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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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den Freedom Trail, drei Uhr.«
    Das war keine sehr präzise Ortsangabe, aber ich wusste, was sie meinte. Dieser Treffpunkt lag in North End in der Nähe einer Kirche. Ich war frühzeitig dort und setzte mich neben eine alte Frau, die Spatzen und Tauben fütterte, auf eine Bank. Sie musterte mich kurz, dann stand sie auf und wechselte die Bank. Der Kerl auf dem Pferd war Paul Revere.
    Duffy und Eliot erschienen auf die Minute pünktlich. Beide trugen schwarze Trenchcoats voller kleiner Schlaufen, Schnallen und Gurten. Ebenso gut hätten sie sich Schilder mit der Aufschrift Federal Agents aus Washington, D.C. umhängen können. Sie nahmen Platz, Duffy links, Eliot rechts von mir.
    »Rettungsschwimmer haben einen Mann aus der Pazifikbrandung gefischt«, begann Duffy. »Vor zehn Jahren, knapp nördlich von Eureka, Kalifornien. Ein Weißer um die vierzig. Er hatte zwei Kopfschüsse und einen Brustschuss. Kleines Kaliber, wahrscheinlich 22. Er war anscheinend von einer Klippe ins Meer gestoßen worden.«
    »Hat er gelebt, als sie ihn rausgezogen haben?«
    »So halbwegs«, antwortete sie. »Er hatte einen Steckschuss in Herznähe und einen Schädelbruch. Außerdem waren ein Arm, beide Beine und das Becken von dem Sturz gebrochen. Und er war halb ertrunken. Im Krankenhaus haben sie ihn in einer achtstündigen Operation wieder zusammengeflickt. Er hat vier Wochen auf der Intensivstation und insgesamt ein halbes Jahr im Krankenhaus gelegen.«
    »Papiere?«
    »Keine. In der Krankenakte steht er als John Doe.«
    »Ist versucht worden, ihn zu identifizieren?«
    »Keine Übereinstimmung bei den Fingerabdrücken«, erwiderte sie. »Kein Treffer bei den Vermisstenmeldungen. Niemand ist gekommen, um ihn abzuholen.«
    Ich nickte. Fingerabdruckcomputer sagen einem, was jemand ihnen zu sagen befiehlt.
    »Was dann?«, fragte ich.
    »Er ist wieder auf die Beine gekommen«, erklärte sie. »Seine Ärzte haben noch überlegt, was sie mit ihm anfangen sollten, als er über Nacht verschwand. Sie haben ihn nie wieder gesehen.«
    »Hat er ihnen etwas über sich erzählt?«
    »Sie haben Gedächtnisverlust diagnostiziert – jedenfalls in Bezug auf das Trauma, weil das fast unvermeidlich ist. Ihrer Ansicht nach konnte es gut sein, dass er keine Erinnerung an den Vorfall und die beiden Tage davor hatte. Aber er hätte sich an die noch weiter zurückliegende Zeit erinnern müssen. Die Ärzte glaubten, dass diese Amnesie nur gespielt war. Die Krankenakte ist ziemlich dick. Psychiater, der übliche Kram. Sie haben regelmäßig mit ihm gesprochen. Aber er ist eisern bei seiner Linie geblieben. Hat nie ein Wort über sich verloren.«
    »Wie war seine körperliche Verfassung, als er abgehauen ist?«
    »Ziemlich gut. Er hatte sichtbare Narben von den Schussverletzungen, aber das war alles.«
    »Okay«, sagte ich und sah zum Himmel.
    »Wer war er?«
    »Worauf tippen Sie?«, fragte ich.
    »Mit einer Kleinkaliberwaffe in Kopf und Brust geschossen?«, sagte Eliot. »Ins Meer geworfen? Dahinter steckt das organisierte Verbrechen. Hört sich nach Auftragskiller an.«
    Ich schwieg.
    »Wer war er?«, wiederholte Duffy.
    Ich sah weiter zum Himmel auf und zwang mich dazu, zehn Jahre zurück in eine völlig andere Welt zu wandern.
    »Verstehen Sie etwas von Panzern?«
    »Sie meinen Kampfpanzer? So gut wie nichts.«
    »An denen ist nicht viel dran«, sagte ich. »Ich meine, man will, dass sie schnell und zuverlässig sind und nicht so viel Sprit brauchen. Aber was ist das Einzige, das Sie wirklich wissen wollen, wenn jeder von uns einen Panzer hat?«
    »Was?«
    »Kann ich Sie abschießen, bevor Sie mich abschießen können? Das wollen Sie wissen. Kann meine Kanone Sie treffen, wenn wir eine Meile voneinander entfernt sind? Oder kann Ihre Kanone mich treffen?«
    »Und?«
    »Und da die Naturgesetze für alle gleich sind, lautet die Antwort wahrscheinlich, dass auch Sie mich aus dieser Entfernung treffen können, wenn ich es kann. Also geht’s um die richtige Munition. Nehmen wir mal an, ich zöge mich weitere zweihundert Meter weit zurück, damit Ihre Granate von mir abprallt – kann ich dann eine Granate entwickeln, die nicht von Ihnen abprallt? Darum geht’s bei Panzern. Der Mann im Pazifik war ein Nachrichtendienstoffizier der U.S. Army, der einen Waffenspezialisten der Army erpresst hatte.«
    »Warum landete er im Meer?«
    »Haben Sie den Golfkrieg im Fernsehen verfolgt?«, fragte ich.
    »Ja«, antwortete Eliot.
    »Vergessen Sie die intelligenten Bomben«,

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