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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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hoher Durchschlagskraft.«
    »Ist er noch immer eine Gefahr?«
    »Nicht für die Army«, antwortete ich. »Für sie ist er längst Geschichte. Das alles war vor zehn Jahren. Und das APFSDS-Geschoss dürfte bald ins Museum kommen.«
    »Wozu dann dieser Versuch, ihn aufzuspüren?«
    »Weil er – je nachdem, woran er sich erinnert – dem Kerl, der ihn liquidieren sollte, gefährlich werden könnte.«
    Eliot nickte. Sagte nichts.
    »Hat er wichtig ausgesehen?«, fragte Duffy. »Am Samstag? In Becks Wagen?«
    »Er hat reich ausgesehen«, sagte ich. »Teurer Kaschmirmantel, Lederhandschuhe, Seidenschal. Er hat wie ein Mann ausgesehen, der’s gewöhnt ist, herumchauffiert zu werden. Er ist einfach reingesprungen, als täte er das ständig.«
    »Hat er den Fahrer begrüßt?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wir müssen ihn irgendwie einordnen«, sagte sie. »Wir brauchen Kontext. Wie hat er sich benommen? Er benutzte Becks Wagen, aber hat er den Eindruck erweckt, als wäre er dazu berechtigt? Oder benahm er sich etwa so, als ob ihm jemand damit einen Gefallen erwiese?«
    »Es sah so aus«, antwortete ich. »Als würde er täglich damit fahren.«
    »Steht er also auf gleichem Level mit Beck?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Er könnte sogar Becks Boss sein.«
    »Bestenfalls sein Partner«, meinte Eliot. »Unser Mann aus L.A. würde nicht an die Ostküste reisen, um sich mit einem Handlanger zu treffen.«
    »Ich kann mir Quinn nicht als irgendjemandes Partner vorstellen«, sagte ich.
    »Wie war er?«
    »Normal«, sagte ich. »Für einen Nachrichtenoffizier. In fast jeder Beziehung.«
    »Bis auf die Spionage«, sagte Eliot.
    »Ja, bis auf die.«
    »Und bis auf etwas, das seine heimliche Liquidierung erforderlich machte.«
    »Das auch.«
    Duffy war schweigsam geworden. Sie überlegte angestrengt. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie darüber nachdachte, in welcher Weise sie mich benutzen konnte. Aber das störte mich nicht im Geringsten.
    »Bleiben Sie in Boston?«, fragte sie. »Wo wir Sie erreichen können?«
    Ich bejahte, und sie verabschiedeten sich. Damit war der fünfte Tag zu Ende.
     
    Nachdem ich in einer Sportbar einen Schwarzhändler für Baseballtickets aufgetan hatte, verbrachte ich den größten Teil des sechsten und siebten Tages im Fenway Park und verfolgte, wie die Red Sox sich früh in der Saison durch zwei Heimspiele quälten. Das Freitagsspiel ging über siebzehn Innings und endete erst spätnachts. Deshalb schlief ich am achten Tag lange und zog abends los, um die Konzertbesucher in Augenschein zu nehmen, die in die Symphony Hall strömten. Vielleicht hatte Quinn ein Abonnement für eine Konzertreihe. Aber er ließ sich nicht blicken. Ich versuchte mich zu erinnern, wie er mich angesehen hatte. Vielleicht war das nur ein missmutiger Blick über das Gedränge auf dem übervollen Gehsteig gewesen. Aber es konnte auch mehr dahinter gesteckt haben.
    Am Morgen des neunten Tages – Sonntag – rief Susan Duffy wieder an. Diesmal klang ihre Stimme anders, und zwar wie die eines Menschen, der einen Plan hatte.
    »Mittags in der Hotelhalle«, sagte sie.
    Diesmal kam sie mit einem Auto. Allein. Es war ein Taurus mit Minimalausstattung, dessen Innenraum schmuddelig aussah. Ein Dienstwagen. Zu ausgebleichten Jeans trug sie teure italienische Slipper und eine abgewetzte Lederjacke. Ihr Haar war frisch gewaschen und aus der Stirn gekämmt. Ich stieg vorn neben ihr ein. Sie wendete über sechs Fahrspuren hinweg und hielt direkt auf den Tunnel zur Massachusetts Turnpike zu.
    »Zachary Beck hat einen Sohn«, sagte sie.
    Sie nahm eine unterirdische Kurve sehr schnell, bevor der Tunnel endete und wir ins Freie kamen.
    »Er ist im vorletzten Studienjahr«, fuhr sie fort. »An irgendeinem unbedeutenden College für Geisteswissenschaften, das nicht allzu weit von hier entfernt liegt. Wir haben mit einem seiner Kommilitonen gesprochen und ihm dafür die Sorge um ein Cannabisproblem abgenommen. Der Sohn heißt Richard Beck. Nicht sehr beliebt, ein bisschen merkwürdig. Scheint durch etwas, das vor ungefähr fünf Jahren passiert ist, schwer traumatisiert zu sein.«
    »Wodurch?«
    »Er ist entführt worden.«
    Ich schwieg.
    »Sehen Sie?«, sagte Duffy.»Wissen Sie, wie oft normale Leute heutzutage entführt werden, um ein Lösegeld zu erpressen?«
    »Nein«, antwortete ich.
    »Kommt so gut wie nie vor«, sagte sie. »Das ist ein fast ausgestorbenes Verbrechen. Also muss es einen Zusammenhang mit Revierkämpfen gegeben haben. Die

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