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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Maine zurückgelangte, daran konnte ich mich später nicht mehr erinnern. Ich war vor Erschöpfung gefühllos. Mein ganzer Körper schmerzte. Paulie brauchte ziemlich lange, um uns das Tor zu öffnen. Anscheinend hatten wir ihn aus dem Bett geholt. Er gab sich große Mühe, mich finster anzustarren. Ich setzte Beck vor der Haustür ab und brachte den Wagen in die Garage. Verstaute die Glock für alle Fälle wieder in ihrem Versteck und betrat das Haus durch die Hintertür. Der Metalldetektor piepste wegen der Autoschlüssel. Ich ließ sie auf den Küchentisch fallen. Ich war hungrig, aber zu müde, um etwas zu essen. Ich schleppte mich die beiden Treppen hinauf, fiel auf mein Bett und schlief vollständig angezogen ein.
     
    Sechs Stunden später wurde ich vom Wecker geweckt. Regen peitschte gegen mein Fenster. Ich wälzte mich aus dem Bett und warf einen Blick nach draußen. Der Himmel war bleigrau und wolkenverhangen, das Meer tobte. Die Brandung schwappte über die Felsen am Ufer hinweg, und es waren keine Vögel zu sehen. Es war neun Uhr morgens. Der vierzehnte Tag, ein Freitag. Ich legte mich noch aufs Bett, starrte die Zimmerdecke an und dachte an den Morgen des elften Tages, an dem Duffy mir ihren Siebenpunkteplan erläutert hatte. Erstens, zweitens und drittens: gut auf mich aufpassen. Darin war ich bisher ganz erfolgreich. Zumindest lebte ich noch. Viertens: Teresa Daniel finden. In diesem Punkt gab es keine Fortschritte. Fünftens: irgendwelche Beweise gegen Beck finden. Ich hatte keine. Nicht den geringsten. In meiner Gegenwart hatte er noch nichts Strafbares verbrochen – außer vielleicht, dass er einen Wagen mit gefälschten Kennzeichen gefahren und darin eine Sporttasche mit Maschinenpistolen befördert hatte, die vermutlich in allen vier Bundesstaaten, durch die er gekommen war, illegal waren. Sechstens: Quinn finden. Auch damit war ich nicht weitergekommen. Siebtens: schleunigst von hier verschwinden. Dieser Punkt würde noch warten müssen. Dann hatte Duffy mich auf die Wange geküsst.
    Ich stand wieder auf und sperrte mich im Bad ein, um zu sehen, ob ich eine E-Mail hatte. Meine Zimmertür war offen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Richard Beck oder seine Mutter ohne anzuklopfen bei mir hereinplatzen würden. Aber bei seinem Vater konnte ich mir das vorstellen. Er hatte mich in der Hand. Ich war befördert worden, aber mein Dasein glich weiterhin einem Drahtseilakt. Ich setzte mich auf den Boden und zog den rechten Schuh aus. Öffnete das Absatzfach und schaltete das Gerät ein. Sie haben Post! Die Nachricht kam von Duffy: Becks Container entladen, ins Lagerhaus gefahren. Vom Zoll nicht kontrolliert. Insgesamt fünf, die seit langem größte Partie.
    Ich drückte die Antworttaste und tippte: Wird Überwachung fortgesetzt?
    Neunzig Sekunden später kam die Antwort: Ja.
    Ich sendete: Bin befördert worden.
    Sie sendete: Das müssen Sie ausnutzen.
    Ich sendete: War schön gestern.
    Sie sendete: Strom sparen!
    Ich grinste, schaltete das Gerät aus und schob es wieder in den Schuhabsatz. Ich musste duschen, aber zuerst brauchte ich ein Frühstück und danach saubere Klamotten. Ich schloss das Bad auf und ging in die Küche hinunter. Die Köchin war wieder da. Sie stellte dem irischen Dienstmädchen Tee und Toast hin und diktierte ihr eine lange Einkaufsliste. Die Schlüssel des Saabs lagen auf dem Tisch. Ich stopfte alles in mich hinein, was ich finden konnte, und machte mich dann auf die Suche nach Beck. Er war nirgends zu finden. Auch Elizabeth und Richard nicht. Ich ging wieder in die Küche.
    »Wo ist die Familie?«, erkundigte ich mich.
    Das Dienstmädchen sah auf, gab jedoch keine Antwort. Sie machte sich fertig, um zum Einkaufen zu fahren.
    »Wo ist Mr. Duke?«, wollte die Köchin wissen.
    »Indisponiert«, sagte ich. »Ich springe für ihn ein. Wo sind die Becks?«
    »Weggefahren.«
    »Wohin.«
    »Weiß ich nicht.«
    Ich blickte aus dem Fenster. »Wer ist gefahren?«
    Die Köchin sah zu Boden.
    »Paulie«, antwortete sie.
    »Wann?«
    »Vor ungefähr einer Stunde.«
    »Okay«, sagte ich. Ich trug noch immer meinen Mantel. Ich hatte ihn angezogen, als ich Duffys Motel verließ, und seither nicht wieder ausgezogen. Ich verließ das Haus durch die Hintertür und trat in den Sturm hinaus. Der Regen, den der Wind mir ins Gesicht peitschte, schmeckte leicht salzig. Er war mit Gischt vermengt. Ich schlug den Mantelkragen hoch und rannte zum Garagenblock, auf den von Mauern umgebenen Innenhof.

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