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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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dann so nachdrücklich nach den Uzis gefragt?«
    Sie überlegte.
    »Wir müssen das Unternehmen abbrechen«, sagte sie mit einem Mal. »Wegen des Toyotas. Nicht wegen des Lincolns. Der ist in Ordnung.«
    Ich sah auf die Uhr. Konzentrierte mich wieder auf die Straße vor uns. Bald würden wir Eliot einholen. Ich jonglierte in Gedanken mit Zeiten und Entfernungen.
    »Wir müssen abbrechen«, wiederholte sie.
    Ich dachte an Quinn.
    »Darüber reden wir später«, sagte ich. »Vorläufig bleiben wir im Geschäft.«
     
    Acht Minuten später überholten wir Eliot. Sein Taurus fuhr mit bescheidenen fünfzig auf der äußersten rechten Fahrspur. Ich setzte mich vor ihn und passte mich seinem Tempo an. Wir fuhren um ganz Boston herum und bogen auf den ersten Rastplatz südlich der Stadt ab. Hier herrschte viel mehr Betrieb. Ich blieb neben Duffys Taurus in meinem Lastwagen sitzen und beobachtete zweiundsiebzig Sekunden lang die Zufahrt. In dieser Zeit sah ich vier Wagen von der I-95 abbiegen. Keiner der Fahrer achtete auf mich. Zwei hatten Mitfahrer im Auto. Alle benahmen sich ganz normal: Sie stiegen aus, standen gähnend an ihren offenen Autotüren, blickten sich um, gingen dann zu den Toiletten und in das Schnellrestaurant.
    »Wo steht der andere Lastwagen?«, fragte Duffy.
    »Auf einem Grundstück in New London«, antwortete ich.
    »Schlüssel?«
    »Im Türfach.«
    »Dann sind auch dort Leute. Niemand lässt einen Lastwagen mit Schlüsseln unbewacht stehen. Also werden Sie erwartet. Wir wissen nicht, welchen Auftrag die Leute in Bezug auf Sie haben. Sie sollten überlegen, ob Sie diese Sache nicht abbrechen wollen.«
    »Ich gerate in keinen Hinterhalt«, entgegnete ich. »Nicht meine Art. Und der andere Lastwagen hat vielleicht eine interessantere Ladung.«
    »Okay«, sagte sie. »Wir kontrollieren sie in New Hampshire. Wenn Sie so weit kommen.«
    »Sie könnten mir Ihre Glock leihen.«
    Sie griff unter ihren rechten Arm. »Für wie lange?«
    »Für so lange, wie ich sie brauche.«
    »Was ist mit den Colts?«
    »Die haben sie mir abgenommen.«
    »Das geht nicht«, sagte sie. »Ich darf meine Dienstwaffe nicht aus der Hand geben.«
    »Ihr ganzes Unternehmen ist sowieso höchst illegal.«
    Sie dachte nach.
    »Scheiße«, sagte sie dann, zog die Glock aus dem Schulterhalfter und gab sie mir. Ich wog sie in der Hand und genoss ihr beruhigendes Gewicht. Duffy wühlte in ihrer Umhängetasche und brachte zwei Magazine zum Vorschein. Ich steckte sie in die eine und die Waffe in die andere Manteltasche.
    »Danke.«
    »Wir sehen uns in New Hampshire. Dort kontrollieren wir den Lastwagen. Und dann treffen wir eine Entscheidung.«
    »Okay«, sagte ich, obwohl meine Entscheidung schon feststand. Eliot kam herüber und brachte den Minisender, um ihn wieder unter dem Beifahrersitz anzubringen. Danach ging er mit Duffy zum Dienstwagen. Ich wartete noch ein paar Minuten und fuhr dann wieder auf die I-95 hinaus.
     
    Nach New London fand ich ohne Schwierigkeiten. Die Stadt war ein trübseliges altes Nest. Ich war noch nie dort gewesen. Hatte nie Grund dazu gehabt. New London ist eine Navy-Stadt. Ich glaube, dass dort U-Boote gebaut werden. Oder irgendwo in der Nähe. Vielleicht in Groton. Ich folgte Becks Wegbeschreibung, verließ frühzeitig den Highway und schlängelte mich durch verfallende Industriegebiete. Dort gab es reichlich alte Klinkerbauten, feucht, rauchgeschwärzt und heruntergekommen. Ungefähr eine Meile von dem Grundstück entfernt bog ich in eine Seitenstraße ab. Dann fuhr ich einmal rechts und einmal links, um mich ihm aus der Gegenrichtung anzunähern. Ich parkte an einer defekten Parkuhr und sah mir Duffys Pistole an: eine Glock 19, höchstens ein Jahr alt. Die Reservemagazine waren voll. Ich stieg aus. Vom Sund her war das Tuten von Nebelhörnern zu hören. Anscheinend lief eine Fähre ein. Der Wind trieb Abfälle die Straße entlang. Aus einem Hauseingang trat eine Nutte, die mir einladend zulächelte.
    Ich kam um eine Straßenecke und konnte nun mein Ziel, das unbebaute Grundstück, zum größten Teil überblicken. Es fiel zum Meer hin leicht ab. Mein Standort war etwas erhöht. Ich erkannte den Kastenwagen, der dort für mich bereitstand. Er war identisch mit dem Fahrzeug, in dem ich gekommen war. Gleiches Alter, gleiches Modell, gleiche Farbe. Er stand ganz allein mitten auf dem Grundstück, ein mit Ziegelmehl bestreutes und von Unkraut überwuchertes Quadrat. Vor zwei Jahrzehnten war hier irgendein altes

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