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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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der Hand. Sie fiel zu Boden. Ich sah wieder aus dem rückwärtigen Bürofenster. Beck und Duke standen immer noch mit dem Rücken zu mir. Ich umklammerte Dolls Hals mit beiden Händen und drückte zu. Er schlug wild strampelnd um sich. Wehrte sich. Ich wechselte den Griff. Der Stuhl unter ihm fiel um. Ich drückte fester. Sah weiter durchs Fenster. Becks und Dukes Atem bildete weiße Wölkchen. Doll begann an meinen Handgelenken zu zerren. Ich drückte noch fester zu. Seine Zunge hing aus dem Mund. Dann ließ er von meinen Handgelenken ab, griff nach hinten und versuchte, mir die Augen auszukratzen. Ich neigte den Kopf zurück, hakte eine Hand unter sein Kinn und legte die andere flach an seinen Kopf. Drehte seinen Unterkiefer ruckartig nach rechts, drückte seinen Kopf dabei scharf nach links unten und brach ihm das Genick.
     
    Ich stellte den Stuhl wieder auf und schob ihn ordentlich an seinen Platz hinter dem Schreibtisch. Hob die Pistole auf und entfernte das Magazin. Es war voll. Acht flaschenförmige russische Patronen für 5,45-mm-Pistolen. Sie entsprachen ungefähr unserem Kaliber 22 und waren ziemlich langsam, sollten aber viel Durchschlagskraft besitzen. Angeblich waren die sowjetischen Sicherheitskräfte mit dieser Waffe äußerst zufrieden gewesen. Ich kontrollierte die Kammer. Sie war leer. Der Sicherungsflügel stand auf gesichert. Ich schob das Magazin wieder hinein, lud die Pistole durch und steckte sie gesichert in meine linke Manteltasche.
    Dann durchsuchte ich seine Taschen. Er hatte das übliche Zeug bei sich: eine Geldbörse, ein Mobiltelefon, einen Geldclip ohne allzu viele Scheine und einen großen Schlüsselbund. Ich ließ ihm alles. Öffnete die ins Freie führende Tür und sah nach draußen. Beck und Duke waren hinter einer Ecke des Lagerhauses nicht zu sehen. Auch sonst war hier niemand unterwegs. Ich ging zu Dolls Lincoln und machte die Fahrertür auf. Fand die Taste, die den Kofferraum entriegelte. Ich ging wieder hinein und schleifte Doll am Kragen gepackt hinaus. Öffnete den Kofferraum und wuchtete ihn hinein. Drückte den Deckel wieder zu und schloss lautlos die Fahrertür. Sah auf meine Armbanduhr. Die fünf Minuten waren vorüber. Ich würde die Müllentsorgung später vornehmen müssen. Ich ging durch den Glaskasten, durchs hintere Büro, durchs Sekretariat, durch die Eingangstür und ins Freie hinaus. Beck schien zu frieren und sich über die Verzögerung zu ärgern. Duke zitterte ein wenig vor Kälte und versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. Er sah aus wie ein Mensch, der seit sechsunddreißig Stunden nicht mehr geschlafen hat. Davon versprach ich mir einen dreifachen Vorteil.
    »Ich fahre«, schlug ich vor. »Wenn du willst.«
    Er zögerte. Sagte aber nichts.
    »Dass ich fahren kann, weißt du«, erklärte ich. »Ihr habt mich den ganzen Tag herumirren lassen. Ich hab meinen Auftrag ausgeführt, wie Doll euch bestätigt hat.«
    Er schwieg.
    »War das ein weiterer Test?«, fragte ich ihn.
    »Du hast die Wanze gefunden«, sagte er.
    »Habt ihr gedacht, ich würde sie nicht finden?«
    »Hättest du sie nicht gefunden, hättest du dich womöglich anders verhalten.«
    »Wozu denn? Ich wollte nur schnell und sicher zurückkommen. Ich war zehn Stunden lang in Gefahr, geschnappt zu werden. Nicht unbedingt ein Spaß für mich. Ich habe mehr zu verlieren als ihr – unabhängig davon, was ihr in Wirklichkeit treibt.«
    Dazu äußerte er sich nicht.
    »Wie du willst«, sagte ich, als wäre mir das egal.
    Er zögerte noch einen Moment, dann gab er mir seine Schlüssel. Das war der erste Vorteil. In der Übergabe eines Schlüsselbunds liegt etwas Symbolisches. Sie bedeutet Vertrauen. Damit machte ich einen Schritt hinein in den engeren Kreis. Kam von meinem Außenseiterstatus weg. Und der Schlüsselbund war groß. Er enthielt nicht nur die Autoschlüssel, sondern auch die von Haus und Büro. Es waren ungefähr ein Dutzend Schlüssel. Ein Haufen Metall. Beck beobachtete die Übergabe, ohne sie jedoch zu kommentieren, wandte sich nur ab und stieg hinten ein. Duke nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Ich rutschte hinters Steuer und ließ den Motor an. Arrangierte den Mantel so, dass die Pistolen in meinem Schoß lagen. Ich war darauf gefasst, sie einzusetzen, wenn ein Handy klingelte. Die Chancen standen fifty-fifty, dass der nächste Anrufer diesen Kerlen melden würde, Doll sei ermordet aufgefunden worden. Deshalb würde der nächste Anruf zugleich ihr letzter sein.
    Aber während der

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