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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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und eine Adresse, klar, aber damit kann er nicht gleich etwas anfangen. Er wird einige Tage brauchen, um ihre Fährte aufnehmen zu können.«
    »Das soll die gute Nachricht sein?«
    »Ja. Glauben Sie mir, sie leben in verschiedenen Welten. Und uns bleiben ohnehin nur ein paar Tage. Wir können die Leibwächter nicht endlos lange festhalten.«
    »Was ist die schlechte Nachricht?«
    Sie machte eine kurze Pause. »Leider lässt sich nicht ausschließen, dass doch jemand einen Blick auf den Lincoln geworfen hat.«
    »Wie konnte das passieren?«
    »Nun, vielleicht ist die Garage nicht ganz so gut bewacht worden, wie’s möglich gewesen wäre.«
    »Was bedeutet das?«
    »Das bedeutet, dass wir nicht dafür garantieren können, dass nichts Unvorhergesehenes passiert ist.«
    Wir hörten das Rolltor des Lastwagens nach oben rattern. Im nächsten Augenblick rief Eliot uns. Als wir bei ihm ankamen, erwarteten wir, etwas Positives zu sehen. Stattdessen zeigte er uns einen weiteren Peilsender – wieder eine dicke Scheibe von der Größe einer Münze mit einer zwanzig Zentimeter langen Drahtantenne. Er klebte ungefähr in Kopfhöhe innen am Rahmen des Rolltors.
    »Klasse«, meinte Duffy.
    Der Laderaum war in bekannter Manier mit Teppichen voll gepackt. Sie waren eng zusammengerollt, mit einem groben Strick zusammengebunden und in absteigender Größe aufgereiht.
    »Kontrollieren wir sie?«, fragte der Alte.
    »Keine Zeit«, antwortete ich. »Wenn jemand das Sendersignal verfolgt, rechnet er sich aus, dass ich hier vielleicht zehn Minuten bleibe, nicht mehr.«
    »Schickt den Hund rein«, sagte Duffy.
    Ein Mann, den ich nicht kannte, öffnete die Hecktür des DEA-Vans und holte einen Beagle an einer Leine heraus. Es war ein kleines, fettes, kurzbeiniges Tier mit einem Brustgeschirr. Er hatte Schlappohren und einen wachen Gesichtsausdruck. Ich mag Hunde. Ich habe schon daran gedacht, mir einen zuzulegen. Er könnte mir Gesellschaft leisten. Dieser hier ignorierte mich völlig. Er ließ sich von dem Hundeführer zu dem blauen Lastwagen bringen und wartete dann auf seinen Einsatzbefehl. Der Mann hob ihn hoch und setzte ihn auf den Teppichrollen ab. Er schnalzte mit den Fingern, gab ein kurzes Kommando und nahm ihm die Leine ab. Der Beagle rannte rauf und runter, kreuz und quer über die Rollen. Wegen seiner kurzen Beine hatte er Mühe, die Höhenunterschiede zu bewältigen. Doch er schnüffelte jeden Quadratzentimeter ab, kam dann zum Ausgangspunkt zurück und stand mit glänzenden Augen, wedelndem Schwanz und wie zu einem Grinsen hochgezogenen Lefzen da, als wollte er fragen: Okay, wo ist die Action?
    »Nichts«, sagte der Hundeführer.
    »Legitime Ladung«, meinte Eliot.
    Duffy nickte. »Aber weshalb soll sie wieder nach Norden geschafft werden? Es gibt keine Wiederausfuhr von Teppichen nach Odessa. Wozu denn auch?«
    »Das war ein Test«, erklärte ich. »Sie wollten sehen, ob ich mich für die Ladung interessiere oder nicht.«
    »Bringt das Siegel wieder an«, befahl Duffy.
    Der Mann hob seinen Hund heraus, und Eliot zog das Rolltor wieder herunter. Der Alte griff nach seinem Lötkolben, und Duffy nahm mich nochmals beiseite.
    »Entscheidung?«, fragte sie.
    »Was würden Sie tun?«
    »Abbrechen«, erwiderte sie. »Der Lincoln ist der Schwachpunkt. Er kann Ihnen das Genick brechen.«
    Ich sah über ihre Schulter und beobachtete den Alten bei der Arbeit. Er war schon dabei, den Klumpen Lötzinn in Form zu bringen.
    »Sie sind auf unsere Story reingefallen«, sagte ich. »Sie konnten gar nicht anders. Es war eine großartige Story.«
    »Sie könnten sich den Lincoln genauer angesehen haben.«
    »Aus welchem Grund?«
    Der Alte war schon fast fertig. Er beugte sich über die Lötstelle, um draufzublasen, damit der Draht mattgrau wurde. Duffy legte mir eine Hand auf den Arm.
    »Wieso hat Beck von den Uzis gesprochen?«, fragte sie.
    »Keine Ahnung.«
    »Fertig!«, rief der Alte.
    »Entscheidung?«, fragte Duffy.
    Ich dachte an Quinn. Erinnerte mich daran, wie sein Blick über mein Gesicht geglitten war, nicht hastig, nicht langsam. Dachte an die Narben von Kleinkalibergeschossen in seiner linken Stirnseite.
    »Ich fahre zurück«, sagte ich. »Hätten sie Zweifel gehabt, hätten sie mich schon heute Morgen umgelegt.«
    Duffy schwieg. Sie erhob keine Einwände, nahm nur die Hand von meinem Arm und ließ mich gehen.

5
     
    Sie ließ mich gehen, verlangte aber ihre Pistole nicht wieder zurück. Vielleicht war das eine unbewusste

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