Der Janusmann
erwarten.
Ich steckte Pistole und Magazine zu der Beretta in meine Manteltasche, ging nach vorn ums Haus und setzte mich ans Steuer des Cadillacs. Fuhr damit zum Tor, stieg aus und wartete außer Sichtweite. Der Taurus hielt vor dem Tor. Ich sah Villanueva am Steuer sitzen, daneben Duffy und auf dem Rücksitz Eliot. Ich kam aus meinem Versteck, nahm die Kette ab und zog beide Flügel auf. Villanueva rollte hindurch und kam dicht vor dem Cadillac zum Stehen. Dann stiegen alle aus.
»Was zum Teufel ist mit Ihnen passiert?«, fragte Villanueva.
Ich berührte meine Lippen. Sie fühlten sich wund und geschwollen an.
»Bin gegen eine Tür gelaufen«, antwortete ich.
Villanueva sah zum Pförtnerhaus.
»Oder gegen einen Tür steher«, meinte er. »Hab ich Recht?«
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Duffy.
»Ich bin in besserer Verfassung als der Türsteher«, sagte ich.
»Wozu sind wir hier?«
»Plan B«, erklärte ich. »Wir fahren nach Portland, aber wenn wir dort nicht finden, was wir brauchen, müssen wir hierher zurückkommen und warten. Deshalb fahren zwei von euch sofort mit. Der dritte Mann bleibt hier, um die Stellung zu halten.« Ich drehte mich um und deutete aufs Haus. »Hinter dem mittleren Fenster im ersten Stock ist ein Maschinengewehr zur Überwachung der Zufahrt montiert. Ich brauche jemanden, der es bedienen kann.«
Keiner meldete sich freiwillig. Ich sah zu Villanueva. Er war alt genug, um in seiner Jugend als Wehrpflichtiger beim Militär gewesen zu sein. Vielleicht hatte er selbst mit MGs schießen dürfen.
»Sie wären der richtige Mann, Terry«, sagte ich.
»Nein«, entgegnete er. »Ich helfe Ihnen, Teresa zu finden.«
Das sagte er, als sei er fest entschlossen, sich das von niemandem ausreden zu lassen.
»Okay, ich mach’s«, sagte Eliot.
»Danke«, sagte ich. »Haben Sie jemals einen Vietnamfilm gesehen? Mit dem Bordschützen an der Kabinentür einer Huey? Der sind jetzt Sie. Falls die anderen auftauchen, werden sie nicht versuchen, durchs Tor reinzukommen, sondern ins Pförtnerhaus eindringen und durch die Hintertür oder das rückwärtige Fenster herauskommen. Also müssen Sie darauf gefasst sein, sie abzuknallen, wenn sie erscheinen.«
»Was mache ich, wenn’s finster ist?«
»Wir sind vor Einbruch der Dunkelheit zurück.«
»Okay. Wer ist im Haus?«
»Mrs. Beck, ihr Sohn und die Köchin. Sie sind Nichtkombattanten, aber sie wollen nicht weg.«
»Was ist mit Beck selbst?«
»Er kommt mit den anderen zurück. Gelänge ihm im allgemeinen Durcheinander die Flucht, wäre ich nicht traurig. Aber würde er erschossen, wäre ich es auch nicht.«
»Okay.«
»Wahrscheinlich tauchen sie gar nicht auf«, sagte ich. »Sie sind beschäftigt. Das sind alles nur Vorsichtsmaßnahmen.«
»Okay«, sagte er wieder.
»Sie behalten den Cadillac«, erklärte ich. »Wir nehmen den Taurus.«
Villanueva setzte sich wieder in den Ford und lenkte den Wagen rückwärts durchs Tor. Ich ging mit Duffy hinaus, schloss das Tor hinter mir, sicherte es mit der Kette und warf Eliot den Schlüssel des Vorhängeschlosses zu.
»Bis später!«, rief ich.
Er wendete mit dem Cadillac und fuhr Richtung Haus davon. Dann stieg ich mit Duffy und Villanueva in den Taurus. Die beiden saßen vorn. Ich machte es mir auf dem Rücksitz bequem. Dann zog ich ihre Glock und die Reservemagazine aus der Manteltasche und reichte sie mit gewisser Feierlichkeit nach vorn.
»Danke fürs Ausleihen«, sagte ich.
Sie steckte die Glock ins Schulterhalfter und die Magazine in ihre Umhängetasche.
»Gern geschehen«, sagte sie.
»Erst Teresa«, schlug Villanueva vor. »Dann Quinn. Okay?«
»Einverstanden«, sagte ich.
»Wo suchen wir also?«, fragte er.
»Wir haben drei Orte zur Auswahl«, erklärte ich. »Das Lagerhaus, ein Bürogebäude in der Innenstadt und ein Gewerbegebiet in Flughafennähe. In einem Bürogebäude in der Innenstadt kann man am Wochenende keine Gefangenen bewachen. Und im Lagerhaus herrscht zu viel Betrieb. Dort ist gerade eine große Lieferung eingetroffen. Deshalb tippe ich auf den Gewerbepark.«
»I-95 oder Route One?«
»Route One«, sagte ich.
Wir fuhren schweigend die zwölf Meilen landeinwärts und bogen an der Route One nach Norden in Richtung Portland ab.
13
An diesem frühen Samstagnachmittag war in dem Gewerbegebiet nichts los. Unter dem grauen Himmel leuchteten die Metallfassaden der Gebäude wie mattes Zinn. Wir rollten langsam kreuz und quer durch die Straßen. Nirgends eine
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