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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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vor. Von oben war nichts mehr zu hören. Doch dann setzten die Schritte wieder ein.
    Sie waren zur Treppe unterwegs. Ich schloss mich in dem Zimmer ein. Kniete mich hinter der Tür nieder und ließ die Zuhaltungen einschnappen, eins, zwei, drei. Horchte auf das leise Knarren der Treppe. Dort stieg nicht Richard herunter. Das war kein Zwanzigjähriger. Aus den Schritten sprach Vorsicht. Eine gewisse Steifheit. Je weiter sie herunterkamen, desto langsamer und leiser wurden sie. In der Eingangshalle hörten sie ganz auf. Ich stellte mir jemanden vor, der auf den dicken Teppichen stand, sich umsah, angestrengt lauschte. Vielleicht in meine Richtung unterwegs war. Ich griff wieder nach Maglite und Stemmeisen. Die Glock steckte in meinem Hosenbund. Ich traute mir zu, mir den Weg aus dem Haus zu erkämpfen. Aber über Hunderte von Metern deckungsloses Gelände und im Lichtschein der hellen Mauerbeleuchtung an Paulie heranzukommen, würde verdammt schwierig werden. Und ein Feuergefecht zu diesem Zeitpunkt hätte das Ende meines Auftrags bedeutet. Quinn wäre erneut verschwunden.
    Aus der Eingangshalle war kein Geräusch zu vernehmen. Nicht der geringste Laut. Dann hörte ich, wie die Haustür geöffnet wurde. Ich hörte das leise Klirren der Sperrkette, das Klicken des Schlosses, das Zurückschnappen des Riegels und das saugende Geräusch, mit dem das Dichtungsprofil die Türkante freigab. Im nächsten Augenblick wurde die Haustür wieder geschlossen. Ich glaubte zu spüren, wie ein leichter Schauder das Haus durchlief, als die schwere Eichentür ins Schloss fiel. Kein Piepsen des Metalldetektors. Wer dort hinausgegangen war, trug keine Waffe. Hatte nicht mal einen Schlüsselbund in der Tasche.
    Ich wartete. Duke schlief bestimmt fest. Und er war kein vertrauensseliger Mensch. Ich vermutete, dass er nachts nicht ohne Waffe herumlaufen würde. Auch Beck nicht. Aber ich traute beiden zu, so clever zu sein, dass sie lediglich die Haustür öffneten und wieder schlossen, damit ich glaubte, sie hätten das Haus verlassen. Was sie in Wirklichkeit nicht getan hatten. Weil sie mit schussbereiter Waffe dastanden und darauf warteten, dass ich mich zeigen würde.
    Ich ließ mich seitwärts in den roten Ledersessel sinken, zog die Glock aus dem Hosenbund und zielte mit der Pistole in der Linken auf die Tür. Sobald sie sich weiter als neun Millimeter öffnete, würde ich schießen. Bis dahin wollte ich warten. Ich verstand mich aufs Warten. Wenn sie glaubten, mich dadurch ermüden zu können, hatten sie sich den Falschen ausgesucht.
     
    Aber selbst eine Stunde später herrschte in der Eingangshalle noch immer völlige Stille. Kein Geräusch irgendwelcher Art. Keine Vibrationen. Dort draußen war niemand. Bestimmt nicht Duke. Er wäre im Stehen eingeschlafen und zu Boden geplumpst. Auch nicht Beck. Er war ein Amateur. Eine Stunde lang absolut still und unbeweglich zu bleiben, erfordert ungeheure Ausdauer. Also war die Sache mit der Tür kein Trick gewesen. Irgendjemand war unbewaffnet in die Nacht hinausgegangen.
    Ich kniete nieder und benutzte die Ahle erneut als Dietrich. Streckte mich der Länge nach auf dem Fußboden aus, griff nach oben und zog so die Tür auf. Nur eine Vorsichtsmaßnahme. Falls draußen jemand darauf wartete, dass die Tür aufging, würde er sie in Kopfhöhe fixieren. Ich würde ihn sehen, bevor er mich sah. Aber draußen wartete niemand. Der Korridor und die Eingangshalle waren leer. Ich stand auf und schloss die Tür hinter mir ab. Stieg lautlos die Kellertreppe hinunter und stellte die Stablampe an ihren Platz zurück. Tastete mich wieder nach oben. Schlich in die Küche, legte meine gesamte Hardware auf den Boden und schob sie durch die Tür auf die Veranda hinaus. Sperrte auch die Küchentür hinter mir ab, sammelte meinen Kram wieder ein und ließ dabei den Blick über das Gelände hinter dem Haus wandern. Dort war nichts zu sehen außer mondbeschienenem Fels und Meer.
    Ich verschloss die Verandatür, blieb dicht an der Hausmauer und erreichte wieder die Mauer des Innenhofs. Fand die kleine Höhle an ihrem Fuß, wickelte Ahle und Stemmeisen zusammen mit Dolls Pistole in den Lappen und ließ sie dort zurück. Mitnehmen war nicht möglich. Sie hätten den Müllsack aufschlitzen können. Dann folgte ich der Mauer in Richtung Ozean. Ich wollte im Süden, völlig außer Sichtweite des Hauses, zu den Felsen hinter dem Garagenblock klettern.
    Ich legte die halbe Strecke bis dorthin zurück. Dann erstarrte

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