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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Benutzte das flackernde Licht, um mich nach dem großen Schlüsselbund umzusehen, den ich auf dem Küchentisch liegen gelassen hatte. Diese Schlüssel hätte ich gut brauchen können, aber sie waren nicht mehr da. Das überraschte mich nicht sonderlich. Sie hier zu finden, wäre fast zu schön gewesen, um wahr zu sein.
    Ich blies das Zündholz aus und tastete mich in der Dunkelheit bis zur Kellertreppe vor. Schlich ganz hinunter und riss am Fuß der Treppe ein weiteres Zündholz mit dem Daumennagel an. Folgte den Leitungen unter der Kellerdecke bis zum Sicherungskasten. Auf dem kleinen Regal darunter stand eine Stablampe. Der vorhersehbare Platz für eine Taschenlampe. Fliegt eine Sicherung raus, ist dieser Kasten das Ziel, nicht der Ausgangspunkt.
    Die Stablampe war eine große schwarze Maglite von der Länge eines Gummiknüppels. Sie enthielt sechs dicke Batterien. Wir hatten sie früher bei der Army verwendet. Sie sollte unzerbrechlich sein, aber wir hatten festgestellt, dass das davon abhing, was man damit traf und wie kräftig man zuschlug. Ich knipste sie an und blies das Streichholz aus. Spuckte auf das abgebrannte Ende und steckte es ein. Leuchtete dann in den Sicherungskasten. Hinter der Tür aus grauem Blech zählte ich insgesamt zwanzig Sicherungen in zwei Reihen. Keine war mit Torhaus beschriftet. Offenbar bezog es seinen Strom direkt, was nur vernünftig war. Es wäre unsinnig gewesen, den Strom erst ins Haupthaus zu leiten und das Wachlokal von hier aus zu versorgen. Ich war nicht überrascht, aber ein wenig enttäuscht, schloss den Sicherungskasten und ging weiter, um mir die verschlossenen Türen anzusehen, die ich am Morgen entdeckt hatte.
    Bevor man ein Schloss zu öffnen versucht, kontrolliert man, ob es nicht vielleicht schon offen ist. Diese Schlösser waren nicht mehr abgesperrt. Beide Türen ließen sich durch einfaches Herabdrücken der Klinke öffnen.
    Der erste Raum, ein Quadrat von ungefähr drei Metern Seitenlänge, war völlig leer. Ich leuchtete Boden und Wände mit der Maglite ab. Der kleine Raum hatte Wände aus Fels und einen Betonboden. Keine Fenster. Er sah wie ein Lagerraum aus und war tadellos sauber. Keine Teppichfasern. Nicht einmal Staub oder Wollmäuse. War mit Besen und Staubsauger gereinigt worden, wahrscheinlich erst am gestrigen Vormittag, und roch ein bisschen feucht und modrig. Genau wie man es von einem Felsenkeller erwartete. Ich konnte den typischen trockenen Geruch eines Staubsaugerbeutels riechen. Und einen schwachen, rätselhaften Duft, der eben noch wahrnehmbar war. Ein Duft, der mir vage vertraut schien. Trocken und papieren. Etwas, das ich hätte erkennen müssen. Ich trat in den Raum und schaltete die Stablampe aus. Schloss die Augen, blieb in der Dunkelheit stehen und konzentrierte mich. Der Duft verschwand. Man hätte glauben können, meine Bewegungen hätten die Luftmoleküle verwirbelt und der schwache Duft sei in dem leichten Modergeruch des Kellerraums untergegangen. Obwohl ich mir alle Mühe gab, ließ er sich nicht mehr zurückholen. Also gab ich auf. Dieser Duft glich einer Erinnerung. Setzte man ihr nach, verflüchtigte sie sich umso schneller. Und ich durfte keine Zeit vergeuden.
    Ich schaltete die Stablampe wieder ein, trat auf den Gang hinaus und schloss lautlos die Tür hinter mir. Blieb stehen und horchte. Ich konnte die Heizung arbeiten hören. Sonst nichts. Ich sah mir den nächsten zuvor abgesperrten Raum an. Auch er war leer. Aber nur in dem Sinn, dass er gegenwärtig unbewohnt war. Er hatte als Schlafraum gedient.
    Dieser Raum war etwas größer als der erste, ungefähr drei mal vier Meter. Der Lichtstrahl der Maglite zeigte mir Wände aus Fels, einen Betonboden, keine Fenster. Auf dem Boden lag eine dünne Matratze mit verknittertem Bettlaken und einer darüber geworfenen alten Decke. Kein Kopfkissen. In dem Raum war es kalt. Ich konnte abgestandenes Parfüm, Schweiß und Angst riechen.
    Ich durchsuchte sorgfältig den gesamten Kellerraum. Er war schmutzig. Ich fand nichts Bedeutsames, bis ich die Matratze wegzog. Unter ihr war mit krakeligen Großbuchstaben ein einzelnes Wort in den Betonboden eingeritzt: JUSTICE. Die Kratzer waren breiter und tiefer als Spuren, die eine Nadel, ein Nagel oder eine Scherenspitze hinterlassen hätte. Ich vermutete, dass sie von einer Gabelzinke stammten. Ich schob die Matratze an ihren Platz zurück und sah mir die Tür an. Das massive Türblatt aus schwerer Eiche wies innen kein Schlüsselloch auf. Also war

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