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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Duffy: Wieder heil zurück? Ich drückte die Antworttaste und tippte: Stellen Sie ein Auto eine Meile vor dem Haus ab. Lassen Sie den Schlüssel stecken. Leise Anfahrt, kein Licht.
    Ich drückte auf jetzt senden und wartete. Wahrscheinlich benutzte sie einen Laptop und saß in ihrem Hotelzimmer vor dem eingeschalteten Gerät. Ein Klingelzeichen würde ihr signalisieren: Sie haben Post!
    Sie meldete sich mit: Warum? Wann?
    Ich sendete: Nicht fragen. Mitternacht.
    Diesmal musste ich noch länger warten. Dann antwortete sie: Okay.
    Ich sendete: Um 6 Uhr abholen, unauffällig.
    Sie bestätigte: Okay.
    Ich sendete: Beck kennt die Toyota-Besitzer.
    Neunzig qualvolle Sekunden später meldete sie sich mit: Wie?
    Ich sendete: Geschäftlich.
    Sie fragte: Nährere Einzelheiten?
    Ich sendete: Nicht erläutert.
    Sie antwortete mit einem einzigen Wort: Scheiße.
    Ich wartete, aber vorerst kam nichts mehr. Duffy beriet sich vermutlich mit Eliot. Ich sendete eine Frage: Wie viele habt ihr in Hartford verhaftet? Sie antwortete: Alle, das heißt drei. Ich fragte: Reden sie? Duffy berichtete: Sie halten eisern dicht. Ich fragte weiter: Anwälte? Sie erwiderte: Keine Anwälte.
    Dies war eine sehr mühsame Methode, sich zu unterhalten. Aber man hatte dabei reichlich Zeit zum Nachdenken. Rechtsanwälte wären tödlich gewesen. Beck wäre mühelos an sie herangekommen. Früher oder später würde er auf die Idee verfallen nachzuforschen, ob seine Geschäftsfreunde verhaftet worden waren.
    Ich sendete: Könnt ihr sie in Isolierhaft halten?
    Sie sendete: Ja, ein bis zwei Tage.
    Ich sendete: Dringend notwendig.
    Nun folgte eine lange Pause. Dann fragte sie: Was denkt Beck?
    Ich sendete: Dass sie ihm den Krieg erklärt haben und abgetaucht sind.
    Sie fragte: Was haben Sie vor?
    Ich sendete: Weiß ich nicht genau.
    Sie sendete: Empfehle, dass Sie sich mit dem Wagen absetzen, den ich zurücklasse.
    Ich antwortete: Vielleicht.
    Wieder eine lange Pause. Dann sendete sie: Gerät abschalten; Batterie schonen. Ich musste lächeln. Duffy war eine sehr praktisch veranlagte Frau.
     
    Ich lag drei Stunden lang vollständig bekleidet auf dem Bett und lauschte auf das Klingeln eines Telefons. Aber ich hörte keines. Kurz vor Mitternacht stand ich auf, rollte den Orientteppich zusammen und streckte mich auf dem Fußboden aus, um an den Dielen zu horchen. Das ist die beste Methode, um leise Geräusche in einem Haus mitzubekommen. Ich konnte die Heizung arbeiten hören. Ich konnte den Wind an den Giebeln und Erkern hören. Das Meer hingegen war ruhig. Im Haus selbst, ein solider Steinbau, in dem nichts knarrte oder knackte, war es still. Nirgends ein Laut, der auf menschliche Aktivitäten schließen ließ. Keine Stimmen, keine Bewegung. Ich vermutete, dass Duke wie tot schlief. Er, der Profi, war der Einzige, der mir Sorgen bereitete.
    Ich schnürte die Schuhe fest und zog das Sakko aus. Dann schob ich das Fenster ganz hoch und setzte mich mit dem Rücken nach außen aufs Fensterbrett. Starrte die Tür an. Verrenkte den Hals und sah nach draußen. Am Himmel stand eine schmale Mondsichel. Auch die Sterne gaben etwas Licht.
    Ich schwang meine Beine nach draußen und rutschte etwas zur Seite. Dann drehte ich mich auf den Bauch und tastete mit den Zehen herum, bis ich eine Rille fand, die als Akzentlinie in die Fassade gemeißelt worden war. Als ich mit beiden Füßen darin Halt fand, hielt ich mich mit einer Hand am Fensterbrett fest und schloss mit der anderen das Fenster bis auf einen handbreiten Spalt. Schob mich seitlich weiter und tastete nach dem Abflussrohr der Regenrinne. Es war ungefähr einen Meter von mir entfernt: ein dickes Gussrohr mit ungefähr fünfzehn Zentimetern Durchmesser. Ich konnte die rechte Handfläche darauf legen. Es fühlte sich massiv an, war jedoch zu weit entfernt. Ich bin nicht besonders beweglich. Dürfte ich an Olympischen Spielen teilnehmen, wäre ich ein Ringer, Boxer oder Gewichtheber, kein Turner.
    Ich zog die rechte Hand wieder zurück und schob mich auf Zehenspitzen stehend möglichst weit nach rechts. Dabei ließ ich meine Linke ruckartig über die Fensterbank gleiten, bis ich an der Ecke des Fensterrahmens angelangt war. Streckte nun die Rechte aus. Umfasste mit ihr die andere Seite des Fallrohrs. Das Gusseisen fühlte sich kalt und vom Tau leicht rutschig an. Ich umfasste es mit Fingern und Daumen. Testete meinen Griff. Machte eine Grätsche bis zum Rohr und klebte nun zwischen Fenster und Ablaufrohr an der Wand.

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