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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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wie am Fließband. Auf einer Warmhalteplatte stand noch unberührt ein großer Teller mit einer weiteren Mahlzeit. Vielleicht hatte jemand die Angewohnheit, zweimal zu Abend zu essen.
    Ich aß schnell und lauschte angestrengt, ob irgendwo das Telefon klingelte. Ich rechnete mir aus, dass ich mir die Schlüssel schnappen und im Freien sein konnte, bevor das erste Klingeln verstummt war. Im Cadillac, bevor das zweite ertönte. Halb die Einfahrt hinunter, bevor das dritte verhallte. Ich konnte das Tor durchbrechen und Paulie überfahren. Aber das Telefon klingelte nicht. Außer den Kaugeräuschen der anderen war es im Haus still. Auch heute gab es wieder keinen Kaffee. Ich war kurz davor, das persönlich zu nehmen, denn ich liebe Kaffee. Nun musste ich Wasser trinken. Es kam aus dem Hahn über dem Ausguss und war stark gechlort. Bevor ich mein zweites Glas geleert hatte, kam das Dienstmädchen aus dem Speisezimmer der Familie und kam auf mich zu. Sie bewegte sich mit ihren altmodischen Schuhen ein wenig unbeholfen und wirkte schüchtern. Ich fand, dass sie wie eine waschechte Irin aussah.
    »Mr. Beck möchte Sie sprechen«, sagte sie.
    Dies war das zweite Mal, dass ich sie reden hörte. Sie hatte einen leichten irischen Akzent.
    »Jetzt?«, fragte ich.
    »Ich glaube schon«, antwortete sie.
    Er erwartete mich in dem Raum mit dem langen eichenen Refektoriumstisch, an dem ich für ihn russisches Roulett gespielt hatte.
    »Der Toyota war aus Hartford, Connecticut«, begann er. »Angel Doll hat das Kennzeichen heute Morgen überprüft.«
    »In Connecticut gibt’s keine vorderen Nummernschilder«, sagte ich, weil ich etwas sagen musste.
    »Wir kennen die Besitzer«, sagte er.
    Ich starrte ihn an und benötigte eine Zehntelsekunde, um zu begreifen, was er damit meinte.
    »Woher kennen Sie sie?«, wollte ich wissen.
    »Wir haben geschäftliche Beziehungen.«
    »In der Teppichbranche?«
    »Welcher Art unsere Beziehungen sind, braucht Sie nicht zu interessieren.«
    »Wer sind sie?«
    »Auch das braucht Sie nicht zu kümmern«, wehrte er ab.
    Ich schwieg.
    »Aber es gibt ein Problem«, fuhr er fort. »Die Leute, die Sie beschrieben haben, sind nicht die Leute, denen der Toyota gehört.«
    »Wissen Sie das bestimmt?«
    Er nickte. »Sie haben sie als groß und blond beschrieben. Die Kerle, denen der Wagen gehört, sind klein und schwarzhaarig.«
    »Wer sind dann die Kerle, die ich gesehen habe?«, fragte ich.
    »Zwei Möglichkeiten«, sagte er. »Erstens: Jemand hat ihr Auto geklaut.«
    »Oder?«
    »Zweitens: Vielleicht haben sie neue Leute eingestellt.«
    »Beides ist möglich«, bemerkte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Erstens fällt weg. Ich habe sie angerufen. Sie haben sich nicht gemeldet. Also habe ich herumgefragt. Sie sind verschwunden. Aber wieso sollten sie abtauchen, nur weil jemand ihr Auto geklaut hat?«
    »Also haben sie neue Leute eingestellt.«
    Er nickte. »Und beschlossen, die Hand zu beißen, die sie füttert.«
    Ich sagte nichts.
    »Wissen Sie bestimmt, dass sie Uzis hatten?«
    »Ich habe sie gesehen«, antwortete ich.
    »Keine MP 5 K?«
    »Nein«, sagte ich bestimmt. Diese Waffen konnte man unmöglich verwechseln. Sie sahen sich nicht einmal andeutungsweise ähnlich. Die MP5K ist eine Anfang der siebziger Jahre von Heckler & Koch entwickelte Maschinenpistole mit kurzem Lauf. Sie hat zwei große, dicke Griffe aus hochwertigem Kunststoff. Sie wirkt sehr futuristisch, wie eine Filmrequisite. Im Vergleich zu ihr sieht eine Uzi wie etwas aus, das ein Blinder in seinem Keller zusammengebastelt hat.
    »Eindeutig Uzis«, sagte ich.
    »Die Entführung kann kein Zufall gewesen sein?«, fragte er.
    »Nein«, erwiderte ich.
    Er nickte wieder.
    »Damit haben sie mir den Krieg erklärt«, sagte er. »Und sind abgetaucht. Sie halten sich irgendwo versteckt.«
    »Wozu?«
    »Keine Ahnung.«
    Danach herrschte Schweigen.
    »Wollen Sie sie suchen?«, erkundigte ich mich.
    »Darauf können Sie Ihren Arsch verwetten«, meinte Beck.
     
    Duke wartete in der Küche auf mich. Er war wütend und ungeduldig und wollte mich nach oben bringen und über Nacht einsperren. Ich protestierte nicht dagegen. Eine abgeschlossene Tür, die innen kein Schlüsselloch hat, ist ein sehr gutes Alibi.
    »Morgen, halb sechs«, sagte er noch. »Ich hole dich zum Dienst.«
    Ich horchte angestrengt, hörte das Schloss klicken und wartete darauf, dass seine Schritte sich entfernten. Dann beschäftigte ich mich mit meinem Schuh. Ich hatte eine Nachricht von

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