Der Janusmann
Waschmaschine auf einem Holzpodest stand, damit der Abwasserschlauch in einen kniehoch in die Wand eingelassenen Ablauf führen konnte. Es gab mehrere Lagerräume und zwei abgeschlossene Räume mit massiven Türen. Ich legte ein Ohr an sie, ohne dahinter etwas zu hören. Anschließend klopfte ich leise, bekam aber keine Antwort.
Ich ging wieder nach oben und begegnete in der Eingangshalle Richard Beck und seiner Mutter. Richard hatte sich die Haare gewaschen, rechts einen tiefen Scheitel gezogen und sie auf die andere Seite gekämmt, damit sie das fehlende Ohr verdeckten. Das erinnerte an die Frisur so mancher alten Männer, die damit ihre Glatze verstecken wollen. Aus seiner Miene sprach noch immer eine gewisse Ambivalenz. Er schien erfreut, mich zu sehen. Nicht nur, weil ich seinen Arsch gerettet hatte, sondern vielleicht auch, weil er in mir einen Vertreter der Außenwelt sah.
»Alles Gute zum Geburtstag, Mrs. Beck«, sagte ich.
Sie lächelte, als fühle sie sich geschmeichelt, dass ich daran gedacht hatte. Sie sah besser aus als am Tag zuvor. Obwohl sie mindestens zehn Jahre älter war als ich, hätte ich wahrscheinlich mit ihr zu flirten versucht, wenn wir uns zufällig irgendwo in einer Bar oder einem Club begegnet wären.
»Sie werden eine Zeit lang bei uns bleiben«, sagte sie. Dann schien ihr einzufallen, warum ich bei ihnen bleiben würde. Ich hielt mich hier versteckt, weil ich einen Cop erschossen hatte. Sie wirkte verwirrt, wendete den Blick ab und ging weiter. Richard, der sie begleitete, sah sich nochmals verstohlen nach mir um. Ich kehrte in die Küche zurück. Paulie war nicht dort. An seiner Stelle erwartete mich Zachary Beck.
»Was für Waffen hatten sie?«, fragte er mich. »Die Kerle in dem Toyota?«
»Uzis«, antwortete ich. Bleib wie jeder gute Lügner möglichst bei der Wahrheit. »Und eine Handgranate.«
»Was für Uzis?«
»Die Mikros«, erwiderte ich. »Die kleine Ausführung.«
»Magazine?«
»Kurzmagazine. Zwanzig Schuss.«
»Wissen Sie das ganz sicher?«
Ich nickte.
»Verstehen Sie etwas davon?«
»Diese Maschinenpistole hat ein Leutnant der israelischen Armee konstruiert«, erklärte ich. »Er hieß Uziel Gal und war ein Tüftler. Er hat die alten tschechischen Modelle 23 und 25 so verbessert, dass zuletzt eine völlig neue Waffe entstand. Das war 1949. Die erste Uzi wurde dann 1953 gebaut. Sie wird in Belgien und Deutschland in Lizenz hergestellt. Ich habe schon einige gesehen.«
»Und Sie wissen bestimmt, dass dies die kleine Ausführung mit dem kurzen Magazin war?«
»Hundertprozentig.«
»Okay«, sagte Beck, als bedeute ihm das etwas. Dann verließ er den Raum. Ich dachte über die Dringlichkeit seiner Fragen und die Knitterfalten in Dukes Anzug nach. Die Kombination aus beiden machte mir Sorgen.
Ich fand das Dienstmädchen und erklärte ihm, dass ich Klamotten brauchte. Sie zeigte mir eine lange Einkaufsliste und sagte, sie sei in den Supermarkt unterwegs. Ich machte ihr klar, dass ich keine neuen Sachen besorgt, sondern nur von jemandem ausgeliehen haben wollte. Sie wurde rot, nickte und verschwand wortlos. Dann tauchte die Köchin auf und machte mir ein Rührei mit Schinken. Dazu gab es Kaffee, was den Tag schon in freundlicheres Licht tauchte. Nach dem Frühstück stieg ich die zwei Treppen in mein Zimmer hinauf. Das Dienstmädchen hatte einen kleinen Stapel Kleidungsstücke auf den Fußboden neben die Tür gelegt. Schwarze Jeans und ein schwarzes Jeanshemd. Schwarze Socken und weiße Unterwäsche. Alles tadellos gewaschen und gebügelt. Ich vermute, dass die Sachen von Duke stammten. Becks oder Richards Klamotten wären mir zu klein gewesen, und in Paulies Sachen hätte ich ausgesehen, als steckte ich in einem Zelt. Ich schloss mich im Bad ein und holte den E-Mail-Empfänger hervor. Die einzige Nachricht stammte von Susan Duffy: Haben Ihren Standort auf der Karte gefunden. Ziehen in Motel nahe der I- 95 und 25 Mi. SW von Ihnen um. Antwort von Powell: »Vertraulich, beide UE nach 5, 10-2, 10-28.« Fortschritte?
Ich lächelte zufrieden. Powell und ich sprachen noch dieselbe Sprache. Beide UE nach 5 bedeutete, dass die beiden Männer nach fünf Dienstjahren unehrenhaft entlassen worden waren. Nach so langer Zeit konnte ihre Entlassung nichts mit mangelnder Befähigung oder Ausbildungsproblemen zu tun gehabt haben. Solche Dinge hätten sich viel früher gezeigt. Nach fünf Jahren flog nur raus, wer etwas ausgefressen hatte. Und daran ließ 10-2, 10-28 keinen
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