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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Häusern versteckten. Katsaris' Haus stand an einer schmalen Seitenstraße der Voulgareos, ein halbes Dutzend Häuserblocks vom Olympiastadion entfernt.
    Janson schickte den Fahrer mit zwanzig Euro weg, drückte den Klingelknopf und wartete, hoffte halb, dass niemand öffnen würde.
    Doch die Tür ging nach wenigen Augenblicken auf, und da stand Marina, ganz so, wie er sie in Erinnerung hatte -sie war höchstens noch schöner geworden. Janson registrierte ihre hohen Backenknochen, ihren honigfarbenen Teint, die offen blickenden braunen Augen und das seidige, lange schwarze Haar. Die Wölbung ihres Bauchs war kaum feststellbar, bloß eine weitere üppige Kurve, die sich unter dem weiten Rock aus Rohseide andeutete.
    »Paul!«, rief sie entzückt aus. Doch die Freude verflog sofort, als sie seinen Gesichtsausdruck deutete. Ihr Gesicht verlor alle Farbe. »Nein«, sagte sie mit leiser Stimme.
    Janson erwiderte nichts, aber sein sorgenvolles Gesicht konnte nichts verschweigen.
    »Nein«, hauchte sie.
    Jetzt erfasste sie ein Zittern, und ihr Gesicht wurde zuerst von Leid, dann von Wut verzerrt. Janson folgte ihr ins Innere des Hauses, wo sie sich umdrehte und ihn ins Gesicht schlug. Immer wieder schlug sie auf ihn ein, robuste, kräftige Schläge wie um damit eine Wahrheit zurückzuschlagen, die ihre Welt zerstören würde.
    Die Schläge schmerzten, aber bei weitem nicht so wie die Wut und die Verzweiflung, die hinter ihnen steckten. Schließlich packte Janson sie an beiden Handgelenken. »Marina«, sagte er mit einer Stimme, die von seinem eigenen Leid belegt klang. »Bitte, Marina.«
    Sie starrte ihn an, als könnte sie ihn mit schierer Willenskraft vor ihren Augen verschwinden lassen - und mit ihm die niederschmetternde Nachricht, die er ihr gebracht hatte.
    »Marina, mir fehlen die Worte, um dir zu sagen, wie schrecklich Leid mir das tut.«
    In solchen Augenblicken stellten sich klischeehafte Phrasen ein, obwohl das, was er sagte, ganz seinen Empfindungen entsprach. Er schloss die Augen, suchte nach Worten, die Trost vermitteln konnten. »Theo war ein Held, war es bis zu seiner letzten Sekunde.«
    Die Worte kamen ihm selbst hölzern und abgedroschen vor, denn das Leid, das er und Marina im gleichen Maße empfanden, ließ sich nicht in Worte kleiden. »Es gab keinen anderen wie ihn. Und ich habe gesehen, wie er.«
    »Mpa! Thi mou!«
    S ie riss sich von ihm los, rannte auf den Balkon hinaus und sah auf den kleinen Hof hinter dem Haus hinunter. »Verstehst du denn nicht? All das ist mir egal! Euer Heldentum, eure Indianerspiele sind mir gleichgültig. Sie bedeuten mir nichts.«
    »Das war aber nicht immer so.«
    »Nein«, sagte sie. »Weil ich dieses Spiel auch einmal selbst gespielt habe.«
    »Mein Gott, was du am Bosporus getan hast - unbeschreiblich.«
    Die Operation lag sechs Jahre zurück, Marina war gleich darauf aus dem Abwehrdienst ihres Landes ausgeschieden. Eine Waffenladung, die zu der 17-Noemri-Grruppe unterwegs gewesen war, der Terroristengruppe 17. November, war beschlagnahmt und die Waffenschmuggler waren festgenommen worden. »Ich kenne Leute in den Nachrichtendiensten, die immer noch darüber staunen.«
    »Man kommt ja erst, wenn es vorbei ist, dazu, sich die Frage zu stellen, ob das Ganze auch einen Sinn hatte, nicht wahr?«
    »Die Aktion hat Leben gerettet!« »Wirklich? Eine Sendung mit Handfeuerwaffen! Die haben später sicher wieder Waffen geschickt, an einen anderen Ort. Ich denke, das sorgt dafür, dass die Preise lukrativ bleiben und die Händler ein gutes Geschäft machen.«
    »Theo hat das nie so gesehen«, meinte Janson leise.
    »Nein, Theo ist nie so weit gekommen, es so zu sehen, da hast du Recht. Und das wird er jetzt auch nicht mehr.«
    Ihre Stimme bebte.
    »Du gibst mir die Schuld.«
    »Ich gebe mir selbst die Schuld.«
    »Nein, Marina.«
    »Ich habe ihn gehen lassen, oder? Wenn ich darauf bestanden hätte, wäre er hier geblieben. Oder bezweifelst du das? Aber ich habe nicht darauf bestanden. Denn selbst wenn er diesmal zu Hause geblieben wäre, hätte man ihn ein anderes Mal wieder gerufen, und noch einmal, und noch einmal. Und dem Ruf nicht zu folgen, nie zu folgen -das hätte ihn ebenso umgebracht. Theo hat das, was er getan hat, großartig gemacht. Ich weiß das, Paul. Darauf war er auch sehr stolz. Und wie hätte ich ihm diesen Stolz nehmen können?«
    »Wir treffen alle unsere Entscheidungen.«
    »Und wie hätte ich ihm beibringen sollen, dass er vielleicht in der Lage gewesen

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