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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Freizeitkleidung, in der er sich nicht sehr wohl zu fühlen schien. Sie hatte wieder verwaschene Jeans und die abgewetzte Lederjacke an. Selbst in diesem Aufzug sah sie blendend aus. Keiner der beiden hielt sich mit einer langen Begrüßung auf, was mir nur recht war.
    »Wohin fahren Sie?«, fragte Eliot.
    »New London, Connecticut«, antwortete ich.
    »Was ist in dem Lastwagen?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Keine Überwachung«, sagte Duffy. Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Könnte elektronisch sein«, sagte ich.
    »Wo wär sie angebracht?«
    »Unter der Ladung, wenn sie einigermaßen vernünftig sind. Haben Sie den Lötkolben dabei?«
    »Nein, aber der kommt gleich«, sagte sie. »Wozu brauchen wir den?«
    »Der Laderaum ist mit einem Bleisiegel gesichert«, sagte ich. »Das muss wieder so aussehen wie vorher.«
    Sie sah besorgt die Zufahrt entlang. »War schwierig, ihn so schnell zu besorgen.«
    »Ich schlage vor, die zugänglichen Teile zu kontrollieren, während wir warten«, sagte Eliot.
    Wir trabten zu dem blauen Kastenwagen zurück. Ich ließ mich auf die Knie nieder, um einen Blik auf den Unterboden des Fahrzeugs zu werfen. Er war dick mit altem, von austretendem Öl und Hydraulikflüssigkeit fleckigen Schmutz überkrustet.
    »Nicht hier unten«, sagte ich. »Man würde einen Meißel brauchen, um an blankes Metall zu kommen.«
    Eliot entdeckte den Sender in knapp fünfzehn Sekunden im Fahrerhaus. Er war mit einem kurzen Streifen Klettband unter der Schaumstoffpolsterung des Beifahrersitzes befestigt. Das Ding glich einer ungewöhnlich dicken Münze, aus der ein zwanzig Zentimeter langer dünner Draht heraushing – vermutlich die Antenne. Eliot hielt den Minisender in einer Faust, als er hastig aus dem Fahrerhaus stieg und die Zufahrt entlangsah.
    »Was ist?«, fragte Duffy.
    »Das verstehe ich nicht«, erwiderte er. »Dieses Ding hat eine Hörgerätebatterie, sonst nichts. Kaum Leistung, kaum Reichweite. Ist höchstens zwei Meilen weit zu empfangen. Wo ist also der Typ, der Reacher beschattet?«
    Auf der Zufahrt war kein Fahrzeug zu sehen. Nach mir war niemand mehr vom Highway abgebogen. Wir starrten mit vom kalten Wind tränenden Augen ins Leere. Hinter den Bäumen konnten wir den Verkehr auf der I-95 hören, aber die Zufahrt zur Raststätte blieb leer.
    »Wie lange sind Sie jetzt schon hier?«, fragte Eliot.
    »Ungefähr vier, fünf Minuten«, sagte ich.
    »Das verstehe ich nicht«, wiederholte er. »Dann hätte der Typ vier bis fünf Meilen hinter Ihnen sein müssen. Aber aus dieser Entfernung kann er den Sender gar nicht hören.«
    »Vielleicht gibt’s gar keinen Typen«, sagte ich, »weil sie mir vertrauen.«
    »Wozu haben sie dann dieses Ding im Fahrerhaus installiert?«
    »Vielleicht haben sie’s nicht getan. Vielleicht war es seit Jahren dort. Vielleicht hatten sie’s ganz vergessen.«
    »Zu viele Vielleichts«, meinte er.
    Duffy wandte sich nach rechts und starrte in die Bäume.
    »Sie könnten auf der Standspur des Highways stehen«, erklärte sie. »Genau auf unserer Höhe.«
    Eliot und ich starrten in dieselbe Richtung. Duffy hatte natürlich Recht. Es wäre keine sehr clevere Überwachungstaktik gewesen, auf den Rastplatz zu fahren und direkt neben dem zu überwachenden Fahrzeug zu parken.
    »Sehen wir mal nach«, sagte ich.
    Vor uns lagen ein schmaler Rasenstreifen und ein ebenso schmaler Streifen, auf dem Landschaftsgärtner den Waldrand mit angepflanzten Büschen und Rindenmulch kultiviert hatten. Danach kamen nur noch Bäume. Der Highway hatte sie im Osten, der Rastplatz im Westen verdrängt, aber dazwischen war ein ungefähr vierzig Meter breiter Waldstreifen erhalten geblieben. Dornengestrüpp, Brombeerranken und niedrige Äste standen uns im Weg. Zum Glück hatten wir erst April. Im Juli oder August wäre hier vermutlich kein Durchkommen gewesen.
    Kurz bevor die Bäume in niedrigeres Buschwerk übergingen, blieben wir stehen. Vor uns lag eine Grasböschung, die sanft abfallend zur Standspur der I-95 hinunterführte. Wir arbeiteten uns vorwärts, so weit wir uns trauten, und hielten mit vorgesreckten Hälsen nach links und rechts Ausschau. Dort parkte niemand. So weit wir sehen konnten, war die Standspur leer. Es herrschte kaum Verkehr. Manchmal vergingen fünf Sekunden, ohne dass irgendein Fahrzeug auftauchte. Eliot zuckte mit den Schultern, als verstehe er das alles nicht. Wir kehrten um.
    »Das begreife ich nicht«, sagte er wieder.
    »Sie haben nicht genügend

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