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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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dann zwang ich mich dazu, das Lenkrad und alle Schalter, die ich angefasst hatte, mit den Mantelschößen abzuwischen. Dabei wäre mir beinahe die Glock aus der Tasche gefallen. Aber Beck bemerkte es nicht. Er war so geistesabwesend, dass ich sie wie Sundance Kid am Abzugbügel um meinen Zeigefinger hätte kreiseln lassen können, ohne dass er’s wahrgenommen hätte. Ich rieb den Türgriff sauber, zog den Zündschlüssel ab und warf ihn ins Gebüsch am Rand des Parkplatzes.
    »Los, los!«, drängte Beck.
     
    Er schwieg, bis wir dreißig Meilen südöstlich von Hartford waren. Dann fing er zu reden an. Er hatte die ganze Zeit damit verbracht, sich die Sache in Gedanken zurechtzulegen.
    »Der gestrige Anruf«, begann er. »Mit dem haben sie alles geplant. Doll hat schon immer mit ihnen zusammengearbeitet.«
    »Seit wann?«
    »Von Anfang an.«
    »Ausgeschlossen«, sagte ich. »Duke ist nach Süden gefahren und hat Ihnen das Kennzeichen des Toyota besorgt. Sie haben es Doll gegeben und ihn aufgefordert, die Besitzer zu ermitteln. Aber weshalb hat Doll Ihnen in diesem Punkt die Wahrheit gesagt? Wären sie seine Kumpel gewesen, hätte er die Nachforschungen bestimmt abgewürgt. Hätte Sie im Dunkeln gelassen.«
    Beck lächelte blasiert.
    »Nein«, widersprach er. »Sie haben den Hinterhalt geplant. Das war der springende Punkt. In dieser Beziehung haben sie gut improvisiert. Die Entführung war fehlgeschlagen, also änderten sie ihre Taktik. Sie ließen uns durch Doll einen korrekten Hinweis geben. Damit passieren konnte, was heute Abend passiert ist.«
    Ich nickte nachdenklich, als schlösse ich mich seiner Auffassung an. Eine mögliche Beförderung sichert man sich am besten dadurch, dass man den Boss glauben lässt, man sei ein wenig dümmer als er. Beim Militär hatte ich damit dreimal Erfolg gehabt.
    »Hat Doll wirklich gewusst, was für heute Abend geplant war?«
    »Ja«, antwortete er. »Wir haben es gestern besprochen. In allen Einzelheiten. Als Sie uns im Büro reden hörten.«
    »Also hat er Sie gelinkt.«
    »Ja«, sagte er wieder. »Er hat gestern Abend zugesperrt, dann Portland verlassen und ist dorthin runtergefahren, um mit ihnen zu warten. Hat ihnen erzählt, wer, wann und warum kommt.«
    Ich schwieg, dachte an Dolls Lincoln. Der Wagen stand ungefähr eine Meile von Becks Lagerhaus entfernt. Ich wünschte mir, ich hätte ihn besser versteckt.
    »Aber dabei stellt sich eine Frage«, fuhr er fort. »War’s nur Doll?«
    »Oder?«
    Er antwortete nicht gleich. Dann zuckte er mit den Schultern.
    »Oder einer der anderen, die mit ihm zusammenarbeiten«, sagte er ausweichend.
    Einer von denen, die du nicht unter Kontrolle hast, dachte ich. Quinns Leute.
    »Oder andere miteinander«, sagte er.
    Er sagte kein Wort mehr, bis wir wieder auf der I-95 waren und nach Norden um Boston herumfuhren.
    »Duke ist tot«, sagte er.
    »Tut mir Leid«, sagte ich.
    Jetzt kommt’s!, dachte ich.
    »Ich habe ihn lange gekannt.«
    Ich sagte nichts.
    »Sie werden seinen Job übernehmen müssen«, sagte er. »Ich brauche sofort jemanden. Einen vertrauenswürdigen Mann. Und Sie haben sich bisher bewährt.«
    »Beförderung?«, fragte ich.
    »Sie sind qualifiziert.«
    »Chef des Sicherheitsdienstes?«
    »Zumindest vorläufig. Wenn Sie wollen, auch auf Dauer.«
    »Ich weiß nicht so recht.«
    »Vergessen Sie nicht, was ich weiß«, sagte er. »Ich habe Sie in der Hand.«
    Ich schwieg eine Weile.
    »Ich brauche viel mehr Informationen«, sagte ich. »Ohne die kann ich Ihnen nicht helfen.«
    Er nickte.
    »Morgen«, sagte er. »Wir reden morgen darüber.«
    Dann verstummte er wieder. Als ich das nächste Mal zu ihm hinübersah, schlief er fest. Eine Art Schockreaktion. Er glaubt wohl, seine Welt falle in Scherben. Ich kämpfte damit, wach zu bleiben und den Wagen auf der Straße zu halten. Dabei dachte ich an Geschichten, die ich über die englische Armee in Indien zur Glanzzeit des britischen Weltreichs gelesen hatte. Die jungen Offiziere in untergeordneten Stellungen hatten ihr eigenes Kasino. Dort speisten sie in prächtigen Ausgehuniformen und sprachen über ihre Beförderungschancen. Aufsteigen konnte nur, wer in die Fußstapfen eines Toten trat. Deshalb hoben sie ihre Kristallgläser mit edlem französischem Wein und tranken auf blutige Kriege und schreckliche Plagen, weil der Tod eines Vorgesetzten ihre einzige Möglichkeit war, befördert zu werden. Brutal, aber so war’s beim Militär schon immer.
     
    Wie ich an die Küste von

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