Der Janson-Befehl
Janson sich ans Ohr hielt.
»Und mit diesen Dingern meinst du, dass wir es schaffen?«, fragte er.
»Oh ja«, nickte Janson. »Solange nichts von der Gasmischung austritt. Die kleinen Biester werden mächtigen Pep produzieren. So wie du.«
Katsaris hielt ihm einen Folienstreifen mit Provigilta-bletten hin. »Willst du eine?«
Janson schüttelte den Kopf. Katsaris wusste, was er tat, aber Janson war auch klar, dass Medikamente bei unterschiedlichen Menschen unterschiedlich wirkten, und hielt nichts davon, Substanzen einzunehmen, mit denen er keine Erfahrung hatte. »Dann erzähl mal, Theo«, meinte er und legte die Alurohre beiseite, »wie geht's der Misses?«
Jetzt, wo die anderen nicht dabei waren, benutzte er wieder den Vornamen seines Freundes.
»Die Misses? Weiß sie, dass du sie so nennst?«
»Hey, ich hab sie schließlich vor dir gekannt. Die schöne Marina.«
Katsaris lachte. »Du hast ja keine Ahnung, wie schön sie ist. Du meinst das, aber du weißt es nicht. Im Augenblick strahlt sie nämlich förmlich.«
Er legte eine besondere Betonung auf das letzte Wort.
»Moment mal«, sagte Janson. »Du willst doch nicht sagen, dass sie.«
»Noch ganz früh. Erstes Trimester. Anfänge morgendlicher Übelkeit. Ansonsten fühlt sie sich klasse.«
Janson musste sofort wieder an Helene denken und hatte das Gefühl, die Hand eines Riesen würde ihm das Herz zerquetschen.
»Und wir sind doch ein hübsches Paar, oder etwa nicht?«, sagte Katsaris und wirkte in diesem Augenblick wie ein sich aufplusternder Hahn, aber schließlich entsprach es den Tatsachen. Theo und Marina Katsaris sahen aus, als ob der Herrgott sie als perfekte Musterexemplare mediterraner Kraft und Symmetrie erschaffen habe. Janson erinnerte sich noch gut an eine Woche, die er mit ihnen auf Mykonos verbracht hatte erinnerte sich noch an den Nachmittag, an dem sie die Bekanntschaft einer bekannten Pariser Modefotografin gemacht hatten, die Regie bei einem Shooting führte, bei dem knappe Badeanzüge, reichlich weißer Sand und die azurblaue See das Thema gewesen waren. Die Französin war überzeugt davon, dass Theo und Marina Models waren, und hatte sie nach dem Namen ihrer Agentur gefragt. Was sie sah, waren ihre perfekten weißen Zähne, ihr makelloser olivfarbener Teint und ihr glänzend schwarzes Haar - und der Gedanke, dass diese Schönheitsattribute nicht im Dienste einer kommerziellen Agentur eingesetzt wurden, erschien ihr wie verschwenderische Gleichgültigkeit gegenüber wertvollen Gaben der Natur.
»Dann wirst du also Vater«, sagte Janson. Die Aufwallung von Wärme, die er bei Katsaris' Worten empfunden hatte, verebbte schnell.
»Sonderlich begeistert wirkst du nicht«, meinte Katsaris.
Janson blieb ein paar Augenblicke lang stumm. »Das hättest du mir sagen sollen.«
»Warum?«, erwiderte der Grieche locker. »Marina ist doch schwanger, nicht ich.«
»Du weißt genau, was ich meine.«
»Wir hatten vor, es dir bald zu sagen. Genauer gesagt, wir hatten gehofft, dass du Pate sein würdest.«
»Du hättest es mir früher sagen sollen«, entgegnete Janson und klang jetzt fast ärgerlich.
Theo hob die Schultern. »Du glaubst, als werdender Vater soll man kein Risiko eingehen. Und ich denke, du machst dir zu viel Gedanken, Paul. Bis jetzt bin ich immer noch durchgekommen. Hör zu, ich kenne die Risiken.«
»Ich kenne sie nicht, verdammt! Das ist es ja gerade. Wir haben die Dinge nicht unter Kontrolle.«
»Du möchtest mein Kind nicht zur Waise machen. Na schön - das will ich auch nicht. Ich werde Vater sein, und das macht mich sehr, sehr glücklich. Aber die Art, wie ich mein Leben lebe, wird das nicht verändern. Marina weiß das auch. Und du weißt es ebenfalls - und das ist der Grund, warum du mich ausgewählt hast.«
»Ich weiß nicht, ob ich dich ausgewählt hätte, wenn mir klar gewesen wäre.«
»Ich spreche nicht von hier und heute. Ich spreche von damals. Ich spreche von Epidaurus.«
Es lag erst acht Jahre zurück, dass das griechische Militär ein zwanzigköpfiges Kontingent zu einer von Consular Operations geleiteten Übung abgestellt hatte. Ziel der Operation war es, die Griechen im Aufspüren und Bekämpfen von Waffenschmugglern zu schulen, die sich griechischer Frachter bedienten. Ein Schiff, das ein paar Meilen vor der Küste von Epidaurus lag, wurde nach dem Zufallsprinzip für die Übung ausgewählt. Das Glück wollte es freilich, dass das Schiff zufälligerweise tatsächlich mit Konterbande beladen war. Und
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