Mann zog jetzt ein etwa einen halben Meter langes Stück Seil mit kleinen Plastikscheiben an beiden Enden, die als Handgriffe dienten, heraus.
Janson musste sich konzentrieren, um das leise Rascheln zu hören, als das Jackett des Mannes sich etwas dehnte, als er die Arme ausstreckte und sich anschickte, die Würgeschlinge exakt um Jansons Kehle zu legen. Er musste die Professionalität des Mannes bewundern. Die Würgeschlinge würde nicht nur einen lautlosen Tod sicherstellen, sondern auch einen ohne Blutvergießen. In einem Restaurant wie diesem, besonders in Anbetracht des in Osteuropa üblichen Alkoholkonsums, würde es nur wenig Kreativität erfordern, um ihn nach draußen zu bugsieren. Der Leibwächter würde ihn mehr oder weniger aufrecht hinausschleppen können, einfach indem er ihm den Arm um die Taille legte: Ein entwaffnendes Lächeln, und jeder würde annehmen, dass der Gast einfach zu viel Zwack Unicum zu sich genommen hatte, das im Palace Hotel mit Abstand populärste Getränk.
Janson beugte sich tief nach vorn, lehnte die Stirn gegen die Marmorfliesen der Wand und drehte sich dann langsam um, eine Haltung, die Erschöpfung und reichlichen Alkoholgenuss signalisierte. Dann schoss er plötzlich explosiv nach oben und rechts, und als der Leibwächter von dem Aufprall zurücktaumelte, rammte er ihm das Knie zwischen die Beine. Der Mann stieß einen Grunzlaut aus, bäumte sich auf, warf Janson seine Seilschlinge um die Schultern und versuchte sie nach oben zu schieben, um seine verletzbare Halspartie. Janson spürte, wie das Seil sich in sein Fleisch grub; es brannte höllisch. Es gab
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